
Wer als Babysitter arbeiten möchte, trifft heute auf andere Erwartungen von Eltern als früher. Das „Babysitterdiplom“ der Arbeiterwohlfahrt soll die Job-Chancen erhöhen.
Der Bezirksverband Unterfranken e.V. der Arbeiterwohlfahrt (AWO) hat zum wiederholten Mal einen Babysitterkurs angeboten, der Interessierten in Kombination mit einem Erste-Hilfe-Kurs am Kind zum sogenannten „Babysitterdiplom“ verhilft. Die Inhalte des Kurses wurden überarbeitet und neu gestaltet, denn: „Die Ansprüche der Eltern an das Betreuungspersonal ihrer Kinder, und damit auch an den Babysitter, sind gestiegen“, so AWO-Kursleiterin Sabine Kreißl. Der Kurs soll angehenden Babysittern an zwei Tagen das nötige Rüstzeug für die wichtigsten Themen rund um Babys und (Klein-)Kinder vermitteln: Wie wickle ich einen Säugling, was spiele ich mit einem Kind – und was sind meine Rechte und Pflichten als Babysitter?
Wenn sich Teenager mit Brei füttern
Antworten auf diese und viele weitere Fragen suchen die neun Teilnehmer des Babysitterkurses in der Geriatrischen Rehabilitationsklinik der AWO in Würzburg – acht Frauen und ein Mann. Den Wunsch, als Babysitter tätig zu sein, haben alle Anwesenden; die persönliche Motivation für den Kursbesuch dagegen variiert. „Es ist schwer, Eltern zu finden, die einen ohne Qualifikation anstellen“, so die Erfahrung der einzigen älteren Teilnehmerin.
„Wenn man ein Diplom vorweisen kann, steigt die Vertrauenswürdigkeit“, ist auch die 14-jährige Klara überzeugt. „Gut vorbereitet kann ich in schwierigen Situationen besser reagieren“, so die gleichaltrige Josefine. „Ich habe Kinder schon immer geliebt, im Kindergarten war mein Berufswunsch 'Babysitter' “, sagt Esther und lacht. Für die 15-Jährige bedeutet der Job „einen Nebenverdienst, während man selbst noch Spaß hat“. Die 18-jährige Elisa bricht im Herbst als Au-Pair nach China auf und möchte sich auf die Betreuung von zwei Kindern vorbereiten.
In Zweierteams arbeiten sich die Teilnehmer in die Themen ein, und manche Szene wirkt dabei durchaus skurril: Beim Thema „Flaschen- und Breinahrung“ füttern sich Teenager gegenseitig mit Babybrei – für Kursleiterin Kreißl der „herausforderndste Block“ ihres Seminars. Brei zu essen und sich in die Situation hineinzuversetzen, koste Überwindung; die Übung sei aber wichtig, um eine Verbindung zwischen dem Gelernten und der Realität herzustellen. „Natürlich ist es noch mal schwieriger, wenn ein zappelndes Kleinkind dein Gegenüber ist“, sagt Kreißl und lacht.
Überraschungen bei der Aufsichtspflicht
Auch bei anderen Themen geht es darum, die Kursinhalte möglichst praxisnah zu vermitteln. Ob wickeln, tragen oder schlafen legen – geübt wird an mit Sand gefüllten Puppen, die dem tatsächlichen Gewicht von Babys entsprechen. „Nur so merkt man, wie es sich anfühlt, ein Baby länger auf dem Arm zu halten“, so Kreißl. Auch das Wickeln und Anziehen der Puppen stellt die Teilnehmer vor Herausforderungen. „Grob weiß ich, wie das geht – aber wie mach‘ ich‘s genau?“, rätselt ein Mädchen.
Wo muss der Klebestreifen der Windel sitzen, und warum sollte ich beim Wickeln mit dem Kind sprechen oder singen? Sabine Kreißl erklärt und zeigt, worauf es ankommt. Wenn sich eine Teilnehmerin darüber ärgert, dass sie dem Baby aus Versehen zwei verschiedene Strümpfe angezogen hat, stellt Kreißl klar, dass dem Baby das sicherlich egal ist – es aber auch im Frühling noch eine Strumpfhose statt Strümpfen braucht.

Während sich der erste Kurstag vor allem um Baby- und Kleinkindthemen dreht, behandelt Kreißl am zweiten Tag die Betreuung von Schulkindern sowie Rechte und Pflichten eines Babysitters. Das Thema „Aufsichtspflicht“ sorge immer wieder für Überraschung bei den Teilnehmern, so Kreißl. Wie vermeide ich Gefahrenquellen, wie warne ich altersgerecht vor Gefahren und weiß ich stets, wo das Kind ist und was es tut? „Dinge, die viele vorher auf die leichte Schulter genommen hätten, bekommen mit dem Wissen über die rechtlichen Grundlagen ein ganz anderes Gewicht.“
Aufnahme in die Babysitter-Agentur
Wenn Kreißl über Hausaufgabenbetreuung spricht, ist ihr wichtig zu vermitteln: „Der Erwachsene ist nicht der, der alles weiß – das Kind ist gleichwertiger Lernpartner, der mit Respekt behandelt wird.“ Und so soll der Kurs neben praktischem und theoretischem Wissen auch die Grundwerte der AWO weitergeben: „Gleichheit, Toleranz, ein respekt- und liebevoller Umgang mit Kindern“, so Kreißl.
Wer die zwei Kurstage absolviert hat, erhält ein Babysitterdiplom. Mit dem Diplom und einem Zertifikat über einen Erste-Hilfe-Kurs am Kind können sich die Teilnehmer kostenlos in die Datei der Babysitter-Agentur der AWO aufnehmen und vermitteln lassen.
Babysitter als Begleitung für den Schulweg
Was ein Babysitter verdient, hängt von verschiedenen Faktoren ab: Welchen Stundenlohn kann eine Familie bezahlen, wie viele Kinder sind zu betreuen, wie alt sind diese, werden Zusatztätigkeiten wie Hausaufgabenbetreuung oder die Zubereitung von Essen erwartet? Ist der Babysitter abends gefragt, um auf ein schlafendes Kind aufzupassen, oder soll er tagsüber da sein und auch den Tagesablauf des Kindes strukturieren?

Insgesamt haben sich die Aufgaben von Babysittern gewandelt, stellt Kreißl fest. Auffällig sei vor allem das gestiegene Sicherheitsbedürfnis vieler Eltern: „Da wird ein Babysitter als Begleitung für den Schulweg engagiert – auch wenn dieser nicht weit ist“, sagt Kreißl. Andere möchten, dass ein Babysitter dabei ist, wenn sich ihr Kind mit Freunden auf dem Spielplatz trifft. Kreißls Erfahrung nach bestehen viele Familien durch Trennung und Scheidung inzwischen aus nur noch einem Elternteil, was den Bedarf an Babysittern weiter erhöhe. „Wer z.B. ohne einen Partner Schicht arbeitet, ist darauf angewiesen, auch jenseits der üblichen Kindergarten- und Schulzeiten eine Betreuung fürs Kind zu finden.“
Babysitter mit Diplom: Kursangebote von Wohlfahrtsverbänden
