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Würzburg
Betrug in Franken mit französischem Bier
Auf dem Papier gingen Millionen Liter Bier in den Raum Würzburg. In Wahrheit landete es illegal in England. 32 Millionen Euro Steuern sollen sich Gauner so erspart haben.
Quiz: Was wissen Sie über Bier?       -  Nur auf dem Papier kam französisches Bier (Symbolbild) nach Franken: In Wahrheit sollen gewiefte Gauner es nach England gebracht haben. Steuerersparnis: 32 Millionen Euro.
Foto: dpa | Nur auf dem Papier kam französisches Bier (Symbolbild) nach Franken: In Wahrheit sollen gewiefte Gauner es nach England gebracht haben. Steuerersparnis: 32 Millionen Euro.
Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 03.12.2019 11:07 Uhr

Der Raum Würzburg steht im Mittelpunkt eines abenteuerlichen Steuerbetruges: Nach Angaben von Zollfahndern ging französisches Bier auf Wanderschaft - laut der Papiere nach Deutschland, in der Realität aber auf den Schwarzmarkt nach Großbritannien.

Würzburger soll beim Betrug geholfen haben

Den 56-jährigen französischen Hintermann und "Organisator einer international agierenden Gruppierung von Hinterziehern der Biersteuer haben Zollfahnder vergangenen Dienstag (12. März 2019) verhaftet", hieß es am Montag in München. Aber vor allem in Unterfranken waren die Zöllner fleißig: Sie vollstreckten den Haftbefehl gegen einen in Würzburg ansässigen Komplizen.

Zehn Durchsuchungen

Insgesamt zehn Privatwohnungen, Geschäftsräume, Lagerstätten und eine Steuerkanzlei haben die Ermittler des Zolls im Großraum Würzburg durchsucht und dabei umfangreiches Beweismittel sichergestellt. Die Ermittlungen von Zoll und der Staatsanwaltschaft Würzburg erstrecken sich mittlerweile auf insgesamt acht Tatverdächtige mit unterschiedlichen Staatsbürgerschaften, die zwischen 25 bis 56 Jahren alt sind.

77 Millionen Liter Bier am Fiskus vorbei geschmuggelt

Um mehr als 32 Millionen Euro Biersteuer soll die Gruppierung den französischen Fiskus im Zeitraum April 2017 bis Dezember 2018 geprellt haben.  Dabei kam es bei rund 3300 Lkw-Lieferungen Bier mit einer Menge von mindestens 77 Millionen Litern des Gerstensaftes zur Vermeidung der Biersteuer in Frankreich, die dort ungefähr dreieinhalb Mal höher ist als in Deutschland.

Um sich die in einigen EU-Mitgliedstaaten hohe Verbrauchsteuer auf Bier zu sparen, bedienten sich die Tatverdächtigen eines beliebten Modells der Steuerminimierung. In Frankreich ist dort produziertes Bier mit einem relativ hohen Steuersatz belastet: rund 35 Euro je Hektoliter. Es wurde offenbar unversteuert nach Deutschland transportiert und hier beim Hauptzollamt Schweinfurt versteuert mit etwa neun Euro je Hektoliter. Teil der Täuschung war die Behauptung, in Eisingen (Lkr. Würzburg) werde das aus Frankreich gelieferte Bier weiterverkauft.

Auf den britischen Schwarzmarkt geliefert

Dann sparten die Gauner ein zweites Mal: "Dem Ergebnis der Ermittlungen zufolge dürfte das Bier allerdings unmittelbar von Frankreich nach Großbritannien geliefert worden und dort auf dem Schwarzmarkt gelandet sein", erklärt der Sprecher des Hauptzollamtes München. Die höchstwahrscheinlich auch dabei eingesparte Biersteuer ist sogar etwa zehn Mal so hoch wie
in Deutschland.

