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Würzburg
Bundeswehr vor Gericht: Junge Zeitsoldatin klagt gegen ihre Ablehnung als Berufssoldatin
Ihre Autoimmunkrankheit hat eine Soldatin bislang gut unter Kontrolle. Doch die Bundeswehr will sie nicht auf Lebenszeit verpflichten. Ein Fall für das Verwaltungsgericht.
Die Bundeswehr will eine Zeitsoldatin nicht auf Lebenszeit übernehmen. Dagegen klagt die Frau vor dem Würzburger Verwaltungsgericht (Symbolbild).
Foto: Robert Michael | Die Bundeswehr will eine Zeitsoldatin nicht auf Lebenszeit übernehmen. Dagegen klagt die Frau vor dem Würzburger Verwaltungsgericht (Symbolbild).
Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 08.08.2024 02:44 Uhr

Von der Sorte Soldatinnen bräuchte die Bundeswehr eigentlich mehr, meint sogar eine hohe Vorgesetzte im Generalsrang. In Uniform steht die Soldatin aus Unterfranken, die Hauptfeldwebel ist, vor fünf Richtern des Verwaltungsgerichts Würzburg - und klagt. 

Sie ist Zeitsoldatin - offenbar eine gute, ihre Dienstzeit ist auf 20 Jahre verlängert worden. Jetzt will sie Berufssoldatin werden. Aber ihr Dienstherr will sie nicht auf Lebenszeit verpflichten - trotz der Nachwuchssorgen der Bundeswehr, die Soldaten und Soldatinnen sucht.

Bundeswehr: Zeitsoldatin ja, Berufssoldatin nein

Für die Bundeswehr ist ein Major aus der Personalabteilung bei der Verhandlung am Verwaltungsgericht: "Wir brauchen gute Soldaten, und die Frau Hauptfeldwebel scheint ein guter Soldat zu sein", sagt er. Doch die junge Frau soll die Uniform ablegen - bevor sie möglicherweise dienstunfähig wird.  

Der Hintergrund: Die junge Frau hat eine Autoimmunkrankheit. Durch gute ärztliche Betreuung kann sie die chronisch-entzündliche Darmerkrankung unter Kontrolle halten. Aber wie lange? Und wie lange kann sie damit ein normales Berufsleben führen?

Die Vorgesetzten haben Zweifel. Zwar hinderte die Erkrankung die hoch spezialisierte Soldatin im Rettungsdienst bislang auch nicht an einem Auslandseinsatz. Doch die Bundeswehr befürchtet, dass sie nicht bis zur Pensionierung einsatzfähig bleiben würde, sollte die Erkrankung ausbrechen. 

Der Bundeswehr fehlt ausgerechnet im Mittelbau Nachwuchs

Das Dilemma könnte den fünf Würzburger Verwaltungsrichtern gar nicht deutlicher vor Augen geführt werden. Gerade hat sich die höchste Vorgesetzte des Majors, Generalstabsarzt Dr. Nicole Schilling, dazu geäußert. Bis zum Jahr 2031 soll die Zahl der Soldatinnen und Soldaten von aktuell 181.000 auf 203.000 erhöht werden. Doch die Entwicklung stagniert. "Die große Herausforderung ist der Mittelbau", sagt die Vizepräsidentin des Bundesamtes für Personalmanagement der Bundeswehr in Köln. Es fehle an Nachwuchs für die Laufbahnen der Unteroffiziere und Feldwebel.

Doch im konkreten Fall hatte die Bundeswehr den Antrag auf Übernahme als Berufssoldat abgelehnt.  Ihre Beschwerde dagegen lehnte der Dienstherr mit einem Bescheid auch ab. Begründung: Das Krankheitsbild lasse nach allgemeiner Erfahrung erwarten, dass eine erkrankte Person nicht bis zur Pensionierung einsatzbereit bleibt. 

Verwaltungsgericht Würzburg: Ablehnung war zu pauschal 

"Es fehlt jede individuelle Betrachtung", kritisiert die Anwältin der Klägerin. Ohne auf den individuellen Gesundheitszustand einzugehen, sei der Bescheid zu pauschal, stellt auch das Verwaltungsgericht Würzburg fest. "Ich habe noch selten einen Beschwerde-Bescheid gesehen, der so wenig Inhalt hat", rügt ein Richter mit 35 Jahren Berufserfahrung.

