Es sind die unerwarteten Dinge, die eine Großveranstaltung kurzfristig ins Wanken bringen können. Für die Macher des Würzburger Africa Festivals war es in diesem Jahr der Kanal, in dem die Abwässer des Festivals landen. Wenige Wochen vor Festivalbeginn wurden Schäden festgestellt. So wie er war, hätte der Kanal nicht mehr genutzt werden können. Was folgte, waren viel Hektik im Hintergrund, glückliche Umstände und eine fleißige Kanalfirma. "Sie werden fertig, das Festival kann stattfinden", sagt Festival-Chef Stefan Oschmann.
Die Sache mit dem Kanal ist damit vom Tisch. Was bleibt, und das jedes Jahr aufs Neue, ist das Spiel mit den Zahlen. Denn das Africa Festival ist ein Millionen-Ding. Wie das Festival finanziell gemanagt wird, welche Risiken es gibt und welche Gelder fließen, darüber sprach diese Redaktion mit Stefan Oschmann und mit Bernd Güthlein, der sich beim Festival um die finanzielle Seite kümmert.
Frage: Nach unseren Informationen belaufen sich die Festivalkosten auf rund eine Million Euro. Was sind die größten Posten?
Bernd Güthlein: Ein großer Posten sind die Kosten für die 20 Musikgruppen, etwa 200 000 Euro. Zwischen 200 000 und 250 000 Euro bewegen sich auch die Kosten für die Infrastruktur auf dem Platz. Sie müssen ja bedenken, dass auf dem Platz, der 60 000 Quadratmeter groß ist, nichts vorhanden ist. Das muss alles erst hergestellt werden. Der Aufbau dauert in diesem Jahr zwölf Tage, 21 unterschiedliche Firmen mit 110 Mitarbeitern sind vor Ort. Die braucht es auch: Immerhin müssen unter anderem ein 2,4 Kilometer langer Zaun aufgestellt und ein Kilometer Lichterketten verlegt werden. Dazu kommen 105 Zelte. Während des Festivals muss auch viel entsorgt werden. Dafür allein werden 10 000 Euro fällig.
Stefan Oschmann: Ein großer Posten sind auch eigenes Personal und die Kosten für die Sicherheit. Letztere sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen, bei uns fallen da im Moment rund 60 000 Euro an.
Wie viele Mitarbeiter hat das Festival während des Betriebs?
Oschmann: Das sind rund 200, die meisten davon im Gastronomiebereich.
Wie werden die Mitarbeiter bezahlt?
Oschmann: Ganz normal nach Stunden und mit Zeiterfassung. Wir zahlen über dem Mindestlohn, nämlich 9,50 Euro.
Die Afro Production GmbH, die für den wirtschaftlichen Teil des Festivals zuständig ist, gibt es nicht nur an den vier Veranstaltungstagen, sondern das ganze Jahr über. Wie viele hauptamtliche Mitarbeiter beschäftigt die GmbH?
Oschmann: Im Büro arbeiten vier Leute, drei halbtags, einer ganztags.
Vier Tage Festival brauchen eine lange Vorbereitungszeit. Ab welchem Zeitpunkt im Jahr müssen Sie finanziell in Vorleistung gehen?
Oschmann: Wir fangen gleich nach der Sommerpause wieder an, also Mitte September. Da werden auch die ersten Ausgaben fällig: Es müssen Plakate und Flyer gedruckt und in verschiedenen Medien Anzeigen geschaltet werden. Bis das Festival losgeht, geben wir circa 500 000 Euro aus.
Diese Ausgaben zahlen Sie dann aus den Einnahmen des Vorjahres?
Güthlein: Die zahlen wir aus Vorab-Einnahmen und aus unserem Eigenkapital. Wir haben als Verein Rücklagen. Die Einnahmen, die schon vorab laufen, stammen zum Beispiel aus Standgebühren und dem Kartenvorverkauf.
Oschmann: Dazu muss man aber sagen, dass unser Kapital bis zum Festivalbeginn weg ist. Das heißt, wenn wir aufschließen, sind die Reserven aufgebraucht. Unser Wechselgeld zum Beispiel müssen wir uns dann kurzfristig leihen. Das ist mit der Sicht von außen wahrscheinlich schwer zu verstehen, aber so ist es.
Wenn man diesen Umstand betrachtet und auch die Tatsache, dass inflationsbedingt die Kosten steigen: Denken Sie über eine Erhöhung der Ticketpreise nach? Die Tageskarte fürs Festivalgelände kostet zurzeit acht Euro.
Güthlein: Nach dem Hochwasser 2013 haben wir die Preise 2014 leicht anheben müssen. In diesem Jahr bleiben die Tagestickets unverändert. Im Konzertbereich liegen die Erhöhungen im Cent-Bereich. Etwas erhöht haben wir dieses Jahr bei den Getränken. Da lagen wir hinten dran. Das Bier kostete bisher drei Euro, jetzt sind es 3,50 Euro. Ich halte das für fair. Das gilt auch für die Tagestickets: Für die acht Euro kommen Sie nicht nur aufs Gelände, sondern Sie bekommen Live-Konzerte und den ganzen Tag Bespaßung.
Spielt bei der Kalkulation auch der Vergleich mit anderen Festivals eine Rolle, oder machen Sie da komplett Ihr eigenes Ding?
