Welche Folgen die Corona-Krise für Würzburg hat, haben Oberbürgermeister Christian Schuchardt und Kämmerer Robert Scheller in einem Gespräch mit dieser Redaktion erläutert. Wir haben die wichtigsten Punkte zusammen gefasst.
Betroffen sind alle Bereiche. Von großen, vom Export abhängigen Unternehmen bis zum Kleinkünstler. Wie viele Insolvenzen es deswegen in Würzburg geben wird, kann man im Moment noch nicht sagen. Auf dem Arbeitsmarkt ist im Vergleich zum Vorjahr die Arbeitslosenquote von 3,3 auf 4,3 Prozent gestiegen (absolut 3276 Arbeitssuchende im Mai 2020). Gleichzeitig werden 30 Prozent weniger freie Stellen in Stadt und Landkreis angeboten als 2019. OB und Kämmerer sehen die wirtschaftlichen Gefahren angesichts der größten Rezession der Nachkriegszeit. Es gibt aber einen großen Unterschied zur Haushaltskrise vor rund 15 Jahren:"Der lokale Arbeitsmarkt und der Haushalt der Stadt sind in einer besseren Ausgangslage als 2008", erklärt Schuchardt.
Direkte Wirtschaftshilfe kann es aus dem Rathaus nicht geben. Aber Steuern und Abgaben werden momentan auf Antrag bis Ende des Jahres zinslos gestundet. 170 Anträge mit einer Summe von 2,1 Millionen Euro sind bislang eingegangen. Auch verlangte die Stadt weniger Gebühren für Außengastronomie und stundete während des Lockdowns Mieten von städtischen Immobilien zum Beispiel für Gastronomiebetriebe wie Ratskeller, MS Zufriedenheit oder Dornheim im Talavera-Schlösschen. Aber vor allem unterstützt die Stadt Unternehmen dadurch, indem sie ihnen weiter Aufträge erteilt. "Als Kommune sind wir gehalten uns antizyklisch zu verhalten und weiter zu investieren, um die Konjunktur zu stützen," erläutert Scheller.
Das größte Loch reißen die fehlenden Steuereinnahmen: Statt der geplanten 95 Millionen Euro Gewerbesteuer rechnet der Kämmerer nur mit 70 bis 75 Millionen. Gleichzeitig gehen die Beteiligung an Einkommens- und anderen Steuern heuer voraussichtlich um elf Millionen Euro zurück. Gleichzeitig sinken die Einnahmen bei Eigenbetrieben wie Mainfranken Theater oder im städtischen WVV-Konzern. Durch die Verluste bei Schwimmbädern oder im Öffentlichen Personennahverkehr rechnet man bei der WVV heuer mit einem Defizit von bis zu acht Millionen. Zuletzt hatte der Konzern eine schwarze Null erwirtschaftet.
Der Bund hat zugesagt, den Verlust an Gewerbesteuer der Kommunen ausgleichen. Im besten Fall bekommt die Stadt den gesamten Ausfall von 25 bis 30 Millionen Euro, im schlechtesten Fall nur zehn Millionen. Außerdem werden Kommunen dauerhaft unterstützt, indem der Bund ihnen ab jetzt einen höheren Teil der Sozialausgaben für Bedürftige in Form der Unterkunfts- und Heizungskosten abnimmt. Würzburg wird dadurch um circa fünf bis sechs Millionen Euro im Jahr entlastet.
Mindestens zehn bis 15 Millionen Euro fehlen nach momentaner vorsichtiger Schätzung heuer im städtischen Haushalt. Je nachdem, wie viel Geld vom Bund kommt (siehe oben) und wie die Pandemie weiter verläuft, könnte das Loch auch noch erheblich größer werden. Auch für den Haushalt 2021 rechnet der Kämmerer mit größeren Steuerausfällen, da dann voraussichtlich die Bundeszuschüsse wegfallen, aber die Finanzsituation der Wirtschaft noch nicht wieder auf Vor-Corona-Niveau sein dürfte.
Im Herbst wird der Stadtrat mit dem Nachtragshaushalt für 2020 und dem Haushalt 2021 entscheiden, wo heuer und im kommenden Jahr gespart wird. Die Verwaltung wird Priorisierung und Einsparungen über alle Bereiche des Haushaltes vorschlagen. "Baumaßnahmen, die bereits vergeben oder gar schon angefangen sind, kann man nicht mehr zurück stellen", sagt der Kämmerer. Die Rücklagen werden dadurch geschont, dass sich die für dieses Jahr geplante Beteiligung an der Multifunktionshalle in Höhe von fünf Millionen Euro mindestens auf das kommende Jahr verschiebt.
Da die Coronakrise die Veranstaltungsbranche hart trifft, wundert es nicht, dass laut Rathausspitze das Projekt Multifunktionshalle seit März nicht weiter voran getrieben wurde. Im Februar hatte diese Redaktion noch berichtet, dass für die Multifunktionshalle interessierte Betreiber gefunden seien, welche die hinter der Grobühlbrücke geplante Arena langfristig bewirtschaften, als auch den Bau mitfinanzieren wollen. Seit März ist die Veranstaltungsbranche durch Corona lahm gelegt. Laut Stadt kann man im Moment nicht absehen, wann sich die Situation wieder so ändert, dass jemand in eine Halle für 6000 Zuschauer investiert. "Wir stehen aber natürlich weiter zu unserer Zusage, den Bau der Halle mit bis zu zwölf Millionen Euro zu unterstützen," betont OB Schuchardt.
Im Moment bereiten Würzburger Straßenbahn GmbH und Rathaus die Kostenberechnung der zuletzt auf deutlich über 100 Millionen Euro teuren geschätzten Straßenbahn ans Hubland vor. Wenn die noch laufende Planfeststellung abgeschlossen ist, kann man mit dem Freistaat über die Verteilung der Kosten verhandeln. "Dann wird man erst wissen, wie hoch die finanzielle Belastung für die Stadt wäre", sagt Kämmerer Scheller. Zu dieser Unbekannten kommt durch die Coronakrise eine weitere Unsicherheit hinzu: Die bislang von der Stadt angesparte Rücklage für die Linie 6 könnte für das Stopfen von Haushaltslöchern benötigt werden.
Nach momentanem Stand sollen die rund 200 Millionen Euro Schulden der Stadt trotz Krise nicht weiter wachsen. Denn es wurden in den vergangenen Jahren rund 45 Millionen Euro angespart, darunter auch 17 Millionen Euro für die Linie 6, die jetzt eventuell zur Finanzierung des allgemeinen Haushaltes genutzt werden müssen. Mit dem Thema wird sich aber der Stadtrat nochmal befassen.
Die Unterstützung für ein neues Fußballstadion. Und auch die Finanzierung für die
Multifunktionsarena sollt überdacht werden, immerhin hat die Gesellschaft zur Zeit
größere Probleme, als wie sich mit "Peanuts" herum zu ärgern.
Es ist dem "kleinen Mann" nämlich nicht vermittelbar, dass er auf der Strecke bleibt, während an anderer Stelle Gelder durch die öffentliche Hand in womöglich sinnlose Großprojekte gesteckt werden.