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WÜRZBURG
Christian Zübert über seinen neuen Film "Ein Atem"
Christian Zübert
Foto: SENATOR FILM | Christian Zübert
Michael Freund
 |  aktualisiert: 03.02.2016 03:33 Uhr

Was haben die Luxusprobleme deutscher „Rabenmütter“ mit den existenziellen Ängsten griechischer Arbeitslosen zu tun? Der gebürtige Würzburger Christian Zübert gibt die Antwort in seinem neuesten Film „Ein Atem“. Am Donnerstag ist das Drama in den deutschen Kinos angelaufen. Das Drehbuch hat der in Berlin lebende Regie-Autodidakt zusammen mit seiner Frau geschrieben – und jede Menge seiner eigenen Lebenserfahrungen hineingepackt. Am Wochenende kommt der 42-Jährige in die alte Heimat.

Ihr Erstlingswerk „Lammbock“ spielte in ihrem Geburtsort Würzburg und kam 2002 in die Kinos. Erinnern Sie sich?

Christian Zübert: Ja, die Handlung spielt in Würzburg, aber wir haben kaum dort gedreht. Zum Beispiel eine Szene, in der ein Auto über die Alte Mainbrücke fährt. Die Würzburger haben damals gleich gesagt, als sie das im Kino sahen: Unrealistisch! Die meisten anderen Szenen sind in Köln entstanden.

Ein erfolgreicher Einstieg ins Filmgeschäft!

Zübert: Ja. Der Film ist beim Publikum und der Kritik sehr gut angekommen. Davor hatte ich lediglich ein paar kleine Kurzfilme, eher Versuche gedreht. Ich bin Regie-Quereinsteiger. Ich hab mit dem Drehbuchschreiben angefangen, das Filmemachen war eher Learning by Doing. Der Erfolg von Lammbock hat einen natürlich bestärkt, weiterzumachen, und ich hatte damit auch schon einen Fuß in der Tür.

Wie ging's weiter?

Zübert: 2004 habe ich einen Kinderfilm gemacht: „Der Schatz der weißen Falken“, den wir auch in Franken gedreht haben, in der fränkischen Schweiz damals. Dann folgten erst wieder einige Drehbücher unter anderem für „Mädchen, Mädchen“ und „Rote Zora“, dann die Regie für den München-Tatort „Nie wieder frei sein“ 2010. Da durfte ich dann das Drama „Dreiviertelmond“ mit Elmar Wepper realisieren, übrigens in Nürnberg gedreht, 2014 schließlich „Hin und Weg“ mit Florian David Fitz in der Hauptrolle.

Sie haben also durchaus viel in Franken gedreht?

Zübert: Das kommt auch daher, dass ich in meinen Geschichten viel Autobiografisches erzähle.

Sie sprechen aber nicht fränkisch?

Zübert: Ich habe es mir ein wenig abgewöhnt, nachdem ich schon seit Jahren in Berlin wohne und ich mich dort sehr heimisch fühle.

Dort entstand auch die Idee für den Film „Ein Atem“?

Zübert Ja, Anregung war schon meine eigene Lebenssituation, dass wir selber Kinder haben und ich oft beobachte, wie Mütter mit ihrem Muttersein kämpfen. Das hat mich zu dem Film inspiriert.

Was ist das Problem am Muttersein?

Zübert: Für viele Frauen ist Muttersein heute eine riesige Herausforderung. Auch weil die Gesellschaft sehr viel mehr von den Müttern fordert als früher. Wenn Mütter zum Beispiel arbeiten gehen wollen, gelten sie schon als Rabenmutter. Dabei kann man das gar nicht pauschal sagen. Der Punkt ist, wie man als Mensch ist und ob das Familienleben an sich in Ordnung ist – nicht, ob Kinder zu viel in der Krippe sind.

Wie ist das bei Ihnen? Ganz ehrlich?

Zübert: Ich lieb die Kinder über alles, aber das alleine würde mir nicht reichen. Ich brauche auch meine Arbeit, meine Bestätigung woanders. Und ich weiß nicht, warum das Frauen nicht haben sollen.

Im neuen Film sind zwei Frauen gegenübergestellt.

Zübert: In „Ein Atem“ spielt nicht nur die klassische Rollenaufteilung Mutter/Vater eine Rolle. Mich hat auch die Geschichte arm und reich interessiert. Eine Frau mit existenziellen und eine andere mit Luxusproblemen. Gleichzeitig wollte ich den Zuschauern klar machen, dass auch Luxusprobleme, wenn nicht existenziell entscheidend, aber doch psychisch sehr belastend sein können. Der Film hat einen krassen Perspektivwechsel in der Mitte: Die Deutsche erscheint ja zunächst wie eine überbeschissene Helikoptermutter.

Bis sich das durch die zweite Darstellerin, das griechische Kindermädchen sehr schnell relativiert.

Zübert: Ja, da merkt man plötzlich, hey, auch die deutsche Mama hat echt richtige Probleme, auch wenn sie immer genug zu Essen und ne schöne Wohnung hat. Sie hat es trotzdem nicht leicht im Leben. Dies gegenüberzustellen hat mich gereizt.

Wie einfach war es, das Buch an den Mann zu bringen?

Zübert: Wir haben das Glück, dass wir etliche Senderanstalten haben, die den Kulturauftrag ernst nehmen und nicht nur hyperkommerzielle Sachen machen. Wenn du erst einmal einen Fernsehsender hast, der mitfinanziert, ist auch eine Förderung und Verleih leichter.

Haben Sie noch Bezug zur Heimat?

Zübert: Immer weniger muss ich gestehen. Ich bin jetzt schon seit 20 Jahren weg aus Würzburg. Wenn man seine eigene Familie gründet, dann schlägt man Wurzeln in der neuen Stadt. Aber meine Mutter wohnt noch hier und ich bin immer noch sehr gern da.

Regisseur live im Kino: Christian Zübert kommt am Sonntag, 31. Januar, ins Cineworld im Mainfrankenpark und erzählt nach der 16-Uhr-Vorstellung von den Dreharbeiten. Am Montag, 1. Februar, stellt er um 19 Uhr im Ochsenfurter Casablanca den Film vor.

 
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