Dr. Astrida Wallat hat im November 2020 die Leitung der seit 1990 im historischen Bahnhofsgebäude untergebrachten und im Vorjahr für 630 000 Euro neugestalteten Gemeindebibliothek übernommen. Im Gegensatz zu den bisherigen Leitungskräften, der Diplom-Bibliothekarin Elisabeth Birkhold (bis Ende März 2014) und danach ihres Vorgängers, des Bibliothekinspektors Martin Wehner, verfügt Wallat über keine klassische Bibliothekar-Ausbildung.
Nach dem Studium der Germanistik und Theologie in Würzburg und Urbino mit Promotion in Neuere Deutsche Literaturwissenschaft arbeitete sie im Verlagswesen, zuletzt elf Jahre beim Reclam Verlag, Stuttgart, als Redaktionsleiterin. Sie hatte nun den Wunsch, beruflich noch einmal etwas anderes zu machen, natürlich etwas, das mit Büchern zu tun hat.
Als sie von der Stellenausschreibung der Gemeinde erfuhr, war die Veitshöchheimer Bücherei, wie sie mit leuchtenden Augen sagt, Liebe auf den ersten Blick. Sie gerät ins Schwärmen, wenn sie auf die Vorzüge ihres neuen Betätigungsfeldes zu sprechen kommt: auf das Lesecafé in Wiener Caféhaus-Atmosphäre, auf 830 Quadratmetern Raum für vielfältige Aktivitäten, ein perfekt ausgebauter Bestand von 25 000 Medieneinheiten und ein sympathisches, engagiertes Team.
Die auch künstlerisch versierte neue Leiterin, die Klavier spielt und schon selbst zwei Romane geschrieben hat, sprüht nur so vor kreativen Ideen, hat trotz des Lockdowns schon sehr viele neue Aktivitäten entfacht. Sie träumt davon, Veitshöchheim für die Literatur ebenso bekannt zu machen, wie es für die "Fastnacht in Franken" der Fall ist, entsprechend dem Motto "Veitshöchheim – so lässt sich’s lesen".
Gute Vernetzung
Sie strebt dazu eine enge Zusammenarbeit und gute Vernetzung mit lokal wichtigen Institutionen wie Kindergärten, Schulen, Kulturamt, Sing- und Musikschule, Jugendzentrum oder dem örtlichen Würzburg Radio/TV an. Sie denkt an einen Schreibwettbewerb für Grundschüler mit Prämierung der schönsten Geschichten, in Zusammenarbeit mit dem Gymnasium einen Lektüre-Kreis mit Lehrern und ausgewählten Schülern und ein Escape-Room-Spiel für Jugendliche. Sie plant auch Veranstaltungen, die Literatur und Musik verbinden.
Die Bücherei hat auch genügend Raum für Ausstellungen. Vorgesehen war so bereits eine Ausstellung zum 25. Partnerschaftsjubiläum mit Pont-l'Evequê, die jedoch wegen Corona auf unbestimmte Zeit verschoben werden musste.
Etablieren möchte Wallat auch neue Veranstaltungsformate wie Autorentalks mit Peter Buchenau. Sie ist guter Hoffnung, heuer zum Jubiläum "1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland" den Schriftsteller Robert Menasse zu einer Lesung aus seinem Roman "Vertreibung aus der Hölle" nach hier lotsen zu können.
Veraltetes Programm
Einziger Wermutstropfen ist für die Büchereileiterin das derzeitige Bibliotheksprogramm, das total veraltet sei. So will Wallat vordringlich den Ausbau der Kundenfreundlichkeit durch einen neuen Online-Katalog in Angriff nehmen, der übersichtlicher ist und bessere Recherchemöglichkeiten bietet.
Wallats Fazit: "Lesen ist ein großes Wunder!, sagte nicht umsonst eine bekannte österreichische Autorin. Nach nur wenigen Wochen im neuen Beruf darf ich sagen: Die Bücherei im Bahnhof ist zumindest ein kleines."