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WÜRZBURG
Christine Bötsch und Alexander Kolbow: Politik schon in der Windel gelernt
Das Gespräch führte Manuela Göbel
 |  aktualisiert: 23.04.2008 18:07 Uhr

Christine Bötsch und Alexander Kolbow sind junge Politiker, die in die Fußstapfen ihrer prominenten Väter treten. Zum gemeinsamen Gespräch mit der MAIN-POST kam der frischgewählte SPD-Stadtrat Kolbow gut gelaunt in Hemd, Sakko und bunter Schultertasche ins Bürgerspital. Die CSU-Stadträtin Bötsch erschien einige Minuten später eine Spur eleganter, aber ebenso locker: Es wurde ein interessanter und unterhaltsamer Abend.

Frage: Frau Bötsch, Sie können dem Neuling Kolbow bestimmt einige Tipps geben. Wie haben Sie sich denn vor sechs Jahren gefühlt?

Christine Bötsch: Ich war total nervös. Für mich war ja nicht nur der Stadtrat neu, ich habe gleichzeitig einen neuen Job angefangen. Als Stadtrat bekommt man keine Einführung, sondern wird ins kalte Wasser geschmissen und tritt in das eine oder andere Fettnäpfchen. Mit der Zeit bekommt man auch ein Gespür dafür, welche Einladung man annimmt und welche nicht. Alles schaffe ich nicht.

Alexander Kolbow: Wieviel Zeit kostet Dich denn der Stadtrat?

Bötsch: Das kann ich immer noch nicht genau sagen. Es kommt darauf an, wie man rechnet. Für mich ist es zum Beispiel keine Arbeit, wenn ich als Mitglied des Kulturausschusses eine Vernissage besuche. Zehn bis zwölf Stunden in der Woche sitze ich über Unterlagen. Ausschuss- oder Stadtratssitzungen kommen dazu.

Die dauern schon mal sieben Stunden und umkreisen endlos ein Thema.

Bötsch: Es gibt schon so Momente, wo jemand sehr lange redet und man denkt, warum tue ich mir das an? Aber meistens ist die Arbeit konstruktiv und man bewirkt etwas.

Kolbow: Deshalb habe ich ja auch kandidiert. Ich will vor allem im Jugend- und Sozialbereich etwas bewegen. Aber gespannt, wie das jetzt in der Realität ist, bin ich schon.

Bötsch: Ich denke, Du kannst gerade in diesen Bereichen schon viel bewegen und siehst dann direkt Ergebnisse. Das ist ja das Schöne an der Kommunalpolitik. Auch Menschen, die mit ihren Problemen kommen, kann man häufig helfen. Nur muss man sich halt für sein Anliegen immer eine Mehrheit suchen, was anstrengend sein kann.

Wie Politik funktioniert, haben Sie beide doch schon als Kind gelernt.

Kolbow: Klar, den ersten Bundestagswahlkampf meines Vaters habe ich in der Windel miterlebt. Ich habe keinen Schaden davon getragen. Aber wenn ich jetzt Bilder von Paul Lehrieder und seinen Kindern sehe, denke ich, dass ich mich als Vater da mehr zurücknehmen würde.

Bötsch: Wir waren als Kinder jeden Samstag und Sonntag im südlichen Landkreis auf Festen. Das ist nicht meine Vorstellung eines idealen Familienlebens, aber sonst hätte ich meinen Vater halt gar nicht gesehen.

KolboW: Klar. Unter der Woche war er ja nicht da.

Und am Wochenende ging es am Frühstückstisch um die große Bundespolitik?

Bötsch: Das war tatsächlich beherrschendes Thema. Aber wir durften schon auch was sagen.

Kolbow: Zum Frühstück wurden drei oder vier Zeitungen gelesen.

Bötsch: Die wild auseinander gepflückt wurden. Und im Urlaub waren immer Akten dabei.

Kolbow: Oder es wurden Urlaube abgebrochen.

Bötsch: Das gab es auch ein paar Mal. Alles wieder einpacken und wieder zurück.

Diese Erfahrungen halten sie aber nicht davon ab, selbst Politik zu machen.

Bötsch: Wenn ich jetzt so nachdenke . . . . Nein, es hat mich schon mehr fasziniert und interessiert als abgeschreckt. Wobei ich eher zufällig mit 14 in die Politik gerutscht bin. Sportlich bin ich leider nicht, eine Jugendarbeit gab es in unserer Gemeinde auch nicht, also ging ich halt zur Jungen Union.

Kolbow: Bei mir war das umgekehrt. Ich habe mich da bis vor kurzen eher rausgehalten und erst über mein Engagement im Jugendbereich begonnen, mir Gedanken über Politik zu machen.

Sie stehen gerne in der Öffentlichkeit?

Bötsch: Weniger, wenn öffentlich über einen diskutiert wird. Dass ich so viele Menschen kennen lerne ist dagegen positiv. Ich habe seit den letzten Jahren das Gefühl, ich kenne die Stadt besser und habe einen anderen Bezug dazu.

Kolbow: Das ging mir schon im Wahlkampf so. Plötzlich haben mich unwahrscheinlich viele Leute angesprochen. Das ist schon spannend.

Dass Sie beide auf Anhieb in den Stadtrat gekommen sind, verdanken Sie Ihrem Namens-Bonus. Stört Sie die Prominenz auch manchmal?

Kolbow: Der Name bringt Vor- wie Nachteile. Er prägt das Leben und man lernt, sich zu arrangieren. Klar gehen einige davon aus, dass ich der politische Zögling meines Vaters bin.

Bötsch: Oder erwarten, dass ich alles lieb und brav mitmache.

Kolbow: Dass Du ein eigenes Profil entwickelt hast, zeigt Dein gutes Wahlergebnis. Beim zweiten Mal bewirkt der Name nicht mehr so viel.

Das Bedürfnis sich von Ihren Vätern durch eine gegensätzliche politische Meinung abzugrenzen, hatten Sie nie?

Bötsch: Dafür war bei uns mein Bruder zuständig. Der hat mal mit den Grünen geliebäugelt. Bei mir gab es eher Phasen, in denen ich nichts mit Politik zu tun haben wollte.

Kolbow: Ich überlege gerade, ob es da mal was gab.

Bötsch: Warst Du etwa insgeheim mal CSU'ler?

Kolbow: Nee, da muss ich dich enttäuschen. Ich hatte natürlich inhaltliche Diskussionen mit meinem Vater. Aber völlig gegenläufig waren unsere Haltungen nie.

Bötsch: Man wird natürlich auch einseitig informiert.

Kolbow: Und mit guten Argumenten überzeugt.

Bötsch: Klar. Als Jugendlicher musste man sich warm anziehen, wenn man da Gegenwind bieten wollte.

Fragen Sie Ihre Väter um Rat?

Bötsch: Eher weniger. Wertvoll sind seine Erfahrungen aber manchmal schon – er ist halt ein Profi.

Kolbow: Ich hab ihn im Wahlkampf schon als Berater genutzt.

Bötsch: Das habe ich nicht. Die Gefahr auf die Tochterrolle reduziert zu werden, war mir zu groß.

Gibt er denn ungebetene Ratschläge?

Bötsch: Nein, die will ich nicht und dazu ist er auch nicht der Typ.

Vom Würzburger Stadtrat aus sind Ihre Väter in den Bundestag gezogen. Wollen Sie Ihnen auch dahin folgen?

Bötsch: Das strebe ich nicht an.

Kolbow: Ich auch nicht direkt. Aber generell sage ich mal: Politische Karrieren kann man nicht planen.

 
 
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