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Würzburg
Briefe an die Redaktion: Manche ambivalente Einstellung
Bearbeitet von Andreas Köster
 |  aktualisiert: 27.07.2022 02:40 Uhr

Zum Artikel "Hiemer: Keine weitere Ehrung für Faulhaber" vom 19.7. erreichte die Redaktion folgende Zuschrift:

Mit Interesse habe ich den Artikel gelesen, auch weil ich selbst Pfarrer in der katholischen Kirche bin. Der Redner des Abends wird hier als Filmemacher, Historiker und Autor beschrieben, was wohl seine Autorität in dieser Sache untermauern soll. Schön, dass er die Tagebücher von Michael Faulhaber gelesen und ausgewertet hat. Denn darin kommt auch die Stimme Faulhabers zu Wort und sicher auch manche ambivalente Einstellung.

An zwei Äußerungen jedoch habe ich mich gestoßen:

1. „Doch die gesamte Kirche (...) wollte es sich „mit den Machthabern nicht verscherzen.“ Deswegen habe es gegen die Massendeportationen keinen Protest gegeben - weder von Faulhaber noch von Papst Pius XII.“ Dieser Satz ist schlichtweg falsch. Die holländischen Bischöfe haben im Jahr 1942 in einem Hirtenschreiben, das in allen Kirchen verlesen wurde, protestiert. Die Reaktion des NS-Regimes bestand darin, dass die Klöster nach Juden durchsucht wurden. Sowohl getaufte als auch nicht getaufte Juden kamen daraufhin in Vernichtungslager. Dies zeigt allerdings auch, dass die Stimme der Kirche im NS-Regime nicht gehört wurde, sondern das Gegenteil erreicht hat als beabsichtigt war.

2. Die Stellung von Kardinal Faulhaber und Papst Pius XII. ist so grundverschieden, dass es merkwürdig ist, dass Hiemer sie in einem Satz in diesem Zusammenhang nennt. Aus den Akten von Papst Pius wird deutlich, dass es ihm nicht darum ging, es „sich mit den Machthabern in Deutschland nicht zu verscherzen“. Er kannte die Situation dafür einfach zu gut. Seine Frage war, was würde ein öffentlicher Protest bewirken? Würden zur Strafe Juden und Jüdinnen dafür getötet werden? Er wollte Leben retten. Und das hat er nach Möglichkeit getan. Viele jüdische Organisationen haben nach dem Krieg dafür dem Papst gedankt. Wenn es ihm also nur um die Akzeptanz und Wertschätzung der nachfolgenden Generationen gegangen wäre, dann hätte er nur öffentlich protestieren müssen. Vielleicht würde man ihm aber dann heute vorwerfen, dass er damit leichtsinnig viele dem Tod ausgeliefert hat, die den Krieg überlebt haben.

Es geht außerdem ja gar nicht um eine „weitere Ehrung für Faulhaber“, sondern darum, ob der Platz seinen Namen behält. Grundsätzlich frage ich, ob wir überhaupt noch Straßen oder Einrichtungen nach Menschen benennen sollten. Wissen wir denn wirklich alles von ihnen?

Helmut Rügamer, Pfarrer
97241 Bergtheim

 
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