WÜRZBURG
Das langsame Verschwinden der Leighton Barracks
Noch ein paar Monate und dann wird auf den ehemaligen Leighton Barracks vieles nicht mehr so sein wie es einmal war. Das von der US-Army 2009 endgültig verlassene Gelände hoch über Würzburg, das in den nächsten Jahren zum neuen Stadtteil Hubland umgestaltet wird, verändert gerade grundlegend sein Gesicht.
Das aktuelle Erscheinungsbild ist geprägt von Baggern und Baukränen, von großen Erdbewegungen und vom Rückbau zahlreicher Gebäude. Davon konnten sich jetzt Mitglieder des Stadtrats ein Bild machen, die am Sonntag an einem Rundgang durch das Areal teilnahmen.
Aktuell herrscht auf der rund 95 Hektar großen städtischen Fläche rege Betriebsamkeit, denn die Bauarbeiten stehen unter immensem Zeitdruck. Der ist ausgelöst durch die Landesgartenschau, die 2018 auf dem ehemaligen Militärgelände stattfinden wird. Bereits im Frühjahr 2015 müssen die Flächen, die die LGS nutzen will, übergeben werden, damit mit den Geländearbeiten begonnen werden kann.
In unserer Diaserie nehmen wir Sie mit auf einen Rundgang durchs Areal:
„Wir sind gerade in der Phase des Aufräumens, damit etwas Neues entstehen kann“, erklärte Oberbürgermeister Christian Schuchardt den Stadtratsmitgliedern bei der Begrüßung.
Für die Gartenschau muss nicht nur im Erdboden die Grundenergieversorgung gesichert werden, auch Gebäude müssen Platz machen. Sie werden nicht einfach abgerissen, sondern fachmännisch Stück für Stück zurückgebaut, erklärte Dieter Watolla, der als Stadtumbaumanager im Auftrag der Stadt die zahlreichen parallel laufenden Baumaßnahmen koordiniert.
Alle Baustoffe werden fein säuberlich getrennt – von der Leuchstoffröhre bis hin zu großen Asphaltstücken. „Wir haben hier keinen Bauschutt, sondern Wertstoffe“, erläuterte Watolla den Stadträten, denn nahezu alles kann verwertet und somit zu Geld gemacht werden. Der anfallende Erdaushub wird so weit wie möglich für die Gartenschau verwendet. Vier Firmen sind über das Gelände verteilt aktuell mit dem Rückbau beschäftigt.
Bereits abgeräumt ist die US-Einkaufsmall, seinerzeit die größte ihrer Art in Europa. Nur noch ein paar Haufen mit abgetragenem Baumaterial sind davon übrig. Stehen geblieben ist lediglich ein roter Backsteinbau, der bei der LGS als Blumenhalle dienen wird. Danach wird auch er verschwinden.
Bei insgesamt 14 ehemaligen Mannschaftsgebäuden an der Grenze zur Uni-Fläche wird gerade die Außenhülle beseitigt. Nach und nach werden sie in den nächsten Wochen abgebaut. Dieses Schicksal wird noch vielen weiteren Bauten beschieden sein, erklärte Claudia Kaspar. Sie leitet im städtischen Baureferat die Fachabteilung Stadtumbau und spricht aktuell von langsamen Veränderungen, aber „im Frühjahr 2015 wird hier vieles kaum noch wiedererkennbar sein“.
Den meisten Würzburgern wird dieser stetige Wandel entgehen, denn noch ist das Baugebiet eingezäunt. Es wäre zu gefährlich, wenn zwischen den schweren Baumaschinen auch noch Schaulustige herumlaufen würden.
Es geht aber bei der Umgestaltung der Leighton Barracks nicht nur um Bauen. Gebäude, die stehen bleiben und neuen Nutzungen zugeführt werden sollen, müssen vermarktet werden, ebenso wie die Grundstücksflächen, die später bebaut werden sollen.
Dafür ist im Eigenbetrieb Congress Tourismus Wirtschaft Hans-Joachim Bartsch zuständig. Auch er konnte Neues berichten. So hat beispielsweise die Bürgerspital-Stiftung das Headquarter-Gebäude am Rottendorfer Tor erworben und will dort für den neuen Stadtteil eine Seniorenwohnanlage und ein kleines Demenzzentrum errichten.
In seinem äußeren Erscheinungsbild wird das Theatre (das kein Theater, sondern ein Kino war) erhalten bleiben. Für das riesige Gebäude läuft gerade eine Investorenausschreibung, berichtete Claudia Kaspar. In dem früheren Kino soll ein Nahversorgungszentrum für den neuen Stadtteil entstehen.
Während hier noch Investor und Betreiber gesucht werden, hat das Offizierscasino mit der Würzburger Unternehmer-Familie Freier (s.Oliver) bereits einen Käufer gefunden. Sie will auf dem Casino-Gelände ein vierstöckiges Tagungshotel errichten.
Auf vollen Touren läuft der Rückbau auch rund um das frühere Gästehaus der US-Armee beim Rottendorfer Tor. Auch hier werden die Gebäude mit den Gästewohnungen abgetragen, da ein Erhalt der auf den ersten Blick intakten Häuser weder ökonomisch noch ökologisch sinnvoll ist, so Dieter Watolla. Sie sind mit Asbest, polyzyklischen Kohlenwasserstoffen und DDT belastet, was eine Sanierung extrem kostspielig machen würde. Sie weichen dem neuen Wohnquartier 1, das den neuen Stadtteil Hubland mit der Wohnbebauung des Frauenlands verbinden wird.
Am Ende des Rundgangs hatten alle Teilnehmer einen Eindruck davon gewonnen, was Stadtbaurat Christian Baumgart eingangs mit auf den Weg gab: „Vor uns liegt noch unmenschlich viel Arbeit“.
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