
„Zur Kirche soll das Spitäle damit nicht werden“, sagt Matthias Engert. „Aber es soll ein sakraler Raum werden.“ Der Zeller Gold- und Silberschmiedekünstler Engert, der Kleinrinderfelder Bildhauer Kurt Grimm und die Würzburger Objekt- und Textilkünstlerin Christine Schätzlein bilden zusammen die Künstlergruppe „creo“. Das kreative Trio will Neues (worauf der Gruppen-Name anspielt) und hat den Ausstellungsraum der Vereinigung Kunstschaffender Unterfrankens (VKU), das Spitäle an der Würzburger Alten Mainbrücke, aufwändig umgestaltet.
Mit monumentalen Installationen und Objekten erinnern die Künstler optisch daran, dass die VKU-Galerie von 1497 bis zu seiner Zerstörung beim Bombenangriff auf Würzburg am 16. März 1945 eine Kirche war. Aber das Interesse der Künstler ist nicht, die untergegangene Spitalkirche „Zu den Vierzehn Nothelfern“ auferstehen zu lassen, sondern die noch vorhandene Sakralarchitektur mit modernen künstlerischen Mitteln in die heutige Zeit hineinsprechen zu lassen.
Ans Herz gewachsen
Die Mitglieder von „creo“ waren alle zu einer Zeit im VKU-Vorstand tätig, als das Spitäle vor einem guten Jahrzehnt renoviert und seine jetzige Form fand. Daher ist ihnen der Raum ans Herz gewachsen. Zudem haben sie auch in ihrer sonstigen künstlerischen Tätigkeit immer wieder mit kirchlichen Themen zu tun. So entstand die Idee zu dem Projekt „Raumspiel KUNSTkirche“, das jetzt Realität geworden ist.
In einer Welt des Überflusses wollen die Künstler ganz gezielt die für den kirchlichen Raum charakteristischen Gegenstände eben nicht aus noch luxuriöserem Material herstellen, als es für Gebrauchsgegenstände verwendet wird. Stattdessen kommt gerade das zum Einsatz, was normalerweise weggeworfen wird. „Die Kern-Idee ist, dass die Wertigkeit nicht aus dem Material, sondern aus dem Inhalt kommt“, betont Engert.
Der Aufbau der Installationen ist einfach und lautet „Geburt – Leben – Tod“. Diese drei Stationen kann jeder Besucher erfahren, indem er den Raum durchschreitet – und zwar buchstäblich. Denn los geht’s mit einem mit feuchtem Filz und Taufkleidern ausgelegtem Taufbecken-Objekt, an dem kein Besucher vorbei kann und so soll man ganz automatisch ein paar nasse Fußspuren hinterlassen. Der Raum ist geprägt von einer Art Kirchenbänken aus Gabionen. Das sind Drahtgestelle, wie sie im Garten- und Landschaftsbau benutzt werden und die in der Ausstellung mit Scherben gefüllt sind. Darauf sitzen vereinzelt Figuren, die an Sitzschalen erinnern und aus Altkleidern, Acrylharz und Knochenleim gebildet sind.
In einer der zugemauerten Fensternischen wirft ein Beamer Live-Bilder von der Alten Mainbrücke an die Wand. Gegenüber ist die Fenster-Installation „Lichtblick“: eine gigantische Fahne aus geschmolzenen Plastiktüten, die mit ihrer Farbgebung an die Elemente der Schöpfung und an deren Bewahrung anspielen sollen. Ferner gibt es einen Ambo aus Zeitungsstapeln und einen aufwändig gestalteten Altar. Dieser besteht aus 350 eineinhalb-Liter-PET-Flaschen, und in den Flaschen sind Erden aus allen Teilen Unterfrankens. Die Künstler haben für das Befüllen eng mit den katholischen und evangelischen Pfarreien zusammengearbeitet. An jeder Flasche steht der Ort, aus dem die darin enthaltene Erde stammt.
Aus den roten Spessart-Böden ist das Kreuz der Altar-Vorderseite gestaltet. Das riesige Kreuz in der Apsis wurde aus rund 70 originalen Holzkreuzen gearbeitet, wie sie auf frischen Gräbern verwendet werden. Die Nachnamen sind unkenntlich gemacht. Weitere, teils interaktive Arbeiten übersetzen die biblische Passionsgeschichte in die heutige Zeit.
„Das Ganze soll aber kein Glaubensbekenntnis sein“, sagt Engert. Jenseits konfessioneller Fragen geht es den Künstlern darum, die christlichen Themen zeitgemäß und neu zu formulieren.
Ein vielgestaltiges Programm von Veranstaltungen begleitet die Ausstellung, die im Internet mitverfolgt werden kann und zu der zu Ostern ein Katalog erscheint.
Vernissage heute, 2. März, 15 Uhr. Öffnungszeiten: Dienstag–Sonntag 11-18, Fr 11–20, Ostermontag 11–18 Uhr.. Bis 1. April. April 17 Uhr. Facebook: www.facebook.com/pages/Raumspiel-KUNSTkirche/ 125666754272701