Eine Entscheidung, ob die Bundeswehr den Fall sorgfältiger prüfen muss oder ob die Klägerin doch  Berufssoldatin werden kann, steht aus. Der Vorsitzende Richter machte der Klägerin jedoch bereits klar: "Ihre Chancen, Berufssoldat zu werden, sind nicht groß."

 
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  • Johannes Metzger
    Mit: „no man behind“, ist sicher was anderes gemeint liebe Bundeswehr.
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  • Georg Wohlfart-Mitznegg
    Solch einem Dienstherren gegenüber sollte man nicht zu loyal sein.
    Wie kann man denn ernsthaft für ein Land Militärarbeit verrichten wollen, welches derartig diskriminierend und verantwortungslos mit seinen Mitarbeiter* Innen umgeht?
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  • Walther Prinz
    Das hat mit Diskriminierung und Verantwortungslosigkeit nichts zu tun. Das Soldaten- und das Beamtenrecht sehen vor der Lebenszeitanstellung eine Untersuchung vor, die einschätzen soll, ob der Kandidat / die Kandidatin bis zur Pensionierung die Tätigkeit ausüben kann. Das hat vor allem damit zu tun, dass Soldaten / Beamte im Krankheitsfall und im Fall der Erwerbsunfähigkeit eine sehr gute Versorgung erhalten. Da will man natürlich vermeiden, Leute einzustellen, bei denen es absehbar ist, dass sie ihre Tätigkeit nicht bis zur Pensionierung ausüben können, denn entlassen, wie es bei einem Angestelltenverhältnis möglich wäre, kann man sie ja nicht mehr.
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  • Johannes Metzger
    Ein umfangreicher Gesundheitscheck findet auch bei SaZ vor der Einstellung statt. Also muß sich die Soldatin die Krankheit während der Dienstzeit zugezogen haben. Jetzt wird die Frau nach 20 Jahren entlassen. Die Kosten übernehmen dann die Versicherten der Krankenversicherungen und Rentenversicherung. Warum sich die BW jetzt ihrer Verantwortung jetzt vollzieht ist nicht nachzuvollziehen. Zumal die Soldatin, wie man liest, hervorragende Beurteilungen hat.
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  • Johannes Metzger
    Das klingt stark nach: "der Mohr hat seine Schuldigkeit getan, der Mohr kann gehen"
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  • Walther Prinz
    Nein, das sind ganz normale Anforderungen aus dem Soldaten-/Beamtenrecht. Bei einem Angestellten, der krank oder erwerbsunfähig wird, übernehmen ab einem bestimmten Zeitpunkt die Krankenversicherung oder die Rentenversicherung die Kosten. Bei Beamten oder Berufssoldaten müsste der Staat das selbst tun, da sie nicht entlassen werden können. Zudem erhalten sie eine sehr gute Versorgung.
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  • Dietmar Eberth
    Nicht mit einer Wehrpflicht bekommt man "willige" Soldaten, sondern mit besseren Arbeitsbedingungen. Das gilt auch für die Bundeswehr.
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  • Andreas Majer
    So gesehen ein Witz, Gesund genug um 20 Jahre SAZ zu sein, aber zu Krank um BS zu werden.
    Ich habe einige ehemlaige BS im Bekanntenkreis, die mit max 55 in Pension gingen, wo ist das Problem? im zivilen Leben wäre sie angestellt und wenn da jemand MC hat, wird er auch nicht einfach gekündigt, aber Typisch Bund
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  • Walther Prinz
    Das sind ganz normale Anforderungen aus dem Soldaten-/Beamtenrecht. Wer einmal als Soldat/Beamter auf Lebenszeit in ein Amt berufen wird, kann nicht mehr entlassen werden. Im Krankheitsfall oder bei vorzeitiger Dienstunfähigkeit erhalten beide eine sehr gute Versorgung. Daher ist zB auch vor der Lebenszeitanstellung eine Untersuchung vorgeschrieben. Ich gehe davon aus, dass die Soldatin gute Chancen hätte, bei der Bundeswehr in ein unbefristetes Angestelltenverhältnis zu kommen, nur für eine Übernahme als Berufssoldatin sieht es halt schlecht aus.
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