Oschmann: Die Idee vom Festival ist, die Musik und Kultur Afrikas einem größeren Publikum zu präsentieren. Die Eintrittspreise sind deshalb so gestaltet, dass viele Leute aufs Festival können.
Welche Bedeutung haben die verschiedenen Einnahmen, die das Festival erzielt?
Oschmann: Eine große Rolle spielt neben den Eintrittsgeldern der Getränkeverkauf – und da sind wir natürlich abhängig vom Wetter. Wind und Regen sind eindeutig das größte Risiko, auch weil die Regenintensität zunimmt.
Güthlein: Das ist genau der Punkt: Den Faktor Wetter haben Sie natürlich nicht in der Hand, deshalb kann diese wichtige Einnahmequelle stark schwanken. Die Besucherzahlen dagegen sind recht stabil, letztes Jahr kamen 85 000. Vom Verhältnis her ist es so, dass die Getränke 40 Prozent und die Eintrittsgelder 43 Prozent der Gesamteinnahmen ausmachen.
Was muss man als Standbetreiber auf dem Festival zahlen?
Oschmann: Für den Gastrobereich wie auch bei den Basarständen haben wir regelmäßig mehr Anfragen als wir nehmen können. Die Preise berechnen sich nach der Standgröße, derzeit kostet der laufende Meter zwischen 95 und 120 Euro - je nach Lage. Am Umsatz der Händler sind wir nicht beteiligt. Aber wir achten sehr darauf, was verkauft wird. Die so genannte Flughafenware, also Billigkram, lassen wir nicht zu.
Während des Festivals bewirtschaften Sie den Talavera-Parkplatz. Müssen Sie von den Einnahmen – die Tagesgebühr beträgt fünf Euro – etwas an die Stadt abgeben?
Güthlein: Das müssen wir nicht. Der Umsatz dort, rund 25 000 Euro, ist für uns sehr wichtig. Davon gehen natürlich noch unsere Personalkosten für die Bewirtschaftung ab.
Oschmann: Und weil ja vor einiger Zeit darüber gesprochen wurde, dass dort vielleicht ein Park & Ride-Platz entstehen könnte: Wir fänden es schon sehr gut, wenn wir den Platz auch künftig während des Festivals hätten.
Inwieweit bestimmen kommerzielle Überlegungen das Programm?
Oschmann: Das ist natürlich eine Mischkalkulation, manche Künstler sind teurer, manche kosten relativ wenig. Aber es geht natürlich immer auch um die Frage: Wie passt das ins Programm? Das zusammenzubringen, ist die große Kunst.
Welche Rolle spielen Zuschüsse für die Finanzierung des Festivals?
Güthlein: Wir wissen ja nie, wie wir unterm Strich rauskommen. Deshalb kalkulieren wir immer mit einem bestimmten Betrag an Zuschüssen und Sponsorengeldern. Der bewegt sich zwischen 150 000 und 200 000 Euro.
Aber es gibt schon auch Festivals, aus denen Sie mit schwarzen Zahlen herausgegangen sind, oder?
Güthlein: Ja, und das muss auch so sein. Aber 2016 und 2017 hatten wir ein Minus. Für 2018 liegt der Abschluss noch nicht vor, wir brauchen noch die Bilanz von der GmbH.
Oschmann: Für 2018 gehen wir aber von einem guten Ergebnis aus.
Güthlein: Aber nur aus dem Bauch heraus.
Gibt es Rücklagen, auf die Sie im Fall der Fälle zugreifen können?
Güthlein: Wir haben seit 2014 unsere Stiftung, die über ein Stammkapital verfügt. Auf das können wir zurückgreifen, wenn sozusagen alle Dämme brechen.
Oschmann: Ausgangspunkt war ja die Hochwasserkatastrophe 2013, die uns 560 000 Euro gekostet hat, eine Dimension, bei der mir heute noch schlecht wird. Damals stand das ganze Festival auf der Kippe. Man muss ja bedenken: Wir machen das Festival vier Tage im Jahr. Ein normaler Konzertveranstalter macht 20 oder 30 Konzerte im Jahr, da verteilt sich das Risiko ganz anders als bei uns.
Die Stiftung Africa Festival Würzburg verfügt zur Absicherung von Katastrophen über einen Kapitalstock von 175 000 Euro, dessen Verwendung streng geregelt ist und unter normalen Umständen nicht angetastet werden kann. Die Stiftung hat darüber hinaus aber auch die Aufgabe, bestimmte Projekte zu unterstützen. Können Sie Beispiele nennen?
Oschmann: Wir unterstützen zwei Schulen. Die eine ist eine Musikschule in Gambia, in der die traditionelle Musik in Westafrika gelehrt wird. Bei dem anderen Projekt unterstützen wir die Zahlung des Personals eines Kindergartens und einer Schule in Guinea, wo man sich mit dem Thema Genitalverstümmelung beschäftigt. Beides sind Projekte, die von afrikanischen Frauen gemacht werden.
Für diese Projekte darf der Grundstock der Stiftung nicht verwendet werden. Woher fließen Gelder für die laufende Arbeit der Stiftung?
Oschmann: Wir haben Spender, erst vor kurzem haben wir wieder eine Spende für die Musikschule erhalten. Und dann gibt es Einnahmen aus Aktionen auf dem Festival.
Das 31. Africa Festival steht unmittelbar bevor: Was ist ihr größter Wunsch mit Blick auf die Finanzen?
Oschmann: Ganz klar: dass wir schönes Wetter haben!
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