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WÜRZBURG/SCHWEINFURT
Das große Zittern: Wer sind unsere Abgeordneten?
Die Region hat im Bayern-Trend gewählt – inklusive Katzenjammer bei der CSU.
Foto: Nicolas Bettinger | Die Region hat im Bayern-Trend gewählt – inklusive Katzenjammer bei der CSU.
Michael Czygan
 |  aktualisiert: 07.04.2020 12:05 Uhr

Für einige Kandidaten steht noch eine weitere Nacht Zittern an: Die Namen der künftigen Landtagsabgeordneten aus Unterfranken, die über die Liste der Parteien gewählt wurden, stand am Montagabend noch nicht fest. Im Büro des Landeswahlleiters wurden zwar rund um die Uhr Daten erfasst, endgültige Aussagen seien aber erst am Dienstag möglich, so ein Sprecher auf Anfrage.

Fest steht derweil, dass Unterfranken im Maximilianeum künftig 19 der 205 Abgeordneten stellt. Anders als in anderen Regierungsbezirken gibt es hier keine Überhang- und Ausgleichsmandate. Neun Sitze gehen an die CSU, bisher waren es zwölf. Die Grünen sind künftig mit drei Abgeordneten vertreten, einer mehr als in der vergangenen Legislaturperiode. Die SPD hat sich halbiert, sie schickt zwei statt vier Unterfranken nach München. Die Freien Wähler behalten zwei Sitze. Neu im Landtag vertreten sind die AfD mit zwei Mandaten und Rückkehrer FDP mit einem.

CSU

Die Verluste der CSU mit minus 8,7 Prozentpunkten auf nunmehr 41,4 Prozent fallen in Unterfranken nicht ganz so erdrutschartig aus wie anderswo in Bayern – ein Verdienst nicht zuletzt von Barbara Stamm. Die Grande Dame der CSU hat dank ihrer Popularität der Partei nach 42 Jahren im Landtag einen letzten Dienst erwiesen. Auch wenn das genaue Ergebnis noch aussteht: Die Landtagspräsidentin war einmal mehr die Stimmenkönigin der Unterfranken-CSU. Selbst hat die 73-Jährige davon nicht profitiert, über die Liste schaffte es kein CSU-Politiker im Freistaat ins Maximilianeum. Alle neun CSU-Mandate gehen an erfolgreiche Direktkandidaten, allen voran an Sandro Kirchner im Stimmkreis Bad Kissingen.

Der 43-Jährige ist der Stimmenkönig in Franken. Sein Erststimmenergebnis von 49,5 Prozent wird im übrigen Bayern nur noch von Finanzminister Albert Füracker übertroffen, der in Neumarkt (Oberpfalz) 50,3 Prozent der Erststimmen bekam. Dafür liegt Bad Kissingen bei den Gesamtstimmen mit 49,8 Prozent bayernweit vorn.

Unter den CSU-Abgeordneten, die nach München gehen, sind auch die Kabinettsmitglieder Justizminister Winfried Bausback (Aschaffenburg) und Innenstaatssekretär Gerhard Eck (Schweinfurt). Beide galten bislang als Stützen der Staatsregierung unter Markus Söder. Gut möglich also, dass sie ihre Posten auch in einer Koalition mit den Freien Wählern behalten.

Für Oliver Jörg indes, der immer wieder als Kandidat fürs Kabinett gehandelt wurde, war es ein ganz bitterer Wahlabend. Der 46-Jährige, dessen Verdienste um den Wissenschaftsstandort Mainfranken unbestritten sind, steht nach dem Verlust des Direktmandats in Würzburg mit leeren Händen da.

Die Universitätsstadt ist nach dem Aus von Stamm und Jörg nun gar nicht mehr in der Landtags-CSU vertreten. Keine gute Ausgangsposition, wenn es um die avisierte Modernisierung der Partei in den Großstädten geht. Auch nicht mit Blick auf die christlich-liberale Klientel, die die CSU-Oberen mit ihrem Zickzackkurs in der Flüchtlingspolitik und allzu schriller Rhetorik in den vergangenen Monaten so nachhaltig verstört hatte. Da waren Stamm und Jörg ebenso glaubwürdige wie gefragte Ansprechpartner.

Grüne

Ob Patrick Friedl, der Würzburger Sensationssieger, die Lücke füllen kann, muss sich zeigen. Außerhalb Münchens ist der 48-Jährige der Einzige, der der CSU in Bayern ein Direktmandat abluchsen konnte. Dieser Erfolg ist kein Zufall. Friedls Name steht in Würzburg schon viele Jahre für einen weltoffenen Umgang mit Flüchtlingen – und vor allem für Klimaschutz-Initiativen. Die Würzburger, die Friedl die Stimme gaben, wussten, dass sie einen seriösen Pragmatiker wählen, einen, der in der gestärkten Landtagsfraktion sicher eine wichtige Rolle spielen wird.

