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WÜRZBURG
Bestatter und Kirche in Konkurrenz?
Friedhof       -  Symboldbild Friedhof
Foto: Martin Schutt, dpa | Symboldbild Friedhof
Robert Menschick
 |  aktualisiert: 17.10.2017 11:30 Uhr

Würzburgs Bischöfe visitieren in diesen Wochen das Würzburger Stadtdekanat. Bischof Friedhelm Hofmann wird dabei auch ein Gespräch zur Trauerkultur auf dem Programm haben. Urnenbestattungen nehmen zu, die wachsenden orthodoxen Gemeinden bringen neue Gewohnheiten mit. Was verändert sich? Wir unterhielten uns darüber mit Stadtdekan Jürgen Vorndran.

Frage: Trauerkultur – warum gerade dieses Thema?

Dekan Jürgen Vorndran: Der starke Wandel in der Bestattungskultur hat auch in Würzburg rund um den Friedhof vieles in Bewegung gebracht. Dabei bringt jede Veränderung immer auch Verunsicherung mit sich. Um im Umgang mit der Trauer Missverständnisse und Verletzungen so weit wie möglich auszuschließen, braucht es immer wieder das Gespräch und ein gemeinsames und gegenseitiges Verstehen.

Mit wem wird der Bischof sprechen?

Vorndran: Mit am Tisch sitzen die Vertreter der städtischen Friedhofsverwaltung, der Bestatter sowie der Pfarrer, Diakone und Pastoralreferentinnen und Gemeindereferentinnen, die kirchliche Begräbnisfeiern leiten.

Was hat sich verändert in den letzten Jahren?

Vorndran: Wir haben eine Trendwende von der Erd- zur Urnenbestattung. Zunächst reagierte man mit Stellplätzen in der Friedhofswand. Viele Trauernde möchten die Urne ihres Verstorbenen aber in der Erde bestatten. So entstand auf dem Hauptfriedhof ein ganzes Feld von Urnengräbern in der Erde, das gärtnerisch gepflegt wird. Viele allein lebende Menschen plagt ja die Sorge um die Grabpflege.

Wo liegen weitere Problemfelder?

Vorndran: Die Zuwanderung macht auch das christliche Leben in Würzburg bunter. Die orthodoxen Gemeinden in der Stadt wachsen. Sie sind gewohnt, dass der Totengottesdienst am offenen Sarg stattfindet und mit dem letzten Kuss endet. Weil das die geltende Friedhofssatzung in der Aussegnungshalle auf dem Waldfriedhof nicht ermöglicht, müssen die Gemeinden in einen Nebenraum ausweichen. Hier unterstützen wir die Bemühungen, eine neue Satzung zu erarbeiten.

Ist der Abschied am offenen Sarg nur ein Wunsch orthodoxer Christen?

Vorndran: Nein, auch für Muslime ist dies wichtig. Grundsätzlich halte ich es für grundlegend, dass jeder, der am offenen Sarg Abschied nehmen will, dies auch darf. Für einzelne Trauernde ist es ungemein wichtig, den Toten nochmals zu berühren. Nur so begreifen sie, dass der Tote wirklich tot ist. Die Trauer kann erst beginnen, wenn der Tod des Angehörigen nicht mehr angezweifelt oder verdrängt wird. Eine Glasscheibe vor dem offenen Sarg wie am Waldfriedhof lässt diesen unmittelbaren Abschied letztlich nicht zu. Sie kann nur dann eine Lösung sein, wo sie aus hygienischen Gründen unverzichtbar ist.

Gibt es auch neue Herausforderungen in der Zusammenarbeit zwischen Kirche und Bestattern?

Vorndran: Ja. In der Zellerau kam neulich ein Witwer zum Pfarrer und bat um ein Requiem für seine Frau, die Wochen zuvor von einem freien Redner bestattet worden war. Er gab seiner Not Ausdruck, dass er das werbende Angebot des Bestatters für eine freie Beerdigung angenommen habe, obwohl seine Frau sehr religiös gewesen sei. Nun plagten ihn Gewissensbisse, weil er seiner Frau die kirchliche Beerdigung versagt hatte. Der Seelsorger ist auf das Anliegen des Witwers eingegangen und hat mit ihm das Requiem gefeiert.

Droht eine Konkurrenz zwischen Bestattern und Kirche?

Vorndran: Genau das wollen wir verhindern, eben gerade weil die freien Beerdigungen sich für die Bestatter zu einem Geschäftsmodell entwickelt haben. Die Kirche hingegen betrachtet die Beerdigung der Toten als ein Werk der Barmherzigkeit und sieht sich darin für ihre Gemeindemitglieder auch in der Pflicht.

Was ist Ihre Forderung an die Bestatter?

Vorndran: Im Trauerfall selbst wählen zu sollen zwischen kirchlicher Bestattung oder freier Abschiedsfeier, birgt viele Schwierigkeiten in sich. Da mag die religiöse Distanz der Angehörigen der religiösen Bindung des Verstorbenen bisweilen entgegenstehen. Also erfordert die Beratung zu einer solchen Entscheidung hohe Sensibilität und Respekt, eben auch und gerade vor der Überzeugung des Verstorbenen. Die Form der Bestattung sollte gerade auch ihm gerecht werden. Aus unserer Sicht hat jeder Katholik zunächst einmal sein Recht auf eine katholische Bestattung.

Wie kommt die Kirche ihrer Pflicht für jedes verstorbene Gemeindemitglied nach?

Vorndran: Wir mühen uns um eine gute Begleitung der Trauernden und eine persönliche und würdige Feier der Beerdigung. Außerdem hat in jeder heiligen Messe das Gebet für die Verstorbenen seinen festen Platz. An Allerheiligen und Allerseelen sind die Gottesdienste besonders dem Gedächtnis aller Verstorbenen gewidmet. Dann entzünden wir beim Gedenken an die Verstorbenen des letzten Jahres auch Kerzen und beten dabei für alle, besonders auch für die, die ohne kirchliche Begleitung ihren Platz auf dem Friedhof gefunden haben.

 
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  • Wie und von wem sich die Menschen bestatten lassen, sollte jedem einzelnen überlassen werden. Eine Begleitung der Trauernden ist immer hilfreich. Obwohl ich gerne alte Friedhöfe besuche bin ich doch nachhaltig der Meinung, dass der Friedhofszwang aufgehoben werden sollte. Die Menschen sollen selbst entscheiden dürfen wo ihre letzte Ruhestätte ist.
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