Tausende von Kühen werden täglich gemolken, damit der Molkerei in Goßmannsdorf der Rohstoff nicht ausgeht. Die wichtigste Arbeit dort leisten aber ganz andere Tierchen – Abermillionen von Joghurt-Bakterien, die aus der Milch jenes Produkt reifen lassen, das von Ochsenfurt aus nach halb Europa geliefert wird.
Die 1972 gebaute Danone-Molkerei mit ihren 220 Mitarbeitern ist einer von drei Standorten des französischen Konzerns in Deutschland und eine der wichtigsten Joghurt-Produktionsstätten der Republik. Ein Blick hinter die Kulissen der Molkerei zeigt den Weg von der frischen Rohmilch bis zu den versandfertigen Paletten, voll mit Tausenden von Joghurtbechern.
300 000 Liter Milch täglich
Sechs Milchlaster sind eigens für Danone in Goßmannsdorf im Einsatz. Im zweitägigen Turnus besuchen sie rund 350 Milchbauern in Umkreis von rund 100 Kilometern um die Molkerei. 300 000 Liter Milch werden täglich nach Goßmannsdorf geliefert. Vier Millionen gefüllte Becher verlassen das Werk in 24 Stunden. Bei einem Rundgang erläutert Molkereileiter Johannes Kogut den Weg der Milch zum fertigen Joghurt.
Wenn die Milch in die großen Lagertanks gepumpt wird, hat sie bereits einen wichtigen Verarbeitungsschritt hinter sich. Gleich nach der Anlieferung wird sie in eine große Zentrifuge geschickt. Wie schon zu Großmutters Zeiten wird dort durch Fliehkraft der Rahm von der Magermilch getrennt.
Für den Joghurt werden die beiden Komponenten später wieder gemischt. Auf diese Weise gelingt es, aus den unterschiedlichen Fettgehalten der angelieferten Milch einen einheitlichen Rohstoff zu gewinnen. Schließlich muss jeder Joghurt gleich schmecken und genau so viel Fett enthalten, wie auf der Verpackung angegeben ist. Überschüssiger Rahm krönt später als Schlagsahne die zweite Produktlinie im Werk – das Pudding-Dessert „Dany Sahne“.
Strenge Hygiene
Die Hygienevorschriften im Produktionsbereich erinnern an einen Operationssaal. Saubere, weiße Kleidung, Schutzbrille und Haarnetz sind Pflicht. Erst wenn die Hände gewaschen und desinfiziert, die Schuhsohlen von elektrischen Bürsten gesäubert sind, öffnet sich die Schranke zu den Arbeitsplätzen.
Der Aufwand hat einen guten Grund: Wenn es trotz aller Vorsichtsmaßnahmen ein fremder Keim in den verderblichen Rohstoff schaffen würde – es käme einer Katastrophe gleich. In vielen Molkereien ist es üblich, die Milch hoch zu erhitzen und so keimfrei zu machen, erzählt Johannes Kogut. Das Verfahren hinterlässt einen leicht verbrannten Geschmack – „Leider haben sich heute viele Verbraucher an diesen Fehlgeschmack gewöhnt“, bedauert Kogut.
Danone verzichtet auf die Hoch-Erhitzung ebenso wie auf den Zusatz von Konservierungsstoffen, so Kogut. Lediglich einer Pasteurisierung bei 85 Grad wird die Milch unterzogen – wie die Frischmilch aus dem Supermarkt-Regal. Damit der Joghurt trotzdem ausreichend lange haltbar bleibt, muss bereits der Milchbauer im Kuhstall peinlich genau auf Sauberkeit achten.
Betriebsgeheimnis
In der Molkerei entzieht sich die Milch dem Auge des Betrachters. Durch Edelstahlrohre fließt sie in die Fermenter, große Behälter mit Rührwerken. Zucker und Rote-Bete-Saft, der dem Joghurt später die rosa Farbe verleiht, sind schon beigemischt. Jetzt kommen die Milchsäurebakterien hinzu, die zuvor in einer Kühlkammer gehütet wurden wie ein Schatz.
In ihnen steckt das Wissen aus langjähriger Erfahrung und Entwicklung. Jede Molkerei hat ihre eigenen unverwechselbaren Bakterienstämme, die über viele hundert Generationen weitervermehrt werden. Geschmack, Säuerlichkeit und Konsistenz hängen von ihnen ab – das wichtigste Betriebsgeheimnis.
