Der Verein Marina Veitshöchheim betreibt seit 2018 auf Bundesgelände eine von der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) genehmigte Schwimmsteganlage nebst Bojenfelder. An Land errichtete er auf einer von der Gemeinde gepachteten Fläche Nebenanlagen wie Toilette mit Güllewagen, Clubheim und Gerätecontainer. Für das Clubheim hatte die Gemeinde dem Verein eine ehemalige Obdachlosen-Container-Anlage verkauft. Aufgrund des schlechten Zustandes musste Marina Wände, Decke und Fußboden erneuern. Noch offen blieb bis zuletzt der Anschluss an das öffentliche Wasser und Stromnetz. Vorübergehend stellte ein Nachbar dem Verein Strom und Wasser zur Verfügung. Den dazu notwendigen Überbau des gemeindlichen Weges stufte die Gemeinde als eine unerlaubte, mit der Gemeinde nicht abgestimmte Sondernutzung ein.
Dies war einer der Gründe, weshalb in der letzten Sitzung des Gemeinderates die Marina-Freizeitanlage gleich in zwei Punkten auf der Tagesordnung stand, wie sich herausstellte mit hoher Brisanz.
Damaliger Beschluss konnte nicht mehr vollzogen werden
Beim ersten Punkt hob das Gremium noch einstimmig ohne weitere Diskussion die Kostenbeteiligungszusage der Gemeinde aus dem Jahr 2013 über 45 000 Euro auf. Beim zweiten Punkt stimmten die Grünen- und die UWG-Fraktion ohne weitere Wortmeldung geschlossen gegen die vom Ortsplaner Dr. Holl im Auftrag des Vereins erstellten Pläne für die Erschließung und die vom Landratsamt für die Nebenlagen geforderte Änderung des rechtsverbindlichen Bebauungsplanes "Dachsgaube-Tiergarten".
Die Aufhebung der Kostenzusage aus dem Jahr 2013 für eine öffentliche Steganlage mit 22 800 Euro und einer auch von Feuerwehr und Wasserwacht genutzten Slipstelle mit 22 000 Euro hatte Bürgermeister Jürgen Götz damit begründet, dass der damalige Adressat der Kostenzusage "Mainsegler" nun "Marina e.V." heißt und sich die damalige Planung grundlegend geändert habe. Der damalige Beschluss könne deshalb nicht mehr vollzogen werden.
Marina-Vorsitzender Knut Oechsner erklärte dazu nach der Sitzung, dass der Verein seit der Gründung am 22. November 2012 nie aufgelöst, sondern am 19. April 2017 dem Registergericht lediglich die per Satzungsänderung erfolgte Namensumbenennung mitgeteilt wurde. Die vom Bürgermeister erwähnte GbR sei nur zur Finanzierung der Steganlage von den Investoren gegründet, aber nie tätig geworden und aus steuerrechtlichen Gründen nach kurzer Zeit wieder aufgelöst worden. Der Verein Marina Veitshöchheim e.V. sei der Eigentümer und Betreiber des Hafens.
Keine öffentliche Nutzung der Steganlage
Gegenüber dem Plan der Kostenzusage von 2013 hat sich nach seinen Worten im ausgeführten Plan vom 6. Juni 2018, der Bestandteil der Baugenehmigung der WSV hinsichtlich des geplanten 13 Meter langen öffentlichen Stegs und dem Standort der Slipstelle für Feuerwehr und Wasserwacht nichts geändert. Weggefallen seien auf Vereinsseite nur die Bootshäuser. Dafür habe man die Steganlage verlängert.
Zum Vorbringen des Bürgermeisters, dass bei der Steganlage inzwischen alle errichteten Liegeplätze vergeben sind und deshalb eine teilweise öffentliche Nutzung nicht möglich erscheint, verwies Oechnser auf ein Schreiben des Bürgermeisters vom 3. Juli 2018. Darin teilte er dem Verein mit, dass die Gemeinde Veitshöchheim kein Interesse am Betrieb eines öffentlichen Steges für Bootswanderer in der Fischerau habe.
