Für viele der etwa 150 anwesenden Bürgerinnen und Bürger gab es bei der Bürgerversammlung in Lengfeld nur ein Thema: Das geplante Baugebiet an der Carl-Orff-Straße stand im Mittelpunkt der Kritik. Die Versammlung hat sich mit großer Mehrheit dafür ausgesprochen, die geplante Wohnbebauung zu streichen und nur die Schule und den Kindergarten zu erweitern. Dieser Antrag muss nun innerhalb von zwei Monaten im Stadtrat auf die Tagesordnung.
Das Interesse an der Entwicklung auf dem Ackerland zwischen Carl-Orff- und Georg-Engel-Straße war so groß, dass der Punkt in der wegen Sparmaßnahmen 19 Grad kühlen Kürnachtalhalle vorgezogen wurde – andere Themen wie die Umgestaltung des alten Feuerwehrhauses oder Informationen über die Folgen der Energiekrise und eine mögliche Gasmangellage rutschten ans Ende der Tagesordnung und sorgten kaum für Diskussionen.
Das war in den ersten 90 Minuten der Veranstaltung ganz anders: Während die Lengfelder gegen das Neubaugebiet "22B" mit Geschosswohnungsbau am Handelshof nichts einzuwenden hatten, wurden die geplanten rund 220 neuen Wohneinheiten an der Carl-Orff-Straße mehrheitlich abgelehnt.
Bis zu 1300 KfZ-Fahrten pro Tag mehr prognostiziert
Burkard Pfrenzinger, unter anderem als Ehrensitzungspräsident der KaGe Elferrat bekannt, fasste zusammen, was wohl die meisten direkt betroffenen Bewohnerinnen und Bewohner des Lengfelder Altorts und aus dem Pilziggrund denken: "Ich wehre mich gegen diese massive Bebauung und dagegen, dass wir dadurch noch mehr Verkehr bekommen." Bereits jetzt sei die Belastung durch den Verkehr zu hoch, so Pfrenzinger. Nach Berechnungen von Verkehrsexperten würden durch das neue Baugebiet bis zu 1300 KfZ-Fahrten pro Tag dazu kommen.
Der Stadtrat befasste sich zuletzt im Januar mit dem Thema, zu diesem Zeitpunkt hatte die Stadt etwa die Hälfte der Grundstücke erworben, um sie nach der Erschließung des Baugebiets an Bauwerber zu verkaufen. Kämmerer Robert Scheller sprach damals von einer Liste mit mehr als 300 Interessenten für ein Baugrundstück in Lengfeld.
Der zuständige Ausschuss für Planung, Umwelt und Mobilität (Puma) beschloss mit knapper Mehrheit, den Rahmenplan für das Baugebiet zu ändern – vorgesehen ist jetzt ein Durchstich für den Bus- und Individualverkehr zur Georg-Engel-Straße. Durch die geänderte Straßenführung ist wieder offen, wie der KfZ- und Linienbusverkehr durch den engen Altort abgewickelt werden soll.
Versammlung auch gegen vom Ausschuss beschlossenen Durchstich
Geht es nach der großen Mehrheit der Bürgerversammlung, dann ändert sich künftig nicht viel: Allenfalls eine Erweiterung von Schule und Kindergarten und eine Wohnanlage für Senioren dürfen entstehen – so der Inhalt des Antrags, den Burkard Pfrenzinger formulierte und der eine sehr deutliche Mehrheit fand. Auch die vom Puma beschlossene Stichstraße soll es nicht geben.
Ein Lengfelder hatte mit dem Satz "Wehret den Anfängen" zusätzlich beantragt, alles so zu belassen, wie es jetzt ist, also auch Schule und Kindertagesstätte nicht zu erweitern. Das wurde von der Versammlung einstimmig abgelehnt.
Ein anderer Bürger schlug vor, die Probleme dadurch zu lösen, dass kleinere Verbindungen in mehrere Richtungen durch den Ausbau von Wirtschaftswegen und eine Anbindung an das Gewerbegebiet am Friedrich-Bergius-Ring geschaffen werden. Nachdem die Abstimmung über diesen Antrag nicht eindeutig ausfiel, kündigte Oberbürgermeister Christian Schuchardt an, den Vorschlag selbst in den Stadtrat einzubringen.
Der OB hatte zuvor betont, dass auch ohne neues Baugebiet eine Verbindung des Altorts über die Carl-Orff-Straße an die Stauferstraße denkbar sei, um den Busverkehr zu verbessern. Bei der nächsten Stufe des "Busnetz +" werde es auch in Lengfeld um "eine ordentliche Taktung und vernünftige Umsteigebeziehungen" gehen, kündigte WVV-Geschäftsführer Thomas Schäfer an.