Wenn er kommt, ist es in der Regel ernst: Der Rettungshubschrauber Christoph 18 hebt von seinem Standort an der Main-Klinik in Ochsenfurt ab, wenn in der Region schwer verletzte oder kranke Menschen in eine Klinik oder ein Notarzt zu einem Einsatzort geflogen werden müssen. Voriges Jahr war das exakt 2015-mal der Fall. Doch reicht ein Luftrettungsstandort in Unterfranken aus, um die gesamte Region adäquat abzudecken?
"Im Spessart könnte es besser sein", sagt der CSU-Landtagsabgeordnete Thorsten Schwab dazu. Er kündigt zusammen mit seinem Fraktionskollegen Winfried Bausback (Aschaffenburg) an, im für den Rettungsdienst zuständigen Münchner Innenministerium zeitnah die Forderung nach einem zweiten Rettungshubschrauber-Standort im westlichen Unterfranken platzieren zu wollen.
Entfernung zu Christoph-18-Standort in Ochsenfurt zu groß
Schwab und Bausback begründen ihre Initiative damit, dass der Spessart und der Untermain immer wieder genannt würden, wenn es um Regionen gehe, in denen in Bayern die Abdeckung durch die Luftrettung besser sein könnte. Die Entfernung zum Standort in Ochsenfurt sei zu groß.
Auf der Internetseite des Innenministeriums findet sich dazu eine Landkarte. Sie zeigt alle 15 bayerischen Rettungshubschrauberstandorte. Um die Standorte sind Kreise mit einem Radius von 60 Kilometern gezogen. Sie stellen die Einsatzbereiche der Hubschrauber dar, die binnen maximal 15 Minuten abgedeckt werden können. Weite Teile des Untermains ebenso wie Teile des Spessarts und der Rhön liegen außerhalb des in der Karte um Ochsenfurt gezogenen Kreises.
Rettungshubschrauber aus Nachbarländern helfen aus
In der Praxis fliegt im Notfall jedoch auch in diese Gebiete ein Rettungshubschrauber: entweder Christoph 18 aus Ochsenfurt oder andere, die in Fulda, Frankfurt oder Mannheim stationiert sind und so teils kürzere Anflugzeiten haben.
Das Innenministerium erklärt daher auf Anfrage, dass es in Unterfranken eine "exzellente Abdeckung mit Leistungen der Luftrettung" gebe. Hinzu komme, dass im Bereich Osterburken im Norden Baden-Württembergs ein weiterer Rettungshubschrauber-Standort in Planung sei, um eine dort bestehende Versorgungslücke zu schließen.
Im Sinne eines "Retten ohne Grenzen" seien diese Möglichkeiten in angrenzenden Bundesländern auch für den Rettungsdienst am Untermain und im Spessart zu nutzen.
Luftrettung: Bayern "so flächendeckend und gut ausgestattet wie kein anderes Bundesland"
Bevor ein zusätzlicher Hubschrauber in einer Region stationiert werde, müsse ein "nach wissenschaftlichen Grundsätzen fundiert ermittelter Bedarf nachgewiesen werden", so das Innenministerium. Dabei seien die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu berücksichtigen. Bayern sei bei der Luftrettung "so flächendeckend und gut ausgestattet wie kein anderes Bundesland", heißt es in München. Überdies könnten bei Engpässen auch Hubschrauber von Landes- und Bundespolizei sowie der Bundeswehr aushelfen.
Aus all diesen Aussagen wird deutlich, dass man im Innenministerium keine Notwendigkeit sieht, einen zusätzlichen Hubschrauber im westlichen Unterfranken zu stationieren.
Zahl von Rettungs- und Notarzteinsätzen steigt stetig
Schwab und Bausback kennen diese Einschätzung. Von ihrem Vorhaben abbringen lassen, wollen sich die Abgeordneten dadurch nicht. Man dürfe sich bei der Luftrettung "nicht nur auf die Kapazitäten in Nachbarländern stützen", begründet Bausback. Das mittelfristige Ziel müsse sein, die Luftrettung auch am Untermain und im Spessart von Bayern aus abzudecken. Dies gelte umso mehr, wo die Statistik zeige, dass die Zahl von Rettungs- und Notarzteinsätzen stetig zunehme.
Unterstützung erhalten Schwab und Bausback von jenen, die in der Region den Rettungsdienst organisieren. "Ich begrüße jede Verdichtung des Luftrettungssystems", sagt Paul Justice, Geschäftsführer des unter anderem für den Landkreis Main-Spessart zuständigen Zweckverbands für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung in Würzburg. Ein zusätzlicher Rettungshubschrauber könne helfen, die "zunehmend mangelhafte Notarztstruktur zu kompensieren". Gerade im ländlichen Raum werde es schwieriger, ausreichend Notärzte zu finden, so Justice. Der Hubschrauber könne Notärzte über größere Entfernungen schnell an Einsatzorte bringen.
Bedarf für einen zweiten Rettungshubschrauber im Bereich Untermain/Spessart?
Man stehe im Rettungsdienst vor großen Herausforderungen: "Die Einsatzzahlen gehen durch die Decke. Wir kommen nicht hinterher", beschreibt Justice die Entwicklung und spricht davon, dass das "Personal verheizt" werde. Zwar sei grundsätzlich die Lage im Rettungsdienst am Boden angespannter. Dennoch könne er sich gut vorstellen, dass für einen zweiten Rettungshubschrauber im Bereich Untermain/Spessart eines Tages der Bedarf festgestellt wird.
