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REGION OCHSENFURT
Bürger am Main ertragen das Hochwasser mit viel Gelassenheit und einer Prise Humor
„Petri Heil“, so grüßten die Menschen am Dienstag in Winterhausen. Mit Gelassenheit und Humor nahmen sie das hin, was nicht zu ändern war.
Reger Bootsverkehr: In Frickenhausen sind etliche Häuser nur noch per Boot zu erreichen.
Foto: HELMUT RIENECKER | Reger Bootsverkehr: In Frickenhausen sind etliche Häuser nur noch per Boot zu erreichen.
Von Helmut Rienecker, Wilma Wolf und Thomas Fritz
 |  aktualisiert: 07.11.2019 15:29 Uhr

Unterdessen steigen die braunen Fluten des Mains stetig weiter, erst vier Zentimeter in der Stunde, ab Mittag drei.

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Am Abend zuvor bereits hatten betroffene Anwohner sich gegen die Flutwelle gerüstet. Sven Roder, Eigentümer des Gasthauses „Zum Schiff“, kennt den Fluss und weiß, was zu tun ist. „Abdichten, leistungsfähige Pumpen aufstellen und testen, ob sie funktionieren“, sagt er gelassen.

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Langsam nimmt der Fluss die engen Gassen in Besitz, Schwäne schwimmen heran und riskieren einen Blick zu den geschäftigen Menschen. Aber langsamer als in den Jahren zuvor, nimmt das Hochwasser zu, sagt Hermann Braungardt und baut weiter an seinem Steg, der ihn trockenen Fußes aus dem Haus bringen soll. Das liege wohl am Ausbau des Mains. Ein Schlauchboot hat er auch in der Garage. Wie dem auch sei, meint er, „wenn's Wasser rein geht, geht's auch wieder raus.“

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Sven Roder jedenfalls hält im „Schiff“ die ganze Nacht Hochwasserwacht, seine Frau Ursula ist als Feuerwehrfrau mit anderen Kollegen im Dienst. Im Auftrag der Gemeinde wurde der Abwasserkanal zum Main hin verschlossen, sonst würden die Fluten in den Altort drücken, sagt Bürgermeister Wolfgang Mann.

Am Mittag hatte das Wasser dann auch die Gaststube erreicht. Ursula Roder bleibt gelassen, gerade hat sie ihrem Mann Verpflegung und Tabak für eine weitere Nacht gebracht. Der Teppichboden hat schon mal ein Hochwasser überlebt, der wird auch noch eins schaffen, schmunzelt sie.

Auch Christina Strauß von nebenan ist komplett von der Außenwelt abgeschnitten, nur über Telefon und Internet hält sie den Draht nach draußen. Und übers Fenster zu den Nachbarn. Seit fünf Jahren lebt sie in Winterhausen und ist beeindruckt vom großen Zusammenhalt der Betroffenen.

Tore dicht

In Eibelstadt hat die Feuerwehr die beiden Tore zum Main dicht gemacht. Mit Hochleistungs-Pumpen halten sie die braune Brühe aus der Stadt fern und trotzen so der Flut. In zwölf Mann starken Schichten rund um die Uhr. Die Anwohner sind voll des Lobes für diesen Einsatz und Kommandant Artur Fröhling ist stolz auf seine Jungs.

Eine Pumpe schafft 150 Liter pro Sekunde, erklärt er. Allein am Tor an der Pfarrer-Manger-Gasse werden 2,3 Millionen Liter Wasser pro Stunde zurück in den Fluss gepumpt. Viele Anwohner sind auf den Beinen, um sich über das Neueste zu informieren. Das Hochwasser führt zusammen, auch wenn viele Straßen, so die B13 zwischen Sommerhausen und Ochsenfurt und die Staatsstraße zwischen Winterhausen und Würzburg, gesperrt werden mussten.

Dienstagmorgen, 10 Uhr: In wenigen Stunden werden die Mainfluten in Frickenhausen den Höchststand erreicht haben. 6,40 Meter zeigen die Messlatten innen am Maintor und am Ortseingang jetzt an. Das heißt Gleichstand innen und außen. Noch bis vor wenigen Stunden hat der Quick-Damm im Maintor Wirkung gezeigt.

Das Wasser stieg innen langsamer aus draußen und verschaffte den Frickenhäusern mehr Zeit, ihre Häuser und Garagen auszuräumen und hochwassersicher zu machen. Bei einer Rundfahrt mit dem Feuerwehrboot zeigt sich allerdings, dass trotz sorgfältiger Abdichtung das Wasser in den meisten Gebäuden fast genauso hoch steht wie außerhalb. Und das trotz der vielen privaten Pumpen, die dagegen ankämpfen sollen. Wenigstens wird der gröbste Dreck zurückgehalten.

Helfer in der Not

Die Helfer in der Not sind jetzt die Feuerwehrleute. Schon seit zwei Tagen sind sie im Dauereinsatz. Zuerst warnten sie die Bewohner vor der Flut. Dann füllten und verteilten sie 1200 Sandsäcke und halfen vielen Betroffenen beim Ausräumen.

Rund um die Uhr sind sie im Einsatz. Feuerwehrkommandant Matthias Ganz ist stolz, dass sich alle der 35 aktiven Frauen und Männer zum „Schichtdienst“ gemeldet haben. Zwei feuerwehreigene und ein privates Boot sind ständig im Einsatz. Kinder müssen aus den vom Wasser eingeschlossenen Gebäuden auf den Schulweg gebracht werden.

Männer und Frauen zur Arbeit. Auch Arztbesuche werden den Anwohnern des Mainviertels ermöglicht. Und auch dringende Besorgungen erledigt die Feuerwehr für die vom Wasser Eingeschlossenen.

Die beiden Feuerwehrfahrzeuge parken jetzt vor dem kleinen Feuerwehrhaus. Das dient gleichzeitig als Sitz der Einsatzleitung, als Ruheraum für die Schichtfreien und als Kantine. Am Vorabend konnten der Kommandant und der Bürgermeister Ludwig Hofmann hier auch den Landrat Eberhard Nuss begrüßen.

Der war gekommen, um sich mit Kreisbrandrat Heinz Geißler und den drei Kreisbrandinspektoren Alois Schimmer, Winfried Weidner und Bruno Kiesel ein Bild vom Frickenhäuser Hochwasser zu machen.

Entspannter war die Lage in Ochsenfurt und Goßmannsdorf. Der Bahndamm und das Hochwassertor in der Unterführung am Schlössle hielten das Wasser aus der Altstadt. Drei Einsätze hatte die Ochsenfurter Feuerwehr. Einmal half sie den Nachbarn in Sommerhausen mit 300 Sandsäcken aus und am Dienstagnachmittag musste sie einen BMW-Fahrer aus der Bahnunterführung Tückelhäuser Straße schieben, weil der Fahrer das Hochwasser unterschätzte.

Eine Stunde später musste die Feuerwehr nochmals an gleicher Stelle tätig werden: Ein weiterer Auto war in der Unterführung stecken geblieben.

 
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