Die ersten sieben Jahre noch mit Pferdeantrieb, seit 1899 elektrisch: 125 Jahre gibt es sie inzwischen, die Würzburger Straßenbahn. Grund genug für die Interessengemeinschaft Würzburger Straßenbahn (IWS), das Straba-Jubiläum und den eigenen 40. Geburtstag mit einer ÖPNV-Tagung im Casino der Würzburger Versorgungs- und Verkehrs- GmbH (WVV) zu feiern. Im Mittelpunkt der Veranstaltung: Der Appell zum Ausbau der „schienengebundenen Elektromobilität“.
Leistungsfähigkeit der Straßenbahn
„Wir hoffen, dass durch den von der Politik propagierten Verkehrswandel hin zur E-Mobilität auch ein Mehr an ÖPNV möglich wird“, betonte Bernd Karl von der Würzburger Straßenbahn GmbH (WSB). Nach dem Dieselskandal und aufgrund drohender Fahrverbote für Dieselfahrzeuge in deutschen Großstädten ist die Elektromobilität in aller Munde - laut Karl wird dabei die bereits seit über hundert Jahren erfolgreich praktizierte Form allerdings so gut wie immer vergessen: „Beim Verkehrswandel kann auf die Leistungsfähigkeit der Straßenbahn nicht verzichtet werden.“ Um den Anteil des ÖPNV in den Innenstädten zu erhöhen, müsse von der öffentlichen Hand „massiv in die Infrastruktur und den Ausbau der Angebote investiert werden“.
Vorhandene Angebote seien zu Spitzenzeiten bereits komplett ausgelastet, es gebe keine Möglichkeiten zur Nachbesserung mehr - die überfüllten Busse zur Uni am Hubland lassen grüßen. Die derzeitige politische Stimmung „wird von uns als Chance für den Fortbestand und den Ausbau der Straßenbahn wahrgenommen, die so groß ist wie nie zuvor“, betonte Karl. Das gilt im Besonderen für die geplante neue Straßenbahnlinie vom Hauptbahnhof durch das Frauenland zum neuen Stadtteil Hubland. Um solche großen Investitionen zu stemmen, „brauchen wir als Verkehrsbetriebe die Unterstützung der Politik, eine langfristige Planbarkeit und eine Zweckbindung der in Aussicht gestellten Mittel“, so Karl.
2,5 Millionen Kilometer Mindestlaufleistung
In welchen Zeiträumen die WSB bei der Straßenbahn denken und planen muss, wird am Beispiel der Anschaffung einer neuen Straba-Flotte deutlich: Die Fahrzeuge sind auf eine Lebensdauer von mindestens 30 Jahren und eine Mindestlaufleistung von 2,5 Millionen Kilometern ausgelegt. Nach der Zustimmung durch den Stadtrat und die Aufsichtsräte der WVV und der WSB könnte im kommenden Frühjahr die europaweite Ausschreibung und ein Jahr später die Auftragsvergabe erfolgen.
Dann könnte die neue Flotte in der ersten Jahreshälfte 2022 komplett im Einsatz sein.
Dass einige der neuen Fahrzeuge dann bereits als Linie 2 und 3 auf der 5,2 Kilometer langen Neubaustrecke vom Bahnhof zum Hubland unterwegs sein werden, ist eher unwahrscheinlich. Untersucht und geplant wird die so genannte „Linie 6“ inzwischen seit ziemlich genau zehn Jahren. Mit dem Planfeststellungsbeschluss - die Erörterung der Einwendungen durch Träger öffentlicher Belange und Privatpersonen findet bekanntlich vom 11. bis zum 15. Dezember im Ratssaal statt - rechnet Bernd Karl frühestens in der zweiten Jahreshälfte 2018, auch die Finanzierung des Projekts ist immer noch völlig ungeklärt.
Neue Omnibuslinie 29 fürs Hubland
Das Hubland wird ab Beginn der Landesgartenschau 2018 zunächst mit der neuen Omnibuslinie 29 erschlossen, dafür werden zwei neue Gelenkbusse angeschafft.
Besser sieht es mit der Verlängerung der Straba-Linien 1 und 5 über 1,3 Kilometer bis zu einer Endhaltestelle oberhalb des ZIM und ZOM der Uniklinik in Grombühl aus - Karl rechnet mit einem Abschluss des rund 28 Millionen Euro teuren Projekts etwa im Jahr 2023.
Zu den weiteren Planungsvorhaben der WSB gehören der barrierefreie Umbau der Endhaltestelle „Bürgerbräu“ in der Zellerau mit einer Umkehr der Fahrtrichtung beim Befahren der Wendeschleife - die Planunterlagen liegen derzeit zur Prüfung bei der Regierung von Unterfranken. Für den barrierefreien Umbau der Haltestelle “Königsberger Straße“ in der Sanderau inklusive einer neuen Bushaltestelle werden gerade die Pläne zur Vorlage bei der Regierung erarbeitet. Und dann steht etwas weiter unten auf der aktuellen To-Do-Liste der WSB auch noch die Umgestaltung und Modernisierung der Straba-Haltestellen am Hauptbahnhof und die Änderung der Verkehrsführung zwischen Bahnhof und Berliner Ring.
Bernd Karls Appell an die politisch Verantwortlichen: „Bund und Länder sind gefordert, die nötigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Wenn nicht jetzt, wann dann?“