Nach Ansicht von Mark Weigandt ist der Bedarf schon jetzt gegeben. Der Geschäftsführer des für die Stadt Aschaffenburg sowie die Landkreise Aschaffenburg und Miltenberg zuständigen Zweckverbands in Aschaffenburg verweist auf seit Jahren steigende Einsatzzahlen im Rettungsdienst, was auch für die Rettungshubschrauber gelte. Hinzu komme eine zunehmende Spezialisierung in der Kliniklandschaft. Die Folge davon: Patientinnen und Patienten müssen zum Teil schnell über weite Strecken transportiert werden, um adäquate Behandlung zu erhalten.
Andere Rettungshubschrauber anfragen: Ein Zeitverlust im Notfall
Weigand schildert auch ein ganz praktisches Problem: Wenn im Bereich der Aschaffenburger Leitstelle ein Rettungshubschrauber erforderlich sei, müsse man erst bei umliegenden Leitstellen, in deren Bereich ein Rettungshelikopter stationiert sei, die Verfügbarkeit abfragen.
Unter Umständen müsse man dabei mehrere Leitstellen kontaktieren, wodurch im Notfall Zeit verrinne. Ein zusätzlicher Hubschrauberstandort im Bereich Spessart/Untermain wäre nach Weigandts Aussage zu begrüßen. Daher habe der Zweckverband jüngst eine entsprechende Anfrage an das Ministerium gerichtet – und sinngemäß die gleichen Antworten erhalten wie die Redaktion mit ihrer Anfrage.
Bausback: In fünf bis zehn Jahren ein zweiter Rettungshubschrauberstandort in Unterfranken
Auch Schwab und Bausback rechnen nicht damit, dass sie andere Aussagen bekommen. Beide sind sich jedoch sicher, dass die Diskussion über eine Nachverdichtung bei den bayerischen Standorten der Luftrettung mittelfristig Fahrt aufnehmen wird. In den nächsten Jahren werde die gesamte Struktur des Rettungsdienstes auf den Prüfstand gestellt, so Bausback. Auf die Frage, bis wann sich daraus ein zweiter Rettungshubschrauberstandort im westlichen Unterfranken ergeben könnte, sagt er: "In fünf bis zehn Jahren."
Das sind 5,5 am Tag! Und das im Schnitt. Es wird Tage oder Tageszeiten geben, wo beinahe pausenlos geflogen wird.
Bei derart großen Entfernungen (bedingt durch den großen Einsatzradius) ist ein Heli pro Einsatz häufig auch länger unterwegs und somit nicht verfügbar, als in Gegenden mit einem dichteren Netz.
Man muss also schon eine Portion Glück haben, wenn man den Heli braucht, dass er dann auch gleich verfügbar ist.
Ist er gerade im Einsatz, hat man halt Pech.
Ob man einen Unfall oder Notfall überlebt, sollte nicht in dem Maße von Glück abhängen.
Wenn immer wieder Helis von Fulda, Frankfurt oder Mannheim einspringen müssen, um in Unterfranken auszuhelfen, fehlen die in der Zeit an ihren eigenen Standorten.
Rettungshubschrauber sind ja nicht dazu da, gut ausgelastet zu sein und geringe Kosten zu verursachen.
Sie werden gebraucht um schnelle Hilfe zu ermöglichen!
Das ist es, was auch beim zuständigen Minister die Entscheidungsgrundlage sein sollte.
Die Indienststellung eines neuen Hubschraubers stellt ein immenses finanzielles und administratives Problem dar. Angefangen bei der Standortsuche (kaum ist ein möglicher Standort erwähnt gibt es Bürgerproteste), der Finanzierbarkeit (alleine der Hubschrauber kostet mehrere Millionen Euro) und der Kostenübernahme der Einsätze durch die Krankenkassen. Selbst etablierte Standorte (u.a. Reichelsheim und Gießen, früher Rehweiler in der Pfalz) hatten und haben immense Schwierigkeiten der Refinanzierung. Deshalb sollte die Suche auch auf die wirklich weißen Flecke in der RTH-Landkarte beschränkt werden. Ein Bedarf im beschriebenen Gebiet wird sich in den zu erstellenden Gutachten meiner Meinung nach nicht als vordringlich heraus stellen.
Klar kann man auch doppeltes Pech haben und der zusätzliche Heli ist auch gerade im Einsatz.
Aber "ändert nichts" ist Quatsch!
Die Wahrscheinlichkeit, dass einer verfügbar ist, steigt selbstverständlich mit jedem zusätzlichen Heli. Und damit verbessert sich die geleistete Hilfe. Rettung ist zuverlässiger und schneller da, wenn sie gebraucht wird.
Und dass bei 2015 Einsätzen in einem Jahr (zu) oft eben der näheste Heli nicht verfügbar ist, und Hilfe länger braucht als sie müsste, liegt auf der Hand.
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Klar kostet ein zusätzlicher Heli Geld. Aber sollte das der alleinige Maßstab sein?
Zumal sich die Kosten bei 2 statt 1 Heli auch nicht verdoppeln. Teilen sich die 2 Helis die Einsätze, wird nicht mehr Kerosin verbraucht, als durch einen. Durch kürzere Flugstrecken würde der Verbrauch sogar sinken.
Wenn nicht mehr 5,5 Einsätze pro Tag sondern in etwa 3 zu fliegen sind, reduziert sich pro Heli auch der Wartungsaufwand und die Abnutzung.