
Die Schweinfurter Künstlerin Christa Nothtroff stellte vor sechs Jahren im Spitäle ihre Visualisierungen zu Haruki Murakamis Roman "Kafka am Strand" vor. Derweil beschäftigte sie sich schon mit dem nächsten Buch: Lewis Carrolls surrealistischem Kinderbuch-Klassiker "Alice im Wunderland".
Die linke Ausstellungswand zeugt von einer Auseinandersetzung. Im Vergleich zur letzten schreiend bunten Hollywood-Adaption und vielen anderen Alice-Artefakten sind diese Serien farblich gedeckt und still. Man muss die literarische Vorlage nicht genau kennen, um mit den Bildern etwas anfangen zu können.
Da Nothtroff Texte als grafische Elemente verwendet, rufen die Kleinformate bei vielen Betrachtern sicher wenigstens Assoziationen auf. Vom weißen Kaninchen, dem Hutmacher und den Zeitstrudeln, in die das kleine Mädchen Alice gerät, hat wohl fast jeder schon gehört. Eine kurze schriftliche Einführung klebt am Sockel der Materialcollage über die psychedelische Teegesellschaft. An den Sonntagen und einigen Samstagsstunden ist die Künstlerin anwesend und erzählt von Lewis Carrolls Philosophie und Bildsprache.
Nothtroff nahm ihre Wonderland-Werkreihe zum Anlass für einen Ausflug in das weitere Wunderland ihrer Kunst. Gegenüber, also an der rechten Wand des früheren Kirchenschiffs, hängen Werke, die zumindest formal zu den Alice-Erkundungen passen. Das heißt: Das Zentralbild hier könnte den Spiegel darstellen, hinter den das englische Mädchen im zweiten Buchband gerät.
Ein weiteres Leitmotiv sind die Materialcollagen – vor ein paar Jahren war dafür einmal der Begriff Bricolage in der Kunstkritik aktuell – auf Basis alter Schallplatten. Die sind neben einigen abstrakten Expressionismen auf der Empore die farbenfreudigsten Ausstellungsstücke aus Christa Nothtroffs Wunderland. Der Gastkünstler Anand Anders ging mit dem Objektiv an dieser Kleinplastiken heran und steuert nun prächtige, sehr standfest erscheinende Fotografien dieser fragilen Arbeiten bei.
Es empfiehlt sich übrigens wirklich, alles von links vorn an im Uhrzeigersinn zu betrachten. Dann gehen dem Besucher auch die Korrespondenzen im Raum am leichtesten auf, etwa durch ein Vorherrschen des Zeichnerischen auf einigen Exponaten, aber auch dank Farbe. Auf der Empore gibt es ein schönes Finale, parallel zu Hunter S. Thompsons Carroll-Anspielungen in seinem Roman "Furcht und Schrecken in Las Vegas" (der Held wünscht sich einen Tod durch Stromschlag zum Schlussakkord des Jefferson-Airplane-Songs "White Rabbit"). Nach diesem bunten Schlusspunkt folgt unter der Empore eine weitere Reihe mit Anders’ Fotostudien auf Schallplatten als Ausklang – Ausklang im faktischen Wortsinn.
Die Ausstellung ist bis zum 27. März, Dienstag bis Sonntag, von 13 bis 18 Uhr zu sehen.