Sie waren lieb. Sie waren knuddelig. Jeden Milchzahn hat man als Meilenstein gefeiert. Doch irgendwann mutieren die Kinder in rasender Geschwindigkeit von fröhlichen, neugierigen und nett anzuschauenden Mädchen und Jungen zu muffeligen, maulfaulen und hysterischen Pubertieren. Der Bestsellerautor Jan Weiler hat in seinen Bücher so treffend beschrieben, wie aus rosigen Kindergesichtern Pickelplantagen werden. Viele Eltern dürften sich in diesen Geschichten wiedergefunden haben. Im September startet „Das Pubertier“ als TV-Serie im ZDF. Gleichzeitig ist unter der Regie von Leander Haußmann aus den Vorlagen eine Komödie entstanden, die diese Woche in die Kinos kommt. Mit dabei sind Jan Josef Liefers als Vater, Heike Makatsch als Mutter und die Newcomerin Harriet Herbig-Matten als bockiges, aber liebenswertes „Pubertier“ Carla.
Jan Weiler: Pubertät ist ein Thema, das alle Familien betrifft. In die Pubertät kommen alle Kinder, daher ist das Thema für alle gleichbleibend interessant. In meinen Geschichten finden sich daher viele Leute wieder. Es geht immer um Themen, die Leute mit Kindern in der Pubertät kennen. Was die Leser daran am meisten lieben, ist, dass es lustig ist. Denn in den Familien ist diese Zeit nicht immer lustig. Einige Leute kommen nach den Lesungen zu mir und sagen: „Das ist genau wie bei uns, nur lustiger.“
Weiler: Meinem Sohn ist es egal, er hat andere Sachen im Kopf. Meine Tochter liest meine Kolumnen mit Interesse und Vergnügen, aber sie findet sich da nicht wieder. Sie weiß, dass sie nicht die Carla aus der Kolumne ist. Carla ist eine Kunstfigur. Ebenso Nick, das ist mir auch total wichtig. Ich beute ja nicht die Kindheit meiner Kinder aus. Meine Kinder identifizieren sich nicht mit den Figuren und deshalb haben sie damit auch kein Problem.
Weiler: Bei meinen Lesungen erleben die Zuschauer auf der Bühne eine Spiegelung ihrer Lebenswirklichkeit. Sie sagen hinterher ganz oft: „Das ist, als ob sie bei uns unterm Küchentisch sitzen.“ Oder: „Meine Tochter hat genau dasselbe gesagt.“ Das empfinde ich als Riesenkompliment.
Weiler: Alle Menschen pubertieren gleich. Pubertät ist ja kein gesellschaftlicher Prozess, sondern in erster Linie ein biologischer Prozess im Körper. Das Einzige, das sich ändert, sind die Lebensumstände. Es gab kein Internet früher, auch keine Spielekonsolen und nur drei Fernsehprogramme. Aber die Pubertät an sich, die gleicht sich.
Weiler: Schwierig war ich nicht, aber typisch. Ich habe viel mit mir selbst ausgemacht. Ich war relativ schüchtern. Dazu kam eine gewisse Unsicherheit, nicht zu wissen, wo man hingehört. Man fühlt sich manchmal ungesehen und ist mit seiner Körperlichkeit nicht einverstanden. Meine Pubertät war in Teilen nicht so dolle.
Weiler: Ich sehe das nicht nur bei meinen Kindern, sondern auch bei Freunden und Bekannten, dass Jungs eher die Tür hinter sich zumachen und dahinter verschwinden. Wenn man sie fragt: „Was hast du heute gemacht?“ antworten sie: „Nichts“. Fragt man weiter nach: „Wie war's?“ Sagen sie: „Schön“. Mädchen sind viel neugieriger, kommunikativer und auch engagierter. Sie wollen eher wissen, wie man zu bestimmten Sachen steht und reagiert.
Weiler: Nein, aber in der Pubertät ist ja vieles im Umbau. Der Körper verändert sich und damit verändern sich auch körperliche Prozesse. Man kann das sehen, weil zum Beispiel im Gesicht Haare wachsen und man kann es auch riechen.
Weiler: Nein, auf keinen Fall. In Wirklichkeit bin ich genauso inkonsequent und überfordert, wie die anderen Väter auch. Ich glaube auch nicht an die Superväter, die alles im Griff haben. Das ist eine Lebenslüge. Außerdem halte ich nicht viel von Ratgebern. Man ist doch kein besserer Vater, nur weil man ein Buch darüber gelesen hat.
Weiler (lacht): Nein, ich habe keinen Kurs besucht. Ich finde, man braucht das auch nicht. Man muss auf sein Herz hören und seinen Kindern zuhören. Nicht immer selbst so viel quatschen, sondern auf die Kinder eingehen und sie nicht dauernd mit den eigenen Wertvorstellungen belagern. Dann macht man schon viel richtig.
Weiler: Das kommt ab und zu vor, aber ich habe dafür ja gar keine Ausbildung. Ich rate den Leuten dann, sich an einen Familientherapeuten zu wenden. Das sind die Profis.
Weiler: Sehr gut. Ich habe an dem Drehbuch mitgearbeitet und mir dabei Jan Josef Liefers als Hauptdarsteller vorgestellt. Leander Haußmann und ich haben die Dialoge auf ihn hingeschrieben. Ich mag den Film auch deshalb gern, weil er sich nicht über die Kinder lustig macht. Jan Josef Liefers spielt die Melancholie des Loslassens so gut. In der Pubertät steckt ja auch eine Menge Trauer, weil man merkt, dass die Kinder einen nicht mehr so dringend brauchen. Und das bringt er wahnsinnig gut rüber.
Weiler: . . . wenn die abhauen, meinen Sie (lacht). Na ja, diese „Pubertier“-Geschichten sind Teil meiner Kolumne „Mein Leben als Mensch“ (immer sonntags in der „Welt am Sonntag“). In meinem Leben als Mensch gibt es natürlich noch viele andere Themen. Wenn meine Kinder mal ausgezogen sind, dann muss ich mich vielleicht auf die Partnerschaft rückbesinnen oder Yoga- und Töpferkurse besuchen.
Weiler: Warum nicht? Das Leben geht ja weiter, und die Kinder verschwinden ja auch nicht. Vielleicht wollen sie studieren, heiraten dann und bekommen auch Kinder. Es gibt noch viele andere Themen.