Auf den ersten Blick fällt es nicht groß auf, das Gebäude im Blockhausstil im Waldkugelweg in Würzburg. "Die Besonderheit des Café Perspektive ist von außen nicht sichtbar", sagt Michael Urbas. Er ist Leiter des Bereichs Sozialpsychiatrie des BRK Würzburg und weiß, was das Besondere an dem Lokal ist: die Geschichten der Beschäftigten. Sie machten das Café einzigartig. "Hier sind Menschen tätig, bei denen sich die Seele quergestellt hat", sagt Urbas.
Das Konzept bestehe darin, psychisch belasteten Menschen die Möglichkeit eines gesünderen Alltags zu bieten und weitere Belastungen möglichst zu vermeiden. Zugleich sei es wichtig, den Menschen einen Grund zu geben, morgens aufzustehen. Die Tätigkeit im Café sei so auch eine Unterstützung, einen Rhythmus zu finden. "Wenn ohne Arbeit die Perspektive fehlt, dann ist das nicht gesund", sagt Urbas und betont zugleich: "Einen schlechten Tag darf man hier auch haben." Man könne dann einfach aussteigen und sich in passende Räumlichkeiten zurückziehen.
Café entstand mit viel ehrenamtlicher Arbeit
Das Café Perspektive besteht nun schon seit 20 Jahren. Reinhold Weißenseel ist Mitglied im Vorstand des Vereins Perspektive und seit der Gründung dabei. Die Idee zum Café sei entstanden, als das Tennis-Center, das bis dahin eine Einkehr nach dem Besuch auf dem Waldfriedhof ermöglicht hatte, geschlossen wurde. Durch Spenden, besonders durch den Spendensammler Erich Beck und anderweitige Unterstützung, "konnte das Gebäude im Prinzip zum Materialpreis entstehen", sagt Weißenseel. Viele Arbeiten seien ehrenamtlich gemacht worden. Im Oktober 2004 wurde das Café schließlich eröffnet.
Im Café Perspektive sind derzeit neun Menschen im so genannten Zuverdienst tätig, dazu kommen noch zwei Festangestellte sowie zwei Hauptamtliche und zwei Aushilfen. Die Menschen im Zuverdienst seien hier für maximal drei Stunden pro Tag tätig, pro Woche dürfe ein Maximum von 15 Stunden nicht überschritten werden, erläutert Michael Urbas. Grundsätzlich sei es das Ziel, die Menschen auf den ersten Arbeitsmarkt zurückzuführen.
Tätigkeit wird flexibel an die Fähigkeiten angepasst
Generell werde der Fokus nicht darauf gelegt, was den jeweiligen Menschen einschränkt, sondern darauf, welche Kompetenzen und Ressourcen jemand mitbringe, betont Urbas. Auf dem ersten Arbeitsmarkt gelte es, eine Stelle zu besetzen und eine Anforderung zu erfüllen. Im Café Perspektive soll die Tätigkeit flexibel auf die Fähigkeiten der Mitarbeitenden angepasst werden, erklärt er weiter. Die Wertschätzung und Anerkennung jeder Arbeit sei außerdem von besonderer Bedeutung.
Unterstützt werden die Mitarbeitenden von den beiden Hauptamtlichen: Küchenchef Thomas Karg und Sybille Ludewig-Pechtl im Service. "Sie ist die Leiterin der Zuverdienstbetriebe und hat am ersten Tag hier die Tür aufgesperrt", sagt BRK-Vertreter Stefan Krüger über Ludewig-Pechtl. Als gelernte Restaurantfachfrau und studierte Sozialpädagogin verfüge sie über eine sehr gut passende Doppelqualifikation.
Wie zwei Beschäftigte ihre Arbeit empfinden
Eine der Mitarbeitenden im Café ist Andrea F. (Name geändert). Sie ist bereits im Rentenalter und seit 2013 im Service des Cafés tätig. Besonders gefällt ihr die Zusammenarbeit mit den Kollegen, aber auch die Stelle – und dass man nicht so unter Druck stehe wie am ersten Arbeitsmarkt. "Man kann auch einfach mal krank sein, ohne schlechtes Gewissen, und bekommt hier auch sehr viel Verständnis dafür." Als Bedienung zu arbeiten sei zudem "schon immer ihr Ding" gewesen. Andrea F. findet es außerdem schön, vermittelt zu bekommen, dass man gebraucht wird.
Felix M. (Name geändert) ist froh, dass er festangestellt ist. Schon seit 2004 ist er in der Küche des Cafés tätig. Er genießt an seiner Arbeit als Koch besonders die Kreativität und findet es gut, dass jeder Tag neue Aufgaben bringt. Im Café gelte keine strenge Hierarchie und es werde viel Wert auf Verständnis und Rücksichtnahme gelegt, beschreibt Felix M. die Vorzüge seines Arbeitsplatzes. Er leide an Depressionen und Epilepsie, was ihm eine Arbeit auf dem ersten Arbeitsmarkt stark erschweren würde. "Im Café Perspektive muss man sich nicht verstellen und die Arbeit ist sehr entschleunigt", sagt er.
Für die Zukunft hofft Michael Urbas darauf, dass die Finanzierung weiterhin gesichert werden kann. Das Café, das neuerdings auch Catering anbietet, sei "ein wichtiges Angebot, nicht nur für die Menschen, die hier arbeiten, sondern insgesamt für die Gastrolandschaft".