Väter kennen die Situation. Und Mütter kleiner Kinder oftmals auch. Es ist Abendbrot-Zeit, der Tisch ist gedeckt. Jetzt könnte es gemütlich werden. Doch es gibt Stress. Die Tochter mag heute keine Tomaten und beschwert sich mal wieder über die falsche Wurst, der Sohnemann isst Obst nur bei gutem Zureden. Und wenn schon Apfel, dann darf er nicht zu säuerlich sein. Entspanntes Abendessen sieht anders aus.
Daniel Staffen-Quandt (35) aus Bütthard (Lkr. Würzburg) hat ähnliche Erfahrungen gemacht. Doch der Vater von drei Kindern will sich nicht damit abfinden. Damit Elias (sechs), Carlotta (vier) und Julius (zwei) mehr Spaß am Essen haben – und der Papa, während die Mama arbeitet, auch –, hat er im Frühjahr 2015 die Idee, aus den Zutaten fürs Abendbrot Bilder zu gestalten.
So wird aus der Scheibe Bauernbrot die Karosserie eines Rennautos – lackiert, besser: belegt, mit Kräuterquark. Tomaten-Scheiben sind die Räder. Ein Gesicht aus Käse markiert den Fahrer, eine Würstchen-Ecke seinen Hals, das Ende einer Salatgurke den Helm. „Kinder lieben Rennautos“, sagt Staffen-Quandt. Papas Kreation kommt also an. Ebenso die „drei kleinen Schweinchen“, Brote mit Wurst-Käse-Gurke-Gesichtern.
Oder der Hubschrauber – ein Gesamtkunstwerk aus Brot, Wurst, Apfelschnitzen und Salzstangen. Die Kinder sind begeistert, essen mit viel Freude. Diskutiert bei Tisch wird nicht mehr über die vermeintlich falsche Wurst, sondern allenfalls, ob als Autorad nicht doch besser eine Scheibe Ei als die Tomate passt. „Sieht beides prima aus.“
Staffen-Quandt ist von Beruf Redakteur beim Evangelischen Pressedienst (epd) in Würzburg und viel in den sozialen Netzwerken unterwegs. Schon die ersten Tellerbilder postet er auf Facebook, versehen mit der Kennung „#papamachtabendbrot“. Das Echo ist groß, die Nutzer sind begeistert, freuen sich auf die Fortsetzung. Auf den „Elefanten-Flamingo“, ein Kindertraum aus Kochschinken und Karotte, den „verrückten Egon“, ein Brötchen-Monster mit Riesen-Eieraugen und furchterregenden Käsezähnen, oder die Leberwurst-Ratte, ein klassisch geschmiertes Brot mit Schurrhaaren aus Gurkenschalen und Beinchen aus Paprika. Einfach süß.
Die Idee, aus den Tellerbildern ein Buch zu machen, liegt für den Journalisten nahe. Gleich der erste Verlag sagt ja, „eine Woche nach dem Exposé hatte ich den Buchvertrag“. Jetzt, ein Jahr später hält Staffen-Quandt sein Werk in der Hand, „#Papa macht Abendbrot. Ein Vorlese-Rezept-Buch für Väter und Mütter“. Im abwaschbaren Einband – zum Hinlegen in die Küche.
Der 35-Jährige hat kein klassisches Kochbuch geschrieben. Zwar listet er die Zutaten für die essbaren Bilder exakt auf, Tipps fürs richtige Küchenwerkzeug (Ausstechförmchen, Zahnstocher, Ziseliermesser) gibt's auch. Allerdings keine konkreten Mengenangaben. „Bisschen Fantasie braucht man schon“, sagt der Autor. Er versteht die Bilder als Anregung für einen spielerischen Umgang mit dem Abendbrot. „Die Rezepte sind alltagstauglich, der Aufwand ist überschaubar, die Zutaten hat jeder im Kühlschrank.“ Ob der Autolack am Ende aus Kräuterquark, Frischkäse oder Leberwurst besteht, ist egal. Erlaubt ist, was den Kleinen gefällt.
