Das historische Herz der Stadt Ochsenfurt liegt in der Spitalanlage am nördlichen Rand der alten Stadtmauer. Dass es wieder zu schlagen beginnt, ist seit zehn Jahren das Anliegen des Spital-Fördervereins. Und diesem Ziel ist der Verein nun näher als je zuvor. Im Herbst nächsten Jahres könnte die umfassende Sanierung des städtischen Anwesens beginnen, hofft Vereinsvorsitzende Renate Lindner. Nach dem Willen des Stadtrats soll ein überregional bedeutsames Museum über den Main dort künftig seinen Platz erhalten.
Spuren bis ins 12. Jahrhundert
Die Spuren führen zurück bis ins 12. Jahrhundert. In diese Zeit hat Restaurator Siegfried Scheder den ersten romanischen Kirchenbau datiert. Teile davon stecken noch im Innern des gotischen Chors, der um das Jahr 1500 über dem Vorgängerbau errichtet wurde. Die archaischen Züge einer Sandstein-Fratze an der Außenwand künden noch sichtbar vom möglicherweise ersten Gotteshaus der Stadt. Um diese Zeit mag auch die Geschichte des Spitals als wichtige soziale Einrichtung der Stadt begonnen haben. Als Sondersiechenhaus für die Unterbringung von Aussätzigen wird es bereits in der Zeit vor 1400 beschrieben. Später wurde es zum Seelhaus, das Arme und Durchreisende aufnahm. Und ab 1431 schließlich ist die Nutzung als Spital und Heimstatt für Alte und Gebrechliche historisch verbrieft.
Seelenheil durch Schenkungen
Unter dem Eindruck der Kreuzzüge und schließlich nach der großen Pest, die Mitte des 14. Jahrhunderts in Europa über 20 Millionen Todesopfer forderte, entstand das Spitalwesen. Vielerorts suchten betuchte Bürger und Adelige ihr Seelenheil, indem sie für die Alten- und Krankenfürsorge Spitäler errichteten und Schenkungen machten. Pfründner brachten ihr Vermögen ein und erkauften sich lebenslangen Unterhalt. Das Spital bezog seine Einnahmen aus der Verpachtung und Bewirtschaftung dieser Besitzungen.
Eng war die Verbindung zur Kirche. Schon im Jahr 1413 ist die Vikarie zum heiligen Kreuz urkundlich belegt, von der auch die Bezeichnung der Spitalkirche als Kreuzkirche herrührt. Das gotische Tympanon über dem Seiteneingang der Kirche zeigt Szenen aus dem Leben der Elisabeth von Thüringen, verehrt als Schutzheilige der Armen und Kranken.
Ein gotisches Wandgemälde aus dem Jahr 1448 war erst 1961 bei Reparaturarbeiten in einer zugemauerten Wandnische wiederentdeckt worden. Im Jahr 1551 wurde der Nordflügel des Spitals „auf de grund gefürt“, wie noch heute eine Steintafel an der Außenwand kündet.
Der Arkadenbau mit Fachwerkaufsatz ist das Sorgenkind des Spitalvereins. Über das schadhafte Dach ist über viele Jahre Wasser in das Fachwerk eingedrungen, hat Balken vermorschen lassen und dem Hausschwamm den Boden bereitet. Um nicht den völligen Einsturz zu riskieren, hat die Stadt vor Jahren schon zur Notsicherung Balken einziehen lassen. In diesem Arkadenbau befanden sich bis in die 1980er Jahre die Zellen der Armen Schulschwestern, die nach Auflösung des Spitals im 19. Jahrhundert dort die städtische Kinderbewahranstalt betrieben haben.
Wände sollen verschwinden
Weit besser in Schuss ist der Renaissancebau, dessen geschweifter Giebel die Ansicht des Spitals vom Mainufer her dominiert. Um 1609 war er errichtet wurden und beherbergte einst den großen Krankensaal, durch dessen Fenster zur Kirche die Gebrechlichen den Gottesdienst verfolgen konnten. Das Fenster soll im Zuge der Sanierung wieder geöffnet werden und auch viele der Zwischenwände, die im Lauf der Jahrhunderte eingezogen wurden, will man verschwinden lassen.
So sollen auch die Teile der Renaissancedecken wieder zum Vorschein kommen, die in der Barockzeit unter Putz und Stuck verschwunden sind. Sichtbares Zeichen dieser Barockisierung ist der Westgiebel der Kirche, der um 1750 seine heutige Gestalt erhielt.
