Bei der Erinnerung an die Wahl des richtigen Berufs, wären viele wohl froh über eine Veranstaltung gewesen, deren Zweck es ist, Jugendlichen und deren Eltern die Vielzahl an schulischen und beruflichen Möglichkeiten aufzuzeigen und gleichzeitig Struktur in den "Dschungel an Möglichkeiten" zu bringen, wie Rainer Ziegler es ausdrückt. Er ist Organisator des Berufswahl-Aktionstages der Agentur für Arbeit und hat die Messe zusammen mit der Projektleiterin von "parentum" Katharina Jeßberger vom Institut für Talententwicklung in der s.Oliver Arena initiiert.
Schüler und Eltern konnten sich über die gesamte Bandbreite an Möglichkeiten im Gespräch mit Unternehmensvertretern an insgesamt 41 Ständen, sowie mit Berufsberatern und Vertretern von Fach- und Hochschulen informieren. Außerdem war es möglich, sich in einer Art Parcours an Arbeitstischen in verschiedenen Tätigkeiten auszuprobieren, die im späteren Beruf vorkommen werden und Einstellungstest und Vorstellungsgespräche zu absolvieren.
Ausprobieren statt Googeln
Für Rainer Ziegler macht es einen erheblichen Unterschied, ob Jugendliche sich über ihren zukünftigen Werdegang nur im Internet informieren oder eine Messe wie die diese besuchen. "Ausprobieren am Stand und direkt ein Gefühl für die Tätigkeit zu bekommen, das ist etwas ganz anders als zu googeln", erklärt er.
Der Ausbildungsmarkt hat sich in den letzten zehn Jahren stark verändert. Dies weiß wohl niemand besser als Stefan Beil. Er ist Geschäftsführer der Agentur für Arbeit in Würzburg und erklärt: "Die Situation, dass Jugendliche lange suchen und nur mit Glück eine Ausbildungsstelle finden, ist überwiegend vorbei. Heute müssen die Unternehmen zunehmend die möglichen Auszubildenden umwerben und sich für diese attraktiv machen".
Eltern spielen wichtige Rolle
Dementsprechend ist die Berufsmesse eine Chance für beide Seiten. Schüler und deren Eltern erhalten einen konkreten Überblick und kompetente Beratung über die Vielzahl an Werdegängen nach dem Schulabschluss, den sie in der Schule oft nicht erhalten und die Ausbilder können deren Interesse wecken. Hier wird nach Ansicht der Schulrätin Ruth Klawitter vom staatlichen Schulamt ein großer Unterschied zwischen den Schularten deutlich. "Mittelschulen haben das Profil der anschließenden Berufsausbildung und informieren ihre Schüler und deren Eltern durch Berufsmessen, Praktika und Berufsberatern in der Regel besser über Ausbildungsmöglichkeiten als an anderen Schulformen", erklärt sie.
Besonders an der Messe "parentum" ist wie der Name schon verrät, dass sie sich speziell an Schüler und deren Eltern richtet. Denn laut der Projektleiterin von "parentum" Katharina Jeßberger spielen die Eltern eine erhebliche Rolle in der Berufswahl. Gleichzeitig seien diese oft nicht gut informiert und würden sich einen besseren Überblick über die Ