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WÜRZBURG
Böhmischer Musikant spielt auf
Seit 30 Jahren spielt er am Mainfranken Theater die Geige: Paul Reicharts Leben ist die Musik.
Foto: FOTO PRIVAT | Seit 30 Jahren spielt er am Mainfranken Theater die Geige: Paul Reicharts Leben ist die Musik.
Von unserem Mitarbeiter walter L. Frühauf
 |  aktualisiert: 15.12.2020 11:39 Uhr

Vor 30 Jahren, am 15. November 1977, trat Paul Reichart seinen Dienst am Würzburger Stadttheater an. Der dienstälteste Geiger am heutigen Mainfranken Theater hat aus seinem Musikerleben viel zu erzählen.

„Pavel“ Reichart wurde 1955 in Taus nahe Pilsen im Böhmerwald geboren. Die Liebe zur Musik war im schon durch den Großvater mütterlicherseits in die Wiege gelegt. Mit acht Jahren hatte er erstmals eine Geige in der Hand. Sieben Jahre lernte er in der staatlichen tschechischen Musikschule in Bischofteinitz. Reichart erinnert sich an Kinderauftritte zum Internationalen Frauentag, zu Oktoberrevolutions-Feiern und in Altenheimen. Dass er auch in Kirchen spielte, war in den kommunistischen Land nicht gerne gesehen.

1970 siedelte Paul Reichart mitsamt seinen Eltern aus der damaligen Tschechoslowakei nach Deutschland übee. Der Vater ging als Buchhalter nach Fürth. Der talentierte Junge studierte im Meistersinger-Konservatorium in Nürnberg. Mit Erfolg bewarb sich Reichart 1977 beim Orchester des Stadttheaters in Würzburg.

Paul Reichart liebt seinen Beruf, wohnt in Gerbrunn und besitzt drei böhmische Geigen – die älteste ist 300 Jahre alt. Ihr Bogen ist mit mongolischen Pferdehaaren bespannt. Reichart lehrt in Schulen, gibt Privatunterricht und hilft viel in anderen Orchestern aus, erweitert so sein Repertoire und lernt neue Dirigenten kennen.

Geiger ist ein anstrengender Beruf, sagt Reichart. Zum Ausgleich schwimmt er viel und fährt Rad. Seine Hobbies sind Reisen und Fotografieren. Aber die Musik ist sein Leben. Zehn Jahre möchte er noch beruflich Geige spielen. Er hofft, dass das Mainfranken Theater auf Dauer als Dreisparten-Haus bleibt.

Zum seinem 30. Dienstjubiläum wünscht sich Reichart, auf wenigsten 40 der 120 Geigen seines Freundes und Geigenbaumeisters Albert Steiner am Würzburger Sternplatz spielen zu dürfen.

Gelegentlich reist Paul Reichart in seine böhmische Heimat, wo er viele Verwandte hat. Böhmen ist bekannt für seine Blasmusik und die Komponisten Smetena, Dvorak und Janacek. „Denn aus Böhmen, da kommt die Musik.“

Während seiner drei Jahrzehnte am Würzburger Theater hat der Geiger viele „Chefs“ erlebt. Der erste war Musikdirektor Max Kink. 1979 kam Wolfdieter Maurer als Generalmusikdirektor nach Würzburg. „Diese zwölf Jahre haben mich sehr geprägt“, sagt der Dienstjubilar. Von 1991 bis 2000 spielte Paul Reichart unter dem Engländer Jonathan Seers: „Das waren künstlerisch und finanziell gute Zeiten.“ eers hatte auch „eine große Jazz-Ader“, so Reichart. Klassik meets Jazz: Höhepunkte waren Auftritte mit dem schwarzen Trompeter Benny Bailey und dem Saxophonisten Charlie Mariano aus den USA.

2000 kam der Schweizer Daniel Klajner als Dirigent. Sein Beginn fiel in die Zeit der Theaterkrise. Es ging um „Sein oder Nichtsein“. Klajner dirigierte viel im Ausland. „Aber irgendwie war er nicht mit dem Herzen bei unserem Würzburger Theater“, so der Geiger. Reichart gefiel aber, dass Klajner „Mein Vaterland“ des Tschechen Smetana brachte und die „Jüdische Suite“ des hochbetagten, in Würzburg geborenen Norbert Glanzberg aufführte.

Schließlich folgte der aktuelle Generalmusikdirektor Jin Wang, ein Österreicher mit chinesischen Wurzeln. Reichart: „Er sucht eine emotionale Beziehung zum Orchester. Sein Ziel ist es, die Qualität zu steigern.“ Besucherzahlen steigen, überregional gibt es tolle Kritiken. Wang hat Visionen: im März 2008 wird in der Berliner Philharmonie gespielt und sogar ein Gastspiel in China ist geplant.

 
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