Zum Artikel "„Eine Ruine von 1945 verschwindet" vom 16. August erreichte die Redaktion folgende Zuschrift.
Würzburg ist zu einem Großteil nach dem schrecklichen Bombenangriff vom 16. März 1945 auf seinen Ruinen neu erbaut worden. Fast nichts mehr erinnert an diese schreckliche Nacht, als die Barockstadt am Main mit dem verheerenden Vernichtungsfeuer für Hitlers Schreckensherrschaft büßen musste. Umso wichtiger ist es, die letzten „Originalruinen“ als Erinnerung und Mahnung zu erhalten. Gerade jetzt, da der Nationalismus in Europa wieder an Stärke gewinnt.
Und so geht die dringende Bitte an den Verband für Ländliche Entwicklung Unterfranken (VLE) beim Bau seines neuen Verwaltungsgebäudes auf seinem Grundstück im Zeller Viertel die letzten Ruinenreste eines einst dreigeschossigen Wohnhauses in das neue Gebäude zu integrieren. Man habe es geprüft und „würde es gerne machen“, hieß es, der Efeu habe sich so in die Fugen des bröselnden Sandsteins hineingefressen, dass ein Erhalt mit „unverhältnismäßig hohen Kosten“ verbunden wäre.
Stadtrat Willi Dürrnagel ist sehr zu unterstützen, wenn er darum bittet eine Integration der alten Mauer in den Neubau noch einmal zu überprüfen. In der Tat müsste es doch möglich sein Originalsteine in die neue Mauer an einer Ecke einzubauen, als Zeichen der Erinnerung und Mahnung. Dieses Geschichtsbewusstsein würde gerade einer Organisation gut anstehen, die für die Beratung von Flurneuordnungs- und Dorferneuerungsprojekten steht.
Die Würzburger Malerin Renate Jung hat vor vielen Jahrzehnten auf die Häuserwände gegenüber, einen weit ausladenden Baum auf die Fassade gemalt. Ein Baum als Zeichen des Lebens, als Zeichen der Hoffnung, dass die Würzburgerinnen und Würzburger ihre zerstörte Stadt wieder aufgebaut haben und in ihr friedlich in Freiheit, Demokratie und Weltoffenheit leben wollen. Renate Jung erzählt von einem Mann, der vor Jahren in einer Baracke auf diesem Platz lebte, ja hauste, ohne Wasser und Heizung. Er berichtete der Malerin, dass alle Bewohner dieses Hauses in der Brandnacht des 16. März 1945 ums Leben kamen. Und Renate Jung sagt heute: „Es wäre eine große Schande, wenn eine so wunderbar wieder aufgebaute Stadt wie Würzburg nicht ein Plätzchen für ihre schreckliche Kriegs-Vergangenheit hätte - und zwar mit originalem Material. Und das ist hier wunderbar erhalten. Der Reststumpf einer großen abgebrannten Villa. Und Bänke drumherum – ein stiller, wunderbarer Platz –in einem Heer neugebauter Häuser!“
Es sollte doch verantwortungsvolle und geschichtsbewusste Bauherren und Architekten geben, die dieser Verantwortung mit höheren Kosten und dafür einem Teilerhalt der historischen Ruine gerecht werden.
Eberhard Schellenberger, 97078 Würzburg