Die Bakterien verwandeln einen Teil des Milchzuckers in Milchsäure, die die Eiweißbestandteile gerinnen lässt und die Milch so zu einer dicken, cremigen Masse macht. In Eiskrümeln eingefroren, werden die Milchsäurebakterien zugegeben und haben dann bis zu zehn Stunden Zeit, um die Milch bei Temperaturen um die 38 Grad in Joghurt zu verwandeln.
Peinlich sauber müssen die Anlagen gehalten werden. Ein scheinbares Chaos aus Rohren und Ventilen sorgt dafür, dass der Fermenter nach dem Prozess mit Säure, Lauge und Wasser bereit gemacht wird für den nächsten Ansatz. Der Joghurt strebt derweil schon der Abfüllung im Stockwerk darunter zu, und kommt dabei mit einer Entwicklung in Berührung, auf die Werkleiter Johannes Kogut besonders stolz ist.
Man hat festgestellt, dass der Joghurt durch das Pumpen in langen Rohrschlangen seine Beschaffenheit, die er durch die Fermentation erhält, wieder verliert. Also wurden die Leitungswege verkürzt und die Rohre so verlegt, dass das Produkt möglichst wenig strapaziert wird. Der Joghurt behält dadurch seine leicht steife Textur, die sich im Mund besonders angenehm anfühlt, sagt Johannes Kogut. Der Molkereileiter ist begeistert.
Erst jetzt, direkt vor der Abfüllung, werden die verschiedenen Geschmackskomponenten beigemischt – Fruchtzubereitungen oder die beim Vorzeige-Produkt „Activia“ besonders beliebte Müsli-Mischung. Bei der Abfüllung selbst kommt wieder High-Tech ins Spiel. Längst werden die Becher nicht mehr vorgefertigt in die Maschine eingelegt, sondern direkt an Ort und Stelle mit Hilfe von Wärme und Unterdruck aus einer Kunststofffolie geformt. Tiefziehen heißt diese Verfahren, das nicht nur Energie spart, sondern auch zusätzlichen Schutz vor unerwünschten Keimen bietet.
In einer Geschwindigkeit, der das menschliche Auge kaum zu folgen vermag, setzen pneumatisch betriebene Greifer die fertigen Becher in die Umverpackung und füllen die vorgefalteten Karton-Steigen – vollautomatisch. Die Mitarbeiter an den Maschinen überwachen den Betrieb und sorgen dafür, dass der Strom neuen Verpackungsmaterials nicht versiegt. Förderbänder transportieren die Steigen in den Nebenraum, wo sie sie auf Paletten gesetzt werden. Im anschließenden Kühllager warten sie auf den Versand zum Kunden.
Aus rund einem Dutzend Grundrezepturen entstehen etwa 60 verschiedene Produkte, erzählt Werkleiter Johannes Kogut, und – weil die je nach Bestimmungsort unterschiedlich verpackt und etikettiert sind – rund 90 unterschiedliche Artikel. Darunter auch die Marke „Activia“, nach Danone-Angaben der beliebteste Fruchtjoghurt in Deutschland. Neu im Sortiment ist die Produktfamilie „Danone Molkerei“. Mehr als ein Jahr Entwicklungsarbeit stecken in den 18 verschiedenen Sorten. Besonderen Wert hat man dabei auf die Meinung der Verbraucher gelegt.
Rund ein Drittel der vier Millionen Becher, die täglich das Goßmannsdorfer Werk verlassen, gehen ins europäische Ausland, vor allem nach Frankreich, in die Beneluxstaaten, Großbritannien, Spanien und Schweden. Überall in Europa sind die Produkte aus der Molkerei in Goßmannsdorf an der Betriebsnummer „BY 601“ leicht zu erkennen, die in einem kleinen Logo auf jeder Verpackung aufgedruckt sein muss.
Die Joghurt-Herstellung hat Johannes Kogut übrigens schon als kleiner Junge von seiner Oma kennengelernt. Die hat frische Milch einfach mit Naturjoghurt angesetzt und auf der Fensterbank gerinnen lassen. Das Ergebnis war allerdings von Mal zu Mal recht unterschiedlich und nicht immer sehr schmackhaft, erzählt er – ganz anders als in der Molkerei, die er heute leitet.