„Aber man spielt doch nicht mit Lebensmitteln“, hören Kinder seit Generationen. „Doch, das darf man“, lacht der 35-Jährige. „Essen hat mit Haptik zu tun, da muss man die Wurstscheibe auch mal rollen dürfen oder die Kerne aus der Tomate pulen.“ Wichtig ist ihm nur, dass nach der Zubereitung der Brote nichts weggeworfen wird. Was also tun mit Schnittresten, die anfallen beim Gestalten von Raketen, Elefanten und Käfern aus Gelbwurst und Gouda? „Die essen halt Mama und Papa.“
Daniel Staffen-Quandt hat ein entspanntes Verhältnis zu all den Regeln, mit denen Kinder seit Generationen bei den Mahlzeiten getriezt werden. Sätzen wie „Man spricht nicht beim Essen“ oder „Gegessen wird, was auf den Tisch kommt.“ kann er nichts abgewinnen. „Ich möchte, dass meine Kinder alles probieren. Aber niemand muss etwas essen, was ihm nicht schmeckt.“
Warum man beim Essen nicht reden soll, will dem Vater gleich gar nicht in den Kopf. „So ein Quatsch. In vielen Familien ist doch das Mittag- oder Abendessen die einzige Gelegenheit, dass alle beieinander sind und sich austauschen.“ Es wäre fatal, so sagt er, auf diese Möglichkeit zu verzichten. Wenn die bunten Brote zur Konversation beitrügen, hätten sie ihren Zweck erfüllt. Aber weil es ganz ohne Anregung manchmal nicht geht, hat der Journalist zu jedem der 25 Tellerbilder eine kleine Geschichte geschrieben, in der das Brot-Motiv vom Taschenkrebs bis zum Roboter eine Rolle spielt. Meist sind es Anekdoten aus dem Familienleben, mit viel Witz, frei von Moral. Bestens geeignet zum Vorlesen – am liebsten bei Tisch.
Trotz der Kreativität des Vaters gibt es aber auch im Hause Staffen-Quandt Tage, an denen Elias, Carlotta oder Julius bocken und sich dem bunten Abendbrot verweigern. „Auch dann geht die Welt nicht unter. Irgendwann kommt der Hunger.“ Der 35-Jährige plädiert für Gelassenheit. Selbst, ob die Wurst nun tierisch oder vegan ist, ist ihm wurst. „Das entscheidet ein jeder selbst.“ Obst und Gemüse müssten auch nicht bio sein. „Wenn wir sie im Garten ernten, ist es schön. Aber notfalls geht auch Supermarkt.“
Natürlich achte er auf eine ausgewogene Ernährung, verspricht der Vater. Gesundheitsguru sei er aber nicht. „Wenn ich sehe, wie die Mädchen und Jungs, die daheim keine Süßigkeiten bekommen, beim Kindergeburtstag in der Nachbarschaft die ersten sind, die danach greifen, muss ich schmunzeln“, sagt Daniel Staffen-Quandt. Also macht er auch mal Pizza oder Pommes, wenn der Nachwuchs partout keine Lust auf Papas „Knusperlöwen“, „Käfer Konrad“ oder den „doofen Dino“ hat. Dabei schauen die drei im Buch richtig lecker aus.
Buchtipp:
Daniel Staffen-Quandt: „#Papa macht Abendbrot“, 112 Seiten in Farbe, Claudius Verlag München, 14,90 Euro.
An diesem Samstag, 16. Juli, von 14 bis 16 Uhr, stellt Autor Staffen-Quandt sein Buch bei einer „Lese-Mitmach-Autogramm-Veranstaltung“ in der Buchhandlung Hugendubel in Würzburg (Kürschnerhof) erstmals öffentlich vor.