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Heidingsfeld
Bewegende Erinnerungen bei Zeitzeugengesprächen in St. Paul: Das Grauen kehrte zurück
Hintere Reihe (von links): Winfried Regnat, Moderator Eberhard Schellenberger, Hans Schubert, Gerhard Haberland, Michael Kuhn, Elfriede Wegmann, Günter Barcatta, Erna Meyer und Friedrich Bürner. Vordere Reihe (von links): Jochen Ohlhaut, Richard Wohlfart, Luitgard Braun, Sissi Purps, Günter Rückert, Kurt Heller und Hildegard Störlein.
Foto: Otto Baumann | Hintere Reihe (von links): Winfried Regnat, Moderator Eberhard Schellenberger, Hans Schubert, Gerhard Haberland, Michael Kuhn, Elfriede Wegmann, Günter Barcatta, Erna Meyer und Friedrich Bürner.
Bearbeitet von Marius Flegler
 |  aktualisiert: 24.03.2025 02:29 Uhr

Aus Anlass des 80. Jahrestages der Zerstörung Würzburgs und Heidingsfelds beim Luftangriff des 16. März 1945 rief die Bürgervereinigung Heidingsfeld im Zusammenwirken mit Diakon Toni Barthel von der katholischen Pfarreiengemeinschaft Heidingsfeld – St. Bruno sowie der evangelischen Kirche St. Paul Zeitzeugen auf, sich zu melden. Eine beachtliche Anzahl von 17 Heidingsfelder Zeitzeugen folgte dem Aufruf – die älteste Person mit Geburtsjahrgang 1931. Sie waren bereit, über ihre Erlebnisse in der Bombennacht zu berichten. Das teilt die Bürgervereinigung Heidingsfeld in einem Presseschreiben mit, dem folgende Informationen entnommen sind.

Die Moderation übernahm der ehemalige Leiter des BR Regionalstudios Mainfranken, Eberhard Schellenberger. Am Freitag, 14. März, fanden in der Heidingsfelder Kirche St. Paul unter dem Titel "Als Heidingsfeld brannte" die "Zeitzeugengespräche" vor etwa 250 Besuchern statt. Nach der Begrüßung durch Udo Feldinger, dem Vertrauensmann des Kirchenvorstandes St. Paul, bat Schellenberger nacheinander insgesamt 13 Zeitzeugen, aufgeteilt in drei Gruppen, in den Altarraum der Kirche ans Mikrofon, um sie nach ihren Kindheitserinnerungen vom 16. März 1945 zu befragen.

Einige brachten schriftliche Aufzeichnungen mit, andere berichteten bis ins Detail genau von ihren schrecklichen Erlebnissen an diesem Abend. Bei Luftalarm suchte man mit einem Notfallkoffer die Schutzkeller auf. Als der Bombenhagel am 16. März einsetzte, erschütterten Einschläge in unmittelbarer Nähe die Keller und ließen den Putz von den Gewölben rieseln. Das Licht erlosch und die Keller füllten sich mit Staub und Rauch. Menschen schrien panisch und begannen zu beten. Ein damals sechsjähriger Zeitzeuge beschrieb diese Ausweglosigkeit mit den Worten: "Ich dachte, das ist meine letzte Stunde."

Sogar Zwangsarbeiter zeigten ihr Mitgefühl

Als die Detonationen verstummten, galt es, möglichst schnell die Keller zu verlassen. Oft war das nicht möglich, weil sämtliche Kellerausgänge von Mauerwerk verschüttet waren. Helfende Nachbarn gruben die Kellerausgänge von außen frei. Zwangsarbeiter aus dem "Russenlager" zeigten Mitmenschlichkeit und trugen einen beidseitig Beinamputierten aus einem Keller. Ein anderer "Ostarbeiter" gab trotz seiner eigenen Notlage einem Sechsjährigen ein Stück Brot.

Ein Zeitzeuge, damals zehn Jahre alt, erinnerte sich daran, dass die Häuser schon in Vollbrand standen und Fassaden eingestürzt waren, als er in ein Kellergewölbe zurück kroch, um nachzusehen, ob ein Baby in einem Kinderwagen zurückgelassen wurde. Man kämpfte sich durch die Flammenhölle hinaus aus dem brennenden Städtchen, um irgendwo in Randersacker oder Rottenbauer ein notdürftiges Quartier zu finden. Oder man übernachtete auf freiem Feld.

Einige Zeitzeugen waren selbst 80 Jahre nach diesen traumatischen Erlebnissen dermaßen ergriffen, dass sie von ihren Gefühlen überwältigt wurden. Über 90 Minuten folgten die Besucher gebannt den Schilderungen der Zeitzeugen. Mit einem geistlichen Schlusswort, einem Vaterunser und dem Segen beendete der Hausherr der Kirche St. Paul, Pfarrer Klöss-Schuster, die ergreifenden Zeitzeugengespräche. Im Gemeindehaus St. Paul gab es anschließend die Möglichkeit zu Begegnungen und Gesprächen.

 
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