Wenige gelehrte Geistliche des späten Mittelalters haben in ihrer Zeit so viel Aufsehen erregt wie Johannes Trithemius, Abt des Benediktinerklosters Sponheim im Hunsrück, ab 1506 des Schottenklosters in Würzburg.
Nun liegt er vor, ein reich bebilderter, von renommierten Fachleuten erarbeiteter und von Klaus Arnold, Franz Fuchs und Dorothea Klein verantworteter Sammelband zu Leben und Werk des geheimnisvollen Humanisten. In 14 Einzelbeiträgen, Ergebnisse aus drei wissenschaftlichen Tagungen, werden Laufbahn, politisches und klerikales Umfeld, seine Bilder, seine Korrespondenzpartner, seine Geschichtsschreibung und seine Fälschungen, nicht zuletzt sein Nachwirken gewürdigt.
Kontakt zu Kaiser Maximilian
Johannes Trithemius, 1462 an der Mosel als Sohn eines Winzers geboren, studierte ohne Abschluss in Trier und Heidelberg. Bereits 18 Monate nach dem Eintritt in das Kloster Sponheim wurde er 1482 zu dessen Abt gewählt. Die von ihm aufgebaute Bibliothek von über 2000 Bänden wurde rasch zu einem Zentrum des deutschen Humanismus. Als Redner, Schriftsteller und Verfasser von Geheimtraktaten berühmt, kam er in Kontakt zu Kaiser Maximilian I. und dem Brandenburger Kurfürsten Joachim I., die ihn finanziell förderten.
Der materielle Aufwand für seine Bücherleidenschaft, seine häufige Abwesenheit vom Kloster und der Vorwurf, er habe okkulte Neigungen, zwangen ihn, die Abtei Sponheim zu verlassen. Angeboten wurde ihm eine Stellung am Brandenburger Hof und in Augsburg, einem reichsstädtisches Zentrum des Humanismus mit der Nähe zum Kaiser, doch Trithemius bevorzugte die Einfachheit eines Klosters; wichtig war ihm das Studium der Schriften.
Im Oktober 1506 folgte er der Einladung des Bischofs Lorenz von Bibra nach Würzburg und wurde zum Abt des Schottenklosters St. Jakob gewählt. Hier baute er rasch eine neue Büchersammlung auf, die indes nach seinem Tode zerstreut wurde. Ein Rest hat sich in den Beständen der Würzburger Universitätsbibliothek erhalten. Am 13. Dezember 1516 verstarb er in der Stadt am Main, sein sehenswertes Grabmal aus der Riemenschneider-Werkstatt befindet sich im nördlichen Querschiff des Stifts Neumünster.
Die Kirche verbot eine Anleitung zur Geheimschrift
Trithemius große Leistungen sind ein Katalog der christlichen Schriftsteller der Antike und des Mittelalters, das älteste deutsche Verfasserlexikon, ein Katalog berühmter Deutscher, aufschlussreich sind seine Klosterchroniken bzw. Annalen von Sponheim und Hirsau, sowie seine Geschichte der Franken, bei denen sich indes einige Urkunden als Fälschungen herausgestellt haben. Von der Kirche verboten wurden seine Anleitungen zur Geheimschrift. Erhalten haben sich aus seiner reichen Korrespondenz 269 Briefe.
Die Humanisten griffen mit geschliffener Sprache Themen aus der als Ideal verehrten Antike wie Redekunst, Dichtung, Geschichte und Philosophie auf. Es galt: je größer die Bibliothek, desto umfassender die Gelehrsamkeit. Trithemius beherrschte Latein, Griechisch und Hebräisch. Er verfügte über einen fast unermesslichen Bücherschatz, sein Kapital, das er interessierten Forschern zugänglich machte. In Würzburg fand er neue Themen, darunter Geheimschriften und Okkultes. Wie er selbst vermerkte, arbeitete er bis an die Grenzen seiner Schaffenskraft, so intensiv, dass er aus Zeitmangel befreundete Würzburger Kleriker und Bürger vernachlässigte.
In seinem Nachlass befanden sich neben Büchern und Manuskripten Mobiliar, Geschirr, Schmuck, Waffen, Musikinstrumente, astronomische Geräte, darunter exquisite Stücke wie zwei Gutenberg-Bibeln und ein Waldsee-Globus. Hierfür waren immense Summen aufgebracht worden, heute sind sie in alle Welt zerstreut.
Text: Ulrich Wagner
Das Buch: Johannes Trithemius (1462-1516). Abt und Büchersammlung, Humanist und Geschichtsschreiber, hrsg. von Klaus Arnold / Franz Fuchs (Publikationen aus dem Kolleg „Mittelalter und Frühe Neuzeit“, hrsg. von Dorothea Klein, Band 4), 369 Seiten, Verlag Königshausen & Neumann., 58 Euro.