Um kurz nach halb sieben brandet am Sonntagabend Jubel im Würzburger Ratssaal auf und Vertreter der Umwelt- und Gesundheitsinitiative Würzburg-Tunnel fallen sich um den Hals: Beim Bürgerentscheid zum A 3-Ausbau votierten 11,95 Prozent der stimmberechtigten Würzburger für eine Umplanung mit einem Tunnel unter dem Heuchelhof. Das für einen gültigen Entscheid nötige Zustimmungsquorum von zehn Prozent wurde geschafft. Mit Nein votierten 5,55 Prozent der Bürger. Insgesamt beteiligten sich 18 000 der rund 103 000 Berechtigten an dem Bürgerentscheid (17,57 Prozent).
Dessen Ergebnis ist ein Auftrag an die Stadt Würzburg, „sämtliche politischen und rechtlich zulässigen Maßnahmen“ zu ergreifen, um den Bund doch noch zu einem Tunnelbau zu bewegen. Dieser war vor Jahren ad acta gelegt worden. Stattdessen verständigte man sich mit der Stadt Würzburg auf einen Kompromiss, den so genannten Trog auf der bestehenden Trasse, mit abgesenkter und teilüberdachter Fahrbahn. So will ihn die Autobahndirektion auch weiterbauen, nachdem schon zehn Millionen Euro ausgegeben und Aufträge für 80 Millionen Euro vergeben seien. Spatenstich für die vorbereitenden Arbeiten war im September 2012. Die Bürgerinitiative, juristisch vertreten durch Rechtsanwalt Wolfgang Baumann, hat bis zuletzt einen Baustopp und eine Planänderung für möglich gehalten. Zentrales Argument: Die Kosten für den Trogbau hätten sich zwischenzeitlich gegenüber einem Tunnel derart erhöht, dass die Planfeststellung der Regierung und das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom März 2011 nicht mehr zu halten seien.
Genau dies fordern Baumann und die BI nun von der Stadt Würzburg: Sie solle bei der Regierung umgehend die Aufhebung der Planfeststellung beantragen. Sollte innerhalb von vier Wochen nichts passieren, müsste die Stadt nach Ansicht Baumanns einen Eilantrag beim Bundesverwaltungsgericht stellen.
OB Schuchardt: Juristen prüfen
OB die Stadt nun den Auftrag aus dem Bürgerentscheid so konkret umsetzt – darauf wollte sich Würzburgs neuer Oberbürgermeister Christian Schuchardt am Sonntagabend nicht festlegen. Zunächst wolle man Regierung und Autobahndirektion über das Ergebnis informieren. Dann würden Juristen im Rathaus und möglicherweise auch eine externe Kanzlei rechtliche Maßnahmen seitens der Stadt prüfen.„Darüber werden wir dem Stadtrat berichten, so Schuchardt, der gegen 18.45 Uhr persönlich im Wahlstudio im Ratssaal vorbeischaute und der Bi zu ihrem Erfolg gratulierte. Die Sache sei durchaus „eilbedürftig“, weil konkrete Baumaßnahmen an der A 3 laufen. Das Bürgerbegehren hatte aus Sicht des OB Erfolg, weil die Würzburger sensibler für die Belastung durch Verkehr und Feinstaub geworden seien. Rund ein Viertel aller Ja-Stimmen beim Entscheid kamen aus den direkt betroffenen Stadtteilen Heuchelhof und Heidingsfeld.
Während Schuchardt das Ergebnis nüchtern analysierte, herrschte bei den BI-Vertretern im Ratssaal noch Vorsicht ob des Quorums. Bei ausgezählten 72 von 78 Wahlbezirken war das Ziel aber fast erreicht, Hochstimmung kommt auf. „David gegen Goliath“, skandiert Neu-Stadträtin Christiane Kerner aufgeregt und kündigt an: „Mein Kampfgeist ist geweckt.“ Der Kampf bis zuletzt habe sich gelohnt. Noch am Samstag hatte die BI Flyer verteilt und versucht, über die sozialen Netzwerke und e-Mails zu mobilisieren.
„Die Mediziner haben es rausgerissen“, ist von der BI zu hören – gemeint ist eine Zeitungsanzeige Würzburger Medizin-Professoren für ein Ja beim Bürgerentscheid wegen des gesundheitsschädlichen Feinstaubs. Man habe mit belastbaren Argumenten für das Gemeinwohl gekämpft, bilanziert Dagmar Dewald. BI-Mitstreiterin Johanna Paul vermisst die inhaltliche Auseinandersetzung bei den Stadträten: „Die waren nicht zugänglich und haben das Gespräch mit uns verweigert.“
Zum Thema Feinstaub folgendes:
Der Feinstaub löst sich im Tunnel keineswegs auf, aber bleibt zumindest dort und gelangt nicht in unsere Atemluft.
Mit erprobter Technologie ist eine fast 100-prozentige Filterung der Schadstoffe möglich. Das ist Fakt. Die Kosten eines solchen Filtersystems belaufen sich auf ca. 4 Mio. € . Die laufenden Betriebskosten liegen unter denen, die z. B. für den Winterdienst einer offenen Autobahn notwendig wären.
Von Albert Einstein stammt das Zitat: "Probleme kann man niemals mit der Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind." Noch mehr neue Straßen bauen bzw. alte vertbreitern, um das Verkehrsproblem zu lösen? Alte Weisheit lautet: Neue Straßen machen neuen (Auto-)Verkehr (s. bspw. hier).
(Allerdings nur noch solange die Leute das Geld haben, ihren Sprit zu bezahlen bzw. "billig" zusammenschwarten im Niedriglohnland und dann tausende Kilometer transportieren noch ein rentables Geschäftsmodell ist... aber die Knete für den Bau ist dann ausgegeben und fehlt uns woanders.)
Zum Bürgerentscheid:
Wie früher bereits gesagt habe ich mit Nein gestimmt da ich immer noch folgendes denke (selbst wenn der juristische Fall einer Umplanung noch möglich wäre):
Eine riesige zeitliche Verzögerung bei Baustopp in derzeitiger Phase und Neuplanung (bzw. neuer Genehmigungsverfahren der vorgeblich bereits fertigen Pläne in der Schublade) wird den jetzigen Zustand des Stau-Nadelöhrs Heuchelhof auf sehr lange Sicht zementieren!
Und je länger ein solches Projekt dauert umso höher steigen die Kosten (die hier ja auch für den Tunnel nur sehr positiv geschätzt werden). Aber Argumente hin, Gegenargumente her - Die Mehrheit derer, die zur Abstimmung gegangen sind hat so entschieden.
Hier pflichte ich @Lonicerus im anderen thread bei und akzeptiere natürlich diese Entscheidung!
Wer gegen etwas ist sollte auch aktiv dagegen stimmen wenn schon diese Möglichkeit der Demokratie besteht!
MfG
Mal sehen, ob die werten Herrn und Damen ihre Grundstücke vergolden können.
Aber wenn der Tunnel unumstritten die Lösung, die mehr Vorteile bringt, wäre, gäbe es das ganze Hickhack wohl nicht.