Auf großes Interesse traf die Fotoausstellung "100 Jahre Mühlhäuser Familien". Sie wurde von Mitgliedern des "Vereins zur bäuerlichen und handwerklichen Kulturguterhaltung Mühlhausen" (VKM) initiiert. Erwartet hat der Verein "vielleicht 30 Gäste". Gekommen sind über 80 Personen. Der Ansturm im Dorfgemeinschaftshaus zum Adventskaffee mit Vortrag hat alle überrascht.
Im Juli 2019 hat Reinhilde Prinz vom VKM schon einmal acht Haus- und Hofgeschichten vorgestellt. Nun hat sie die Corona-Zeit genutzt und weitere 14 Familien- und Hofgeschichten zusammengetragen. Grundlage der Ausstellung war wieder ein Fotoalbum aus dem Jahr 1928 mit Bildern von Familien in Mühlhausen. Das Album hatte einst Kaplan Franz Bötsch zur Verabschiedung nach sechs Jahren segensreichen Wirkens im Ort geschenkt bekommen.
Anhand der historischen Bilder, Familienaufnahmen und neuen Fotografien erinnerte Reinhilde Prinz beim Kaffeenachmittag an die letzten 100 Jahre der 14 Gebäude im Ort, an ihre Veränderungen, an deren Bewohnerinnen und Bewohner. Dazu hatte sie die jeweiligen Familien um Fotos und Informationen gebeten. Das älteste Foto aus dem Jahr 1889 stammt von der Familie Heil. Damals hat sich die Gastwirtfamilie vor ihrem Haus und mit ihrem Hund fotografieren lassen.
Gemeinsame Erinnerungen geweckt
Bei etlichen Besucherinnen und Besuchern wurden aufgrund der Bilder und Geschichten Erinnerungen geweckt. Sie erzählten von der gemeinsamen Schulzeit, von Ferien bei Verwandten in Mühlhausen und von Festen "beim Hugo Heil". Sie erinnerten sich an Kellergänge, die Höfe miteinander verbanden, oder an Samstagabende bei einer Familie, "die damals schon einen Fernseher hatte".
Moderatorin Prinz lenkte das besondere Augenmerk auf Frater Maurus Kraus. Er war ein Bildhauer. Valentin Kraus, geboren 23. August 1873, stammte aus Mühlhausen und ging schon mit 14 Jahren in die Holzschnitzerschule in Bischofsheim in der Rhön. Nach der Gesellenprüfung und Jahren der Wanderschaft begann er in München eine Ausbildung an der Akademie der Bildenden Künste. 1905 eröffnete Professor Valentin Kraus eine eigene Werkstatt in München. Sein Schwerpunkt waren christliche Skulpturen.
Der spätere Frater Maurus war ein begnadeter Künstler. In der Dorfkirche steht sein Modell der Figur "Die letzte Rast Christi". Dieses Kunstwerk hat Prof. Kraus 1904 in seiner Münchner Werkstatt hergestellt. Es ist sein bekanntestes Werk. Die Marmor-Skulptur in Lebensgröße steht in der Würzburger Adalberokirche. Dass Christus zusammengesunken auf seinem eigenen Kreuz sitzt, war eine damals neue Passionsdarstellung.
Werke in Rimpar, Würzburg oder Bamberg
Weitere Werke sind in der Kirche in Rimpar, der Schottenkirche in Würzburg (eine Statue des heiligen Jakobus der Ältere als stehender Pilger mit breitkrempigen Hut sowie eine Muttergottes mit Kind), in der Ottokirche in Bamberg oder der Pfarrkirche St. Benedikt in Postmünster.
Matthias Hossner hatte zur Ausstellung einige Exponate beigetragen. Sein Großvater Philipp war der Bruder von Valentin Kraus, dem späteren Frater Maurus. Der Ur-Neffe von Frater Maurus erzählte bei der Ausstellung von einer Anekdote zum Modell der "letzten Rast Christi". Dieses Modell ist etwa zehn Kilogramm schwer und steht etwas versteckt in der Mühlhausener Dorfkirche St. Georg.
Figur im "Hasensack" zurückgeholt
Ein Pfarrer von Kürnach habe einst die Modellfigur aus der Kirche mitgenommen und in der Kürnacher Kirche aufgestellt. Damit sei Philipp Kraus, der Bruder des Künstlers, nicht einverstanden gewesen. Heimlich ging er zu Fuß nach Kürnach und holte, versteckt in einem "Hasensack", die Figur zurück. Sein Bestehen darauf, dass das Modell in Mühlhausen bleiben müsse, hatte schließlich Erfolg.
In seinen letzten Lebensjahren ging Bildhauer Valentin Kraus als Oblate ins Kloster und lebte ab 1932 als Benediktinermönch in Münsterschwarzach. Diese letzten Jahre nannte er selbst als seine glücklichsten. Frater Maurus arbeitete ab 1935 an der Planung und dem Neubau der Abteikirche mit. Die Skulptur Christkönig am Hochaltar und der Abtsthron sind ebenso die vier Evangelisten am Haupteingang von ihm.
An seinem 68. Geburtstag verstorben
1941 wurde die Abtei von den Nationalsozialisten aufgelöst und die Mönche wurden vertrieben. Der bereits erkrankte Frater Maurus kam in das Würzburger Juliusspital. Dort verstarb er noch 1941 mit 68 Jahren an seinem Geburtstag und wurde zunächst in seinem Heimatdorf Mühlhausen beerdigt. 1946 überführte ihn die Ordensgemeinschaft der Benediktiner nach Münsterschwarzach. Am Friedhof in Mühlhausen erinnert seit 2011 ein Gedenkstein an den bekannten Künstler aus dem Dorf.
Zur Ausstellung in Mühlhausen hat die Abtei Münsterschwarzach mehrere Modelle und Schriften ausgeliehen. Frater Maurus werde bei den Benediktinern nach wie vor hochgeschätzt. Er habe "die Sprache der Kunst gepredigt". Seine Arbeiten in Kirchen und Klöstern oder auf Friedhöfen sind nicht nur vor Ort und in den Nachbargemeinden zu bestaunen. Sie sind in vielen Städten in Deutschland und sogar in Missionskirchen der Benediktiner in Asien und Afrika.
Viele weitere Ideen zur Dorfgeschichte
Im alten Fotobuch für Kaplan Bötsch aus dem Jahr 1928 sind rund 30 Familien abgebildet. Der VKM möchte möglichst noch die restlichen Hof- und Familiengeschichten aufarbeiten. Reinhilde und Günther Prinz sowie die weiteren Vereinsmitglieder haben viele Ideen, welche Geschichten sie über ihr Dorf Mühlhausen bewahren möchten. Etwa wie es einst in der Gastwirtschaft oder in der Mühle war oder wie es zu einem Pfarrhaus im Ort kam. Außerdem soll der Blick auf das Leben der Landfrauen und Bäuerinnen ausgeweitet werden.
Der Kaffeenachmittag im Dorfgemeinschaftshaus wurde von den Gästen als "sehr interessant" gelobt. Noch lange standen rund um die Bilder die Familien, Bekannte und Freunde beieinander und erzählten sich Geschichten von früher. Otto Füller bedankte sich bei Moderatorin Reinhilde Prinz für ihr Engagement und bei den Besucherinnen und Besuchern für das Interesse. Es war schon dunkel, als sich die letzten Gäste auf den Heimweg machten.