Seit im Januar 1990 die letzte der Armen Schulschwestern ausgezogen war, fiel das Spital in einen Dornröschenschlaf. Lediglich das Gefallenen-Ehrenmal, das unter den Arkaden untergebracht ist, wurde einmal im Jahr zum Schauplatz öffentlichen Gedenkens.
Kein Geld und keine Ideen
Der Stadt fehlte es an Geld für die Sanierung und an Ideen für eine sinnvolle Nutzung. Die Zeit setzte ihr Zerstörungswerk an den Gebäuden fort, bis sich 2007 Ochsenfurter Bürger zu einem Förderverein zusammentaten. Dessen Ziel war es, Spenden zu sammeln und die Stadt bei der Sanierung der Spitalanlage zu unterstützen, sagt Vorsitzende Renate Lindner. 100 000 Euro anzusparen, hatte sich der Verein damals zur Aufgabe gemacht.
Die Spitalkirchweih, die bis in die 1950er Jahre noch am zweiten Sonntag im September gefeiert wurde, ließ man aufleben. Aber auch unter den Ochsenfurter Bürgern und Firmen fanden sich zahlreiche Unterstützer. Angefangen von Privatleuten, die ein paar hundert Euro spendeten bis zur Brauerfamilie Oechsner, die seit inzwischen zehn Jahren die Veranstaltungsreihe „Herbstimpressionen“ sponsort und den gesamten Erlös dem Spitalverein zur Verfügung stellt. Auch die syrisch-orthodoxe Kirchengemeinde, die regelmäßig ihre Gottesdienst in der Kreuzkirche feiert, zeigte sich spendabel.
Beim Spendensammeln allein wollte es der Verein aber nicht bewenden lassen. Und so sorgen die Mitglieder dafür, dass eine Toilettenanlage eingebaut wurde, um das Spital besser für Veranstaltungen nutzen zu können. Sie schafften neue Tore an und neuerdings eine Sicherungsanlage mit Videoüberwachung, um die Kirche auch tagsüber öffnen zu können, ohne Angst vor Dieben.
Rund 30 000 Euro hat der Verein bereits ins Spital investiert. Trotzdem wuchs das Spendenkonto weiter. Inzwischen hatte sich auch der Ochsenfurter Stadtrat mit dem Spital beschäftigt, die Sanierung in Aussicht gestellt und die Unterstützung für den Aufbau eines Museums mit überregionaler Wirkung zugesichert. Schützenhilfe erhielt der Förderverein dabei vom Landesamt für Denkmalpflege und der Landesstelle für nichtstaatliche Museen in Bayern, sagt Renate Lindner.
Auch eine denkmalpflegerische und statische Bestandsuntersuchung hat bereits stattgefunden, so dass der Auber Architekt Felix Tannenberg derzeit mit dem Fertigen der Eingabepläne beschäftigt ist. Gleichzeitig erstellt ein Fachbüro das Konzept für das Museum, das sich ganz um den Main drehen soll.
Fettes Sparschwein
Das Sparschwein des Fördervereins ist inzwischen fett geworden. 104 000 Euro weist das Konto aus, berichtet Renate Lindner stolz. Um die auf 1,2 Millionen Euro geschätzte Sanierung zu stemmen, reicht das aber bei weitem nicht aus. Deshalb finden seit Monaten Gespräche mit staatlichen Förderstellen und weiteren Zuschussgebern statt. Wegen des hohen historischen Werts der Anlage hofft die Vorsitzende des Fördervereins auf eine Förderquote von 80 Prozent.
Mit dem Geld, das der Förderverein gespart hat, wäre der Eigenanteil, den die Stadt Ochsenfurt dann noch zahlen muss, verkraftbar.
Spitalkirchweih
Mit der Spitalkirchweih am zweiten Sonntag im September hat der Spital-Förderverein eine Tradition wiederbelebt, die seit den 1950er Jahren in Vergessenheit geraten war.
Am 10. September beginnt das Kirchweihfest mit einem Gottesdienst in der Spitalkirche. Anschließend servieren die Vereinsmitglieder Kartoffeln aus dem Dämpfer und dazu wahlweise eingelegten Hering, Kräuterquark oder Hausmacher Wurst. Zur Kaffeezeit gibt es hausgemachten Blootz.
Um 15 Uhr stellt Restaurator Siegfried Scheder die Eckpunkte der geplanten Sanierung und der künftigen Nutzung vor. Ab 16 Uhr beantwortet Architekt Felix Tannenberg die Fragen interessierter Besucher. meg