Die Sonnenstrahlen glitzern auf dem Wasser. Idyllisch liegt der Hafen des Wassersportclubs Eibelstadt (WSC) in der Sonne. Die Saison der Sportbootfahrer läuft auf Hochtouren, und besonders am Wochenende finden sich die Bootsfreunde auf dem Main zusammen. Heute darf ich auch mal ausprobieren, was es heißt, ein Motorboot zu steuern.
Erstmal gibt es ein wenig Theorie: "Bevor man in ein Boot steigt, sollte man sich mit einigen Regeln auf dem Wasser vertraut machen", so der Vorsitzende des WSC, Gerhard Braun. Was bedeutet Steuerbord und Backbord? Wie sieht die Verkehrsbeschilderung auf dem Wasser aus? Und was muss ich in puncto Naturschutz alles beachten?
Braun klärt auf: "Das Wichtigste ist, dass Berufsschiffe und Kreuzfahrtschiffe grundsätzlich Vorfahrt haben. Danach müssen wir uns richten." Das bedeutet: Vorausschauend fahren, um rechtzeitig Richtung Ufer ausweichen zu können. "Das Wörtchen Achtsamkeit spielt auf dem Wasser eine große Rolle." Achtsam mit seinem Boot umgehen, mit den anderen Schiffen sowie mit der Umwelt. Als Beispiel nennt der Vorsitzende Pflanzen oder auch brütenden Tiere am Uferrand. "Und nicht zu sehr in Ufernähe fahren. Da besteht die Gefahr, dass man beispielsweise auf Felsen oder Befestigungen aufsetzt", erklärt Braun.
Aufs Gas gedrückt
Die Kapitänsmütze auf dem Kopf steige ich etwas unbeholfen an Bord des Fahrschulschiffes. "Wir haben die älteste Bootsfahrschule der Region", klärt Braun mich auf. Hier kann man den Sportbootführerschein für See (SBF See) und Binnen (SBF Binnen) seit Anfang der 70er Jahre machen. Der SBF Binnen gilt für Flüsse und Seen für motorisierte Sportboote mit einer Leistung von mehr als 15 PS, der SBF See fürs Meer für Boote mit einer Leistung von mehr als fünf PS. "Mit Letzterem kann man sich die Welt des Yacht- und Bootssports erschließen. Dann spielt es keine Rolle mehr, ob man ein kleines Schlauchboot fährt oder die Mega-Yacht eines Promis", sagt der Experte grinsend.
Zugegeben: Noch sieht der Fahrlehrer ziemlich entspannt aus. Doch ich spüre den professionellen Blick im Nacken. Ich selbst fühle mich eher unentspannt. Ungewohnt ist, dass sich das Lenkrad auf der rechten Seite befindet. Auch das Gefühl auf dem Wasser ist irgendwie anders als im Auto. Die Bodenhaftung fehlt. Ein paar Enten und Schwäne schwimmen am Boot vorbei, während Braun mich in die Technik einführt.
Freiheit auf dem Wasser
Einmal den Schalthebel nach vorne drücken und Gas geben. Uih, das hat Power. Der Blick nach hinten zeigt eine riesige Heckwelle. Cool, denke ich, drücke wieder den Gashebel und reiße am Steuerrad. "Nicht so hektisch. Wir sind nicht im Auto", ruft Braun mir zu. Ein Boot reagiere aufgrund des Wasserwiderstandes deutlich langsamer als ein Auto, das müsse man beim Lenken berücksichtigen, sagt er. "Wenn man am Lenkrad dreht, reagiert das Boot erst mit einigen Sekunden Verzögerung darauf." Gut zu wissen. Relax. In der Ruhe liegt die Kraft.
Wieder drücke ich den Gashebel, drehe das Steuerrad auf Anweisung des Fahrlehrers ganz herum und fahre eine Wende. Das Wasser spritzt hoch. Ich muss grinsen. Ein Stück Freiheit, denke ich, während eine frische Brise mein Gesicht umweht. Solange kein Schiff entgegenkommt, könne ich die Wasserstraße ausnutzen, meint Braun. "Wir sind hier nicht im Rechtsverkehr."
OK. Verstanden. Da weit und breit kein Boot zu sehen ist, fahre ich mittig und genieße die freie Sicht auf Fluss und Natur. Wir kommen in die Nähe der Schleuse Randersacker. Leider ist die Sportschleuse zurzeit geschlossen. "Wenn wir flussabwärts weiter fahren wollten, müssten wir warten, bis ein großes Schiff einfährt und uns anschließen", erklärt mein Fahrlehrer.
Dazu ist keine Zeit, also Speed zulegen und noch ein Wendemanöver. So langsam frage ich mich allerdings schon, wie ich das Boot wieder bremsen kann. Im Gegensatz zu Landfahrzeugen haben Boote nämlich keine Bremse, erfahre ich von Braun. Oh je. Aber keine Panik: Wenn man das Gas zurücknimmt, bremst sich ein Motorboot aufgrund des vergleichsweise hohen Wasserwiderstands sofort spürbar ab.
Rückwärtsgang einlegen
"Ist es dann langsamer, kann man es durch Einlegen des Rückwärtsgangs ganz zum Stehen bringen", erklärt er. Üben ist angesagt. "Eine Schiffsfahrt, die ist lustig", kommt mir das Lied in den Kopf, während Braun erzählt, dass er schon als Student den Segelführerschein machte. "Die Leidenschaft fürs Motorbootfahren kam dazu, als ich Familie hatte." Für ihn ist der Motorbootsport ein Familiensport. "Gesellschaftliche Grenzen werden sofort überwunden, im Verein sind wir alle per Du".
Auch ich bin von der ersten Minute an angefixt und nach dem schwierigen Anlegemanöver im Sporthafen, das ich (allerdings erst beim dritten Versuch) meistere, steige ich in ein kleineres Boot um, das ich ohne Führerschein ganz allein fahren darf. Denn: Nach der Führerscheinreform von 2012, darf im See- und Binnenbereich ein Sportboot mit einer Motorisierung bis zu 15 PS (vorher waren es nur fünf PS) führerscheinfrei gefahren werden.
Das findet Braun nicht unbedingt gut: "Da sind manche Unfälle vorprogrammiert." Wassersportlern, die das Motorbootfahren mal ausprobieren möchten, rät er: "Informiert euch vorher gut über die Strecke und auch über Verkehrsregeln auf dem Wasser, tragt Schwimmwesten, und seid niemals allein unterwegs." Außerdem immer das Handy dabei haben, damit im Zweifel Kontakt zur nächsten Schleuse aufgenommen werden kann. Und: Es sollte immer überprüft werden, ob das gemietete Boot auch den Standards entspricht und korrekt abgenommen wurde.
Das bedarf zwar der Planung, aber: "Vor Schnellschüssen rate ich ab." Auf keinen Fall, so der Experte, darf der Bootsführer Alkohol trinken. Und: "Wem das Motorbootfahren Spaß macht, der sollte schnell den Führerschein machen, um sein Wissen zu vertiefen." Mhm. Spaß hat es mir gemacht. Wer weiß, vielleicht lasse ich mich auf das Abenteuer Führerschein ein. Mal schauen, wie intensiv der Fluss nach mir ruft.