Entgegnung eines Dichters zum Artikel Wolfgang Jungs über Max Dauthendey. Bereits die nach Art einer negativen Klimax konstruierte Überschrift "Künstler, Weltenbummler, Kotzbrocken" weist den Artikelschreiber als einen aus, der es eher mit Invektiven hält, als mit einer adäquaten Charakterisierung Dauthendeys.
Das entscheidende Wort "Dichter", das Max Dauthendey am besten charakterisierte, kommt in der Überschrift erst gar nicht vor. Stattdessen ist von "Weltenbummler" und "Kotzbrocken" die Rede. Ersetzt man das negativ konnotierte "Bummler" in dem Kompositum durch "Reisender", hätte man die richtige Sicht auf das, was die Schriftsteller damals alle taten – man denke nur an Rilke oder Nietzsche – nämlich, die Welt bereisen, um über die Welt schreiben zu können. Sich in die Welt hinauszubewegen, aus der eigenen Blase zu anderen Horizonten aufzubrechen, kurz Welterlebnis am eigenen Leib zu erfahren, gehört auch heute im Internetzeitalter noch ganz wesentlich zum Instrumentarium eines Dichters.
Warum also ausgerechnet Dauthendey die Weltreisen als Negativum ankreiden? Dass er dafür Geld sammeln musste, zeigt vor allem, dass Dichter selten zu den Begüterten gehören. Auch Rilke war auf die großzügigen Gelder seiner Gönnerinnen angewiesen. Ein üblicher Vorgang also und nur dann der Rede wert, wenn man nichts Substanzielles zum dichterischen Werk Dauthendeys selbst, dessen Gedichte sich im Gegensatz zu denen seiner Halbschwester Elisabeth noch immer in den großen Anthologien finden, zu sagen hat. Ein zugegebenermaßen schwaches Gedicht, gleichsam synekdochisch, für die Gesamtwürdigung (besser Herabwürdigung) des großen Würzburger Dichters anzuführen, erscheint mir, gelinde gesagt, ein ziemlich inadäquater Umgang mit dem Lyriker, der einer der innovativsten und stilistisch originellsten Impressionisten deutscher Dichtung war.
Amadé Esperer
97080 Würzburg
Ich finde den Artikel von Jung auf jeden Fall sehr lesenswert, der Dichter einmal ohne Sockel, und ich kann aus Erzählungen aus dem Familienkreis bestätigen dass Dauthendey zuweilen kein sehr angenehmer Mensch war und, vor allem in Gelddingen, gerne seine Mitmenschen besch... hat.
Dass die Werke seiner Schwester nicht mehr in den Anthologien zu finden sind hat weniger mit deren Talent als mit dem 16. März 1945 zu tun, da ist nämlich fast alles an Druckwerk und Manuskripten kriegsbedingt verbrannt.