Im Rahmen eines derzeit stattfindenden städtebaulichen Wettbewerbs zur Neugestaltung des Umfeldes am "alten" sowie am "neuen" Steg, so heißt es weiter, soll auch die Anlage eines entsprechenden Anlegesteges für Bootswanderer in Betracht gezogen werden. Eine Ausstiegsstelle gerade für Bootswanderer im Zentrum Veitshöchheims sei attraktiver als eine öffentliche Steganlage in der doch etwas entlegenen Fischerau.
Gemeinde liegen noch keine konkreten Pläne vor
Zur Aufhebung der Kostenzusage für die Slipstelle, erklärte der Bürgermeister in der Sitzung, eine Überprüfung, ob diese überhaupt für die ortsansässigen Rettungskräfte von Feuerwehr und Wasserwacht und deren Gerätschaften überhaupt nutzbar ist, sei bis dato leider nicht möglich gewesen. Bis auf eine Statik würden die schon mehrfach vom Verein angeforderten konkreten Pläne für die Slipstelle bei der Gemeinde nicht vorliegen.
Deshalb plädierte er dafür, den alten Beschluss formell aufzuheben, um die Sache in einem neuen Antrag entsprechend bewerten und Klarheit schaffen zu können. Götz: "Ich gehe aber davon aus, dass wir dann bei einer Mitbenutzung der Slipanlage durch Feuerwehr und Wasserwacht offen sind, einen Zuschuss zu geben und die Planung weiter mit zu unterstützen."
Slipstelle soll privat vorfinanziert werden
Marina-Vorsitzender Knut Oechsner stellte dazu fest, dass ein Planentwurf mit Querschnittsmaßen in der 117-seitigen statischen Berechnung des Ingenieur-Büros Winkler vom 24. Mai 2020 enthalten ist, also der Gemeinde schon seit längerer Zeit vorliege, ebenso auch die Kostenschätzung für die Slipanlage über 64 000 Euro vom 17. Januar 2021.
Im Vorhabens- und Erschließungsplan des Planungsbüro Dr. Holl vom 15. Februar 2021 ist auf Gemeindegrund eine unterirdische Verlegung der Wasser- und Stromleitungen vorgesehen. Die Entwässerung soll über einen abflusslosen Tankwagen erfolgen. Die Kostentragung für die Verlegung und den späteren Unterhalt soll im Durchführungsvertrag geregelt werden.
Zum von der Gemeinde geforderten wirtschaftlichen und finanziellen Nachweis hat der Verein der Gemeinde eine Aufstellung vorgelegt mit dem Hinweis, dass die Bürgschaft über 30 000 Euro für Erschließungs- und Planungskosten bereits im März 2019 in der Gemeindekasse eingezahlt wurde. Die auf 64 000 Euro veranschlagte Slipstelle soll privat vorfinanziert werden, die bereits für 54 000 Euro errichtete Steganlage sei schon voll finanziert.
Verein stellte Gemeinde immer wieder vor vollendete Tatsachen
Diesem Vorhaben- und Erschließungsplan sowie der Änderung des Bebauungsplanes "Dachsgrube/Tiergärten 2. Änderung"und parallel dazu des Flächennutzungsplanes stimmte der Gemeinde mit zwölf Ja- und sieben Neinstimmen zu.
Auf Nachfrage erklärten sowohl Martin Issing (Ortsvorsitzender der UWG), als auch Christina Feiler (Grünen-Fraktionssprecherin) als Begründung für ihre Neinstimmen, dass der Verein die Gemeinde immer wieder vor vollendete Tatsachen gestellt habe. Es gehe beiden Fraktionen darum, eine gewisse Ordnung in die Angelegenheit zu bekommen. Diese Ordnung erhofft sich CSU-Ortsvorsitzenden Simon Kneitz gerade durch das mehrheitliche beschlossene, jedoch von Grünen und UWG abgelehnte Bebauungsplanverfahren sicherstellen zu können.
Als weiterer Grund für die Ablehnung wurde von Issing auch auf die vielen Angler verwiesen, denen nun die Möglichkeit verwehrt werde, im Bereich der Mole ihrer Freizeitbeschäftigung nachzugehen. Dabei können gerade im Bebauungsplanverfahren, so Simon Kneitz, eventuelle Einwendungen aus der Bürgerschaft geprüft und durch den Gemeinderat abgewogen werden.