Mit seinem Programm „Verjubelt“ konkurriert HG.Butzko an diesem Sonntagabend beim Kleinkunstfestival in Zell gegen die deutsche Nationalmannschaft. Laut Süddeutscher Zeitung gehört Butzko – Jahrgang 1965, wohnhaft in Düsseldorf und viele Jahre lang in Würzburg aktiv – zu den besten deutschen Politkabarettisten. Immerhin: Seine Karriere auf der Bühne begann 1997 in Würzburg! Jetzt ist Butzko wieder mal am Main zu Gast und tritt unter der Laurentiusbrücke auf – ausgerechnet wenn Deutschland spielt. Wir sprachen mit ihm über Bankenzinsluder, EM und schwarz-rot-goldene Feierlaune.
HG.Butzko: Also bitte, welchen Kabarettfan interessiert es, ob ein dreifacher Zweiter gegen Dänemark spielt? Das ist doch keine ernst zunehmende Konkurrenz. Als Deutschland 1992 gegen Dänemark im Endspiel der EM stand und unvergesslich mit 0:2 verlor, stand ich währenddessen in einer Moliere-Komödie als „Scapin“ auf der Bühne des Würzburger Stadttheaters. Und? Es war ausverkauft! Womit? Mit Recht! Wir haben sogar die Zwischenstände aktuell ins Stück eingebaut, sehr zum Jubel der 750 Zuschauer. Fast alles Frauen. Die haben sich sehr amüsiert bei dem Gedanken, dass ihre Männer, die nicht mitkommen wollten, zeitgleich schlechte Laune hatten. Das können wir doch Sonntag gerne wiederholen.
Butzko: EM steht ja als Abkürzung für „Effektive Mikroorganismen“, „Eurasisches Magazin“, „Gesangbuch der Evangelisch-Methodistischen Kirche“. . . Ich glaube nicht, dass es da sehenswerte Spiele zu gucken gibt, nicht mal unter dem „Elektronenmikroskop“, das ebenfalls EM abgekürzt wird. Wie übrigens auch der Landkreis „Emmendingen“, „Enzyklopädie des Märchens“ oder „Erzieherische Maßnahme“. Soll ich weiter machen?
Butzko: Einseitenbandmodulation“, Elektro-Material-AG“, „Energieministerium“. Noch mehr?
Butzko: „E-Moll“, „Expectation-Maximization“, „Eminem“ . . .
Butzko: Am Ende der Fahne befindet sich ja bekanntlich die Stange. Und wem man die hält, ist dann immer die entscheidende Frage. Wer sich für Deutschlands Fahnen interessiert, sollte sich einfach in den Dunstkreis von Rainer Brüderle begeben, oder Gerhard Mayer-Vorfelder, oder einfach nach dem Spiel Waldis EM-Club gucken. Da sieht man dann sogar Fahnen und Pfeifen.
Butzko: Sie meinen die nicht enden wollende Meile, die am Unicafé beginnt und erst am Haupeltshofer endet? Nee, da war ich 1996 nicht. Aber nach dem Finale 2002 in Japan, als Deutschland die WM verloren hat, da war ich da, also in der Meile vorm Brazil. Unter dem Motto: „So sehen Sieger aus.“ Mal gucken, gegen wen die Deutschen dieses Jahr verlieren. Bei acht Bayern-Spielern im Kader stehen die Chancen auf einen Vize-Titel natürlich nicht schlecht!
Butzko: Feiern ist immer eine schöne Sache. Das meine ich ganz ironiefrei. Und solange irgendwo zwischen Weinfest, Weihnachtsmarkt und Fasching noch ein Termin frei ist, sollte man den auch ausnutzen. Dass darüber hinaus die zarten Farben der deutschen Vormärz- und Demokratiebewegung zur Geltung kommen, steht doch in schönem Kontrast zur Tatsache, dass eine deutsche Sturmoffensive von Danzig aus den Weg über Polen Richtung Ukraine in Angriff nimmt. Und ganz ohne Stahlhelm. Was sagt man dazu?
Butzko: Nicht ganz. Bis Kiew erreicht wird, sollte diesmal die Sommerausrüstung schon noch zur Jahreszeit passen.
Butzko: Eurokrise? Welche Eurokrise? Hören Sie unserer Kanzlerin nicht zu? Sie sagt, das sei eine Schuldenkrise. Und das kommt der Wahrheit doch schon ein bisschen näher. Schuldenkrise heißt nämlich wörtlich übersetzt: „Vergesst ruhig, wer eigentlich schuld ist an der Krise!“ Denn alles, was wir zur Zeit erleben, ist ja nichts anderes, als die Fortsetzung der Finanzkrise, nur unter einem anderen Begriff. Zur Erinnerung: Zuerst haben die Banken über ihre Verhältnisse gelebt, und weil Europas Steuerzahler zu deren Rettung die eigenen Finanzhaushalte strapazieren mussten, behaupten die Banken jetzt, Europas Steuerzahler würden über ihre Verhältnisse leben. Wir erleben also, wie Frau Merkel den Bock unter Umgehung des Gärtners direkt zum Landwirtschaftsminister erklärt. Deswegen steckt ja auch im Wort „Bundeskanzlerin“ die Wahrheit schon drin. Man muss die Buchstaben nur in eine andere Reihenfolgen bringen, dann ergibt das „Bankenzinsluder“.
Butzko: Welchen Titel meinen Sie? Europameister? Schuldenmeister? Waldmeister? Oder einen Doktortitel? Einen Adelstitel? Oder den Titel: „Fliegender Teppich“ für die gelungenste Nacht- und Niebelaktion seit Gründung des Entwicklungshilfeministeriums? Da bin ich wirklich überfragt. Ein Titel allerdings steht jetzt schon fest. Der der BILD-Zeitung am Tag nach dem Finale. Er beginnt entweder mit: „Jaaaaaaaaaaaa!“ oder endet mit „Luschen, Looser, Lumpenpack“. Und mal ehrlich, beides lesen zu müssen hätte unser Land nicht wirklich verdient, oder?
Die letzten Vorstellungen beim ersten Kabarett-Festival unter der Zeller Laurentiusbrücke, Beginn jeweils um 20 Uhr:
Samstag, 16. Juni: Sissi Perlinger – „Gönn' dir
'ne Auszeit, geh zur Perlinger“
Sonntag, 17. Juni: HG. Butzko – „Verjubelt“