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WÜRZBURG
Besprechungen statt Gebete
Den evangelischen Betsaal der Universitätsklinik Würzburg gibt es nicht mehr. Beim „Abschied“: Die Klinikseelsorger mit der stellvertretenden Dekanin Susanne Wildfeuer (links), Pater Maximilian Bauer (Dritter von links), dem evangelischen Pfarrer Jürgen Floß (Dritter von rechts) und dem alt-katholischen Pastor Klaus-Dieter Gerth (rechts).
Foto: Traudl Baumeister | Den evangelischen Betsaal der Universitätsklinik Würzburg gibt es nicht mehr. Beim „Abschied“: Die Klinikseelsorger mit der stellvertretenden Dekanin Susanne Wildfeuer (links), Pater Maximilian Bauer ...
Traudl Baumeister
Traudl Baumeister
 |  aktualisiert: 15.07.2016 03:38 Uhr

Eine Ära ist zu Ende. Der evangelische Betsaal der Universitätsklinik Würzburg hat seine Pforten geschlossen. Er wird umgewidmet zum Besprechungsraum für die Klinikverwaltung. Mit einem ökumenischen Gottesdienst nahmen die Klinikpfarrer und -Seelsorger sowie zahlreiche Menschen, für die der Kirchenraum mit Erinnerungen verbunden ist, Abschied. Vorbereitet hatte die Abschlussfeier das gesamte Team der Klinikseelsorger.

„Nichts auf dieser Welt ist beständig“, sagte die stellvertretende Dekanin Susanne Wildfeuer in ihrer Predigt. Wandel, das Ende, das Leid und der Tod gehörten unausweichlich zu unserem Leben dazu, so Wildfeuer. Nirgendwoanders als in einer Krankenhauskapelle werde das wohl deutlicher. Christ zu sein allerdings bedeute, einen Perspektivenwechsel vorzunehmen. Das Leben nicht vom Ende hin, sondern vom Ende her zu denken. Wer an das Reich Gottes glaube, der Glaube auch, dass am Ende Gott alles gut macht. Das gebe Christen die Gelassenheit und Freiheit, nicht für alles auf der Welt verantwortlich sein zu müssen, sondern auf Gottes Kraft zu vertrauen. Das, erläuterte sie den ausgewählten Bibeltext Hebräer 13,14 weiter, sei bei weitem kein Freibrief zum Nichtstun.

Im Vertrauen auf das gute Ende, sei jeder aufgerufen, das zu tun, was er selbst dazu beitragen könne. Alles andere könne man getrost Gott überlassen.

Insofern vertraue die evangelische Kirche auch darauf, dass die jetzige Veränderung in der Klinikseelsorge auch Chancen berge und nicht nur Wehmut auslöse. Letztere bekam Raum in den Erinnerungsstücken, welche die Gottesdienstteilnehmer anschließend zusammentrugen.

Wildfeuer erinnerte an das Jahr 1945, als die Johannis-Kirche in Schutt und Asche lag und die Gottesdienste der Gemeinde in dem kleinen Betsaal stattfanden. „Oft bis zu neun hintereinander, weil so viele Menschen das Bedürfnis nach Gottes Nähe hatten.“ In der Nachkriegszeit war der Betsaal auch für Grombühl die einzige evangelische Kirche.

Direkt an diese Zeit knüpften die Erinnerungen von Eva Kriwank von der alt-katholischen Gemeinde an. Von 1947 bis 1966 waren die Alt-Katholiken bei ihren Gottesdiensten zu Gast im Betsaal, bis sie in die alte Wache in der Zellerau und schließlich 1973 an ihren jetzigen Standort, die ehemalige Kapelle des missionsärztlichen Institutes (Friedenstraße 3) umzogen. „Ich bin hier zur Kommunion gegangen und gefirmt worden. Und eine diamantene Hochzeit in der Verwandtschaft habe ich hier auch mitgefeiert“, erzählte die 79-Jährige.

Zum Abschied nehmen gekommen war auch eine 95-jährige ehemalige Mesnerin (von 1981 bis 1991) im Betsaal. Von einprägsamen und bewegenden Erlebnissen in der jüngeren Vergangenheit, etwa während der Ausbildung zum Klinikseelsorger, berichteten zahlreiche Teilnehmer des Seelsorgteams.

Nach dem Rausschmeißer-Lied – „There is a place for us“ von Leonard Bernstein – gespielt vom Organisten Christoph Probst und Marion Mack (Klarinette) erteilten Wildfeuer, Pater Maximilian Bauer, der evangelische Pfarrer Jürgen Floß und der alt-katholische Pastor Klaus-Dieter Gerth gemeinsam den Segen. Anschließend wurde das Kreuz abgehängt und alle beteiligten sich am Ausräumen des Saals. In einer kleinen Prozession brachte man die christlichen Utensilien in die nahe gelegene römisch-katholische Kapelle. Dort finden sie erst einmal Herberge, bis sich ein neuer Platz für sie findet.

 
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