Die Grünen haben in Unterfranken mit insgesamt 16,3 Prozent (plus 7,4 Prozentpunkte) weniger hinzugewonnen als im Landesschnitt. Das zeigt, abseits der Städte ist noch einiges an grüner Überzeugungsarbeit zu leisten. Sicher ist, dass neben Friedl Kerstin Celina (Würzburg-Land) in den Landtag einziehen wird. Beim Kampf um das dritte Mandat dürften Stefan Wagener (Aschaffenburg) und Paul Knoblach (Schweinfurt) laut Auszählungsstand am Montagabend die besten Karten haben.

SPD

Anders als vielerorts sonst in Bayern bleibt die SPD in Unterfranken mit 10,2 Prozent (minus 9,4 Prozentpunkte) wenigstens zweistellig – und damit dritte Kraft. Ein wirklicher Trost ist das nicht. Mit regionalen Besonderheiten lässt sich das Resultat nicht erklären, die Zerrissenheit zwischen GroKo-Gegnern und Befürwortern war auch hier bei vielen Veranstaltungen spürbar. Die Grünen sind mit ihrer klaren Haltung etwa in der Flüchtlingspolitik für das linksliberale Milieu attraktiver. Und als Arbeiterpartei hat die SPD schon länger ausgedient. Als Listenführer wird Volkmar Halbleib (Würzburg-Land) sicher wieder im Landtag vertreten sein. Um Platz zwei zeichnete sich am Abend der erwartete Zweikampf zwischen Martina Fehlner (Aschaffenburg) und Georg Rosenthal (Würzburg-Stadt) ab. Nicht mehr im bayerischen Parlament vertreten ist vermutlich die Sozialexpertin Kathi Petersen (Schweinfurt).

AfD

In Schweinfurt zeigt sich derweil der Niedergang der SPD besonders krass. Dort, in der einstigen Hochburg, ist es neben den Grünen auch der AfD gelungen, an den Sozialdemokraten vorbeizuziehen. Insgesamt blieben die Rechtspopulisten in Unterfranken mit 9,8 Prozent indes einstellig – und damit unter den eigenen Erwartungen. Die zwei künftigen Abgeordneten sind voraussichtlich Polizeihauptkommissar Richard Graupner (Schweinfurt) und Listenführer Christian Klingen (Kitzingen). Bislang hat die Region mit AfD–Mandatsträgern auf Landes- und Bundesebene keine Erfahrung.

Freie Wähler

Auch für die Freien Wähler (FW) lief es in Unterfranken mit 9,2 Prozent (plus ein Prozentpunkt) nicht ganz so gut wie anderswo, der Zuwachs liegt unter dem Landesschnitt. Möglicherweise ist das auch eine Auswirkung der Betrugsaffäre um die einstige Galionsfigur Günther Felbinger. Am Montagabend standen die Chancen für den unterfränkischen Spitzenkandidaten Gerald Pittner (Haßberge/Bad Neustadt) ganz gut, ein Mandat zu erringen. Offen war das Rennen um das zweite Mandat, wobei die Bürgermeisterin von Arnstein, Anna Stolz (Main-Spessart), der bisherige Abgeordnete Hans-Jürgen Fahn (Aschaffenburg), Bernd Schötterl (Miltenberg) und Ulrike Schneider (Schweinfurt) noch Chancen haben. Schneiders Einzug in den Landtag wäre nicht frei von Pikanterie. Gemeinsam mit Markus Söder galt sie einst als junge CSU-Hoffnungsträgerin, bevor sie 2003 nach heftigem Streit aus der Partei geschmissen wurde. Kommt sie ins Parlament, müsste sie als FW-Abgeordnete am Ende einen Regierungschef Söder mitwählen – oder auch nicht.

FDP

Die FDP schaffte die Rückkehr in den Landtag gerade so, in Unterfranken blieb sie mit 4,8 Prozent (plus 1,9 Prozentpunkte) sogar knapp unter der Fünf-Prozent-Hürde. Das eine Mandat geht voraussichtlich an Spitzenkandidat Helmut Kaltenhauser (Aschaffenburg).

Sonstige

Die acht kleinen Parteien kamen in Unterfranken nicht mal auf ein Prozent. Am Besten schnitten Bayernpartei und ÖDP mit jeweils 0,9 Prozent ab. Enttäuschend das Resultat von mut. Trotz des prominenten Spitzenkandidaten, Radiomoderator Matthias Matuschik, schaffte man lediglich 0,4 Prozent. Nicht in den Landtag zurück kehrt damit auch die Tochter von Barbara Stamm, mut-Gründerin Claudia Stamm.

 
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  • R. S.
    Ich Hoffe,das ein Markus Söder sich nicht mit Ulrike Schneider im Landtag Herumplagen muß es reicht was sie dem Wähler in Schweinfurt zumutet
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