Die Sechziger waren eine bewegte Zeit – schon im 19. Jahrhundert und auch in Ochsenfurt. Es gab große Umwälzungen und bahnbrechende Ereignisse. Die „kleinen Leute“ bewegten Dinge, wie die offensichtlich verbreitete Kleinkriminalität. Das zeigen Beiträge aus dem damaligen Bezirksamtsblatt, das gleichermaßen Lokalzeitung war.
Manfred Hinkelmann hat in seinem Buch „Von Gelegenheitsdieben, bösen Buben und anderen“ einige Beiträge ausgewählt und die Geschichten, die dahinter stehen könnten, erdacht und vor allem Wert auf die menschlichen Aspekte gelegt.
Nicht lange hatte der Männerturnverein Freude an seinem Turnplatz in der Klinge, dort, wo heute die Oechsner-Brauerei steht. Junge Männer, die zuvor in einer Wirtschaft gezecht hatten, ließen überschüssige Kräfte an den nagelneuen Geräten aus.
Wäschediebe
Andere wiederum nutzten den Nikolausabend, um aus einem Garten hinter einem Haus der Boxgasse Wäsche zu stehlen. Bis das Geschehen Erwähnung im Amtsblatt fand, verging einige Zeit. Da dürfte es nicht mehr viel geholfen haben, dass die Polizeibehörde „um Spähe ersuchte“, also um Zeugenhinweise bat. Die Gaunereien seien wohl oft typische Armutsdelikte gewesen, mutmaßt der Autor.
Gasthäuser waren aber nicht nur Orte, wo krumme Dinger ausgeheckt wurden, sondern Mittelpunkte gesellschaftlichen Lebens. Der Bürgerverein hatte sich tatsächlich zum Ziel gesetzt, die Geselligkeit durch wechselnden Besuch der Lokale zu pflegen. Einschließlich Cafés waren es immerhin 16 in der kleinen Stadt mit rund 2300 Einwohnern.
Mit Anzeigen luden die Wirte an Pfingsten zum Bratwurstfest in ihre Lokale ein. Es gab Theater, Fastnachtsveranstaltungen, Konzerte, Tanz und Silvesterbälle oder die Einladung eines Ballettmeisters zu einem Tanzkurs im „Storchen“ – für Männer und Frauen getrennt!
Zeit der Neuerungen
Ein Höhepunkt im Jahr 1867 war die Aufführung eines Passionsspiels getreu dem Oberammergauer Vorbild im „Bären“-Saal. Die 1860er waren die Zeit von Neuerungen in der Stadt. 1861 kam der Stadtmagistrat einem drängenden Wunsch der Bevölkerung, vor allem der Jugend nach: Am Main wurde endlich ein Badeplatz eingerichtet, wenn auch räumlich und zeitlich sehr eingeschränkt. Zuvor war das Baden streng verboten, wie überhaupt in jener Zeit das Polizeistrafgesetz allgegenwärtig alles regelte und Zuwiderhandlung mit Geldstrafe oder Arrest ahndete.
Neben dem Turnverein und dem Bürgerverein wurde auch die Freiwillige Feuerwehr gegründet. Die Bahnlinie von Ansbach nach Würzburg wurde eröffnet. Erste Übergänge über den Stadtgraben wurden geschaffen und bereits 1859 war mit dem Mangtor ein Zugang vom Main in die Stadt entstanden
In der Krämersgasse wurde 1854 Philipp George geboren, der 1927/28 seine Erinnerungen veröffentlichte, aus denen Hinkelmann einige zitiert. Dazu gehört die versehentliche Zerstörung der Mainbrücke. Die bestand seit der Flutkatastrophe von 1784 teilweise immer noch aus Holz.
Im Preußisch-Österreichischen Krieg 1866 vermutete man auf der rechten Mainseite feindliche preußische Truppen. Damit die nicht in die Stadt vordringen könnten, ließ ein bayerischer Militärbefehlshaber die Brücke in Brand setzen. Doch die Truppen auf der anderen Seite waren in Wirklichkeit eigene.
Einen Zeitsprung macht Hinkelmann im letzten Kapitel. Dort beschreibt er aus eigener Erinnerung Spiele, mit denen sich die Kinder in der Zeit kurz nach dem Zweiten Weltkrieg im Hohestadter Weg vergnügten.
Illustriert wird das Buch durch Fotos, sowie durch Radierungen von Günter Jäger, die die Schauplätze der Geschichten veranschaulichen.
Das Buch „Von Gelegenheitsdieben, bösen Buben und anderen“ ist erhältlich in der Buchhandlung am Turm in der Hauptstraße zum Preis von 9 Euro, außerdem beim Ochsenfest am Samstag, 9. September, am Büchertisch des Arbeitskreises Geschichte. in der Brückenstraße in der Nähe des Geschäfts „Zauberquelle“.