Sie habe doch nur Gutes tun wollen für Waisenkinder in Afrika, sagte eine Rentnerin. Der Staatsanwalt beim Amtsgericht in Würzburg war jedoch überzeugt, dass sie eine internationale Bande logistisch unterstützt hat. Wegen Beihilfe zum Betrug in Höhe von knapp 100 000 Euro wurde eine 63-Jährige nun zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt.
Für die bekannte kriminelle "Nigeria Connection" habe die Frau in Würzburg auftragsgemäß bei drei Banken Konten eröffnet, ankommende Geldbeträge sofort abgehoben und an eine bei Kriminellen gern in Anspruch genommene Bank überwiesen. Sie sei davon ausgegangen, dass schnell geholfen werden müsse, sagte sie. "Geben ist seliger als nehmen" sei schon immer ihr Motto gewesen.
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Sie wisse auch nicht, so die Rentnerin, warum ein ehemaliger amerikanischer General namens Marc Nelson ausgerechnet auf ihrem Laptop auftauchte. Er habe sie um Unterstützung gebeten und geschildert, dass er während seiner Zeit bei der Armee nicht nur in Afghanistan großes Leid mit ansehen musste. Deswegen engagiere er sich jetzt im Ruhestand vor allem für Aids- Waisen, kranke und hungernde Kinder in Afrika. Warum das Geld von Spendern erst auf ihr Konto ging, danach gleich wieder abgehoben und wieder eingezahlt werden musste, dafür habe sie sich gar nicht interessiert. Ihr sei es nur um die Kinder gegangen, sie habe selbst früher zwei Patenkinder in Afrika unterstützt.
Am Telefon ging es um Liebe aber auch um religiöse Themen
Die Frage, warum sich der angebliche Ex- General mit der Bitte um Unterstützung gerade an diese Rentnerin gewandt hat, versuchte ihr Verteidiger zu erklären. Da sei die international bekannte Betrugsmasche "love scamming" ( "mit Liebe betrügen" ) im Spiel gewesen, so Rechtsanwalt Klaus Spiegel. Übers Internet geben alleinstehende Frauen preis, dass sie nichts dagegen hätten, wenn für sie im Herbst des Lebens noch einmal so ein richtiger Frühling der Gefühle ausbreche. So komme die Bande sowohl an größere Geldbeträge, als auch an Unterstützerinnen, die dann den Weg des Geldes verschleiern. In sichergestellten Chat-Protokollen sei es nie um afrikanische Kinder gegangen, sondern immer um Auf- und Ausbau von Liebesbeziehungen, die Angeklagte habe sich allerdings mit "General Nelson" auch sehr intensiv über religiöse Themen unterhalten.
Munition vor der Haustür
Als sie dem "Herrn General" am Telefon sagte, so die Rentnerin, dass sie nicht mehr weiter machen wolle, dann sei in den folgenden Tagen eine schwarze Limousine mit Hamburger Kennzeichen mehrfach vor ihrem Haus drohend auf - und abgefahren. Außerdem habe der General ihr mit der Russen- Mafia gedroht und vor ihrer Haustüre habe sie einmal sogar eine Patrone gefunden. Die Frau sei Opfer und Täter zugleich, so ihr Verteidiger. Er bat um eine Bewährungsstrafe.
Dafür sah das Schöffengericht keine Chance, weil die Frau "viel erzählt, aber wenig Konkretes gesagt hat." Sie habe nur scheibchenweise gestanden und nur, was schon in den Akten steht. Außerdem habe die Rentnerin bereits eine gewisse Erfahrung mit internationalen Betrügern: Sie ist vorbestraft wegen Geldwäsche in 17 Fällen.
Kleines Mißverständnis. Die Frau hat nicht 17 Vorstrafen, sondern e i n e Vorstrafe für 17 Fälle der Geldwäsche