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Margetshöchheim
Beweglichkeit bis ins hohe Alter bringt Lebensqualität
Matthias Ernst
 |  aktualisiert: 11.12.2019 21:36 Uhr

Mit 35 Jahren hat Simone Baumann ihre Bestimmung gefunden. Sie bringt als Personal Trainer ältere und nicht mehr so bewegliche Menschen dazu, sich wieder auf ihren Körper zu verlassen und so möglichst lange selbstständig fit und mobil zu bleiben und vor allem Stürze zu vermeiden. Es ist ihr eine Herzensangelegenheit, das merkt man der junge Frau an. Sie kann gut mit den Menschen umgehen und findet schnell Zugang zu den Senioren.

Die gebürtige Margetshöchheimerin hat zuerst eine klassische Banklehre gemacht, aber schnell gemerkt dass dies nicht das Richtige für sie ist. Danach folgte eine Ausbildung als Fremdsprachenkorrespondentin, aber hier fehlte ihr der Kontakt zu Menschen. Ein Unfall ihrer Großmutter brachte sie schließlich auf den richtigen Weg. "Vor fast genau zwei Jahren ist meine Oma zu Hause gestürzt und seitdem hat sich ziemlich viel in ihrem und auch in unserem Leben verändert". Vor dem Sturz war sie trotz ihrer stolzen 83 Jahren noch körperlich fit, ging regelmäßig auf die Straße und "unter die Leute". Seit ihrem Unfall hingegen läuft sie selbst im Haus nur noch mit Rollator und bis Anfang diesen Jahres verließ sie das Haus so gut wie gar nicht mehr. Ihr Leben spielte sich mehr oder weniger auf einer Etage ab, weder der Keller noch die oberen Stockwerke wurden genutzt und der Tag begann und endete in der Küche vor der Fernseher.

"Omas Schicksal ist kein Einzelfall"

"Ich habe viel über die Veränderungen durch den Sturz und ihren Oberschenkelbruch nachgedacht und es hat mich erschrocken zu sehen, dass sie sich bis heute nicht wieder hundertprozentig erholt hat und ich habe gemerkt, dass ihr Schicksal leider kein Einzelfall ist", berichtet Baumann über ihre Motivation, sich beruflich zu verändern. Sie machte eine Ausbildung zur Sturzpräventions-Trainerin und fängt nun an, den Senioren zu helfen, ihre frühere Sicherheit zurückzugewinnen oder - bestenfalls zeitig genug - zu beginnen, um einen Sturz und dessen dramatische Folgen ganz zu vermeiden.

Erstaunlicherweise machen die "typischen Stolperfallen" wie lose Kabel, Teppichfalten und herumstehende Schuhe nur 10 Prozent aller Stürze aus, haben Studien gezeigt, die Simone Baumann zitieren kann. Der Löwenanteil ist bedingt durch nachlassendes Gleichgewicht und mangelnde Kraft. Durch langsamere Reaktionsfähigkeit sind ältere Menschen noch dazu nicht mehr in der Lage, ein Hängenbleiben oder Stolpern mit einem schnellen Schritt nach vorne oder zur Seite zu kompensieren. Hier setzt ihr Kurs "Fit bis ins hohe Alter" an. Mehrere Kurse sind bereits im Gange und sowohl die Altersstruktur als auch die körperlichen Voraussetzungen der Teilnehmer sind bunt gemischt. Von Mitte 60 bis 93 Jahre ist alles vertreten.

Aber ganz unabhängig vom Alter, schon nach den ersten Stunden spürten die Teilnehmer eine Verbesserung in ihren motorischen Fähigkeiten, alltägliche Aufgaben. Sei es von einem Stuhl aufstehen, oder ohne Stock oder Rollator sicher zu stehen und zu gehen, bis hin zu einem Einbeinstand auf einer wackeligen Unterlage für die fortgeschritteneren Senioren, berichtet Baumann von den ersten Kursen in Margetshöchheim und Rimpar. In Margetshöchheim fährt sogar der Bürgerbus und holt die Teilnehmer zu Hause ab, wenn sie es wünschen. "Bürgermeister Waldemar Brohm unterstützt mich da sehr". Das Projekt wird unter anderem durch die ortsansässigen Hausärzte sowie Dr. med. Frank Deininger (Rheumatologische Schwerpunktpraxis Würzburg) unterstützt und empfohlen.

Motivation durch Worte und Taten

Unser Körper ist nun ziemlich schlau, alle Funktionen, von denen er merkt, dass sie nicht mehr gebraucht werden, baut er langsam ab. Er baut also die Muskeln ab, der Gleichgewichtssinn ist nicht mehr so gut wie früher und es entsteht ein Teufelskreislauf. Man merkt, dass alles nicht mehr so funktioniert wie früher, daher bewegt man sich auch weniger. Und der Körper baut noch mehr ab. Und man bewegt sich noch weniger. Das Risiko erneut hinzufallen steigt dadurch immer weiter. Und da greift der Kurs von Simone Baumann an. Sie motiviert ihre Teilnehmer durch Worte und Taten.

Eine Seniorin konnte zu Beginn des Kurses nicht sicher stehen und bewegte sich nur mit Rollator im Raum. Nun traut sie sich wieder, aufrecht zu gehen und wieder ohne Stock zu laufen. Selbst das Treppensteigen macht ihr jetzt weniger Probleme. Und eine weitere Seniorin, die freut sich ganz besonders über ihre Fortschritte. Seit sie gestürzt war, traute sie sich nicht mehr, allein zu laufen oder sich im Haus zu bewegen. Das ist nun wieder anders.

Simone Baumann hat die älteren Herrschaften behutsam aufgerichtet - im wahrsten Sinne des Wortes - und ihnen neuen Mut gegeben. Sie ist überzeugt von ihrem System, das mit kleinen Schritten für Gesunde zu großen Fortschritten bei älteren Personen führt. Beim Abschlussritual geht es dann nicht mehr nur um die Bewegung, sondern auch um die menschlichen Kleinigkeiten, die das Leben interessant machen. Auch das gehört zum Konzept von Simone Baumann dazu. Sie sieht die Menschen als Ganzes und nimmt jeden so an, wie er ist.

 
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