Untersuchungen beim Firmensitz zunächst in Waldbrunn und später in Eisingen haben ergeben, dass dort nur zur Tarnung ein wenig Bier angeliefert worden war, um den Schein zu wahren. Nicht einmal zwanzig Ladungen wurden angeliefert. "Die Bestände trugen teilweise ein abgelaufenes Haltbarkeitsdatum und dürften nur gelagert worden sein, um bei Kontrollen einen ordnungsgemäßen Betriebsablauf vorzutäuschen", glauben die Ermittler beim Zoll.

Zehnmal die Menge fürs Oktoberfest

Die Menge des umgeleiteten Bieres ist gewaltig. Zum Vergleich: Der Ausschank in den Zelten auf dem Münchner Oktoberfest wäre mit der Menge Bier, auf die sich die Ermittlungen in diesem Fall beziehen, für zehn Jahre gesichert gewesen.

 
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  • M. B.
    Warum wird das Bier denn überhaupt in Deutschland versteuert, wenn es sowieso in GB auf dem Schwarzmarkt verkauft wird? Wo ist der Sinn? Über eine genauere Erläuterung würde ich mich freuen.
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  • H. G.
    @maxand da es sich offensichtlich um keine Schwarzbrennerei gehandelt hat muss der Franzose entweder vor Ort versteuern oder erklären, wie 3.300 LKW-Ladungen verschwinden konnten. Wenn er angibt "nach D" geliefert kostets nur 1/10 der Steuern, als wenn er angibt "nach GB" (offensichtlich verkauft sich die Plörre dort besser als in D, nicht zuletzt wegen des "Steuervorteils").
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  • R. R.
    Na dene Prost 🍻 soweit ich mich erinnere hat man den gleichen Trick über Frankreich schon mal mit Schnaps gemacht . Dreist und einfach wie leicht sowas geht.
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  • P. K.
    Einfach geht es wohl nicht, sonst wäre der Trick nicht so schnell aufgeflogen.
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  • M. G.
    Irgendwie verstehe ich die Logik nicht, bzw. muss das Bier eine hochgefragte Marke in England sein! Wenn es nur um Bier geht bekommt man es auch so günstiger in Deutschland.
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  • R. A.
    Französisches Bier. Den Engländern grauts wirklich vor nix.
    Wenns über die Holländer gelaufen wär, könnt ichs ja noch verstehen. Aber über Franken und Bayern? Das ist doch bei der Menge ein Sockenschuss. Das musste doch kurz über lang auffallen. Gier frisst Hirn.
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Na denn Prost!
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  • E. H.
    "Dabei kam es bei rund 3300 Lkw-Lieferungen Bier mit einer Menge von mindestens 77 Millionen Litern des Gerstensaftes", müssen aber ziemlich große LKWs gewesen sein? Würde gerne mal so ein 23.000 Tonner sehen.
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  • P. K.
    23 Tonnen Ladekapazität reichen voll aus.
    Richtig rechnen ist halt nicht so einfach.
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  • K. E.
    Ich komme - vorausgesetzt, man verteilt das Bier gleichmäßig auf alle Lkw - auf 23,3 Tonnen Ladung pro Lkw. Wo liegt das Problem?
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  • S. G.
    Französische Bier.....pfui.....damit kann man Geld verdienen ?
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  • G. B.
    Prima so funktioniert die EU. Das ganze gleicht immer mehr einer Bananenrepublik.
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  • L. W.
    In einer Bananenrepublik

    funktionieren solche Bereicherungen einiger weniger problemlos.

    Immerhin ist die Sache aufgeflogen und der Betrug aufgedeckt.

    Wäre das auch in Ungarn aufgedeckt worden wenn ein Hr. Orban oder jemand aus seiner Familie profitiert hätte?
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  • H. E.
    Dieser Kommentar trägt nicht zu Diskussion bei und wurde daher gesperrt.
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  • P. K.
    Funktioniert doch. Nach nur zwei Jahren ist der Schwindel aufgeflogen und die Täter sitzen ein.
    In einer Bananenrepublik hätten sich auch die Zollbeamten bereichert. Also, nix ist es mit Bananenrepublik.
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  • M. G.
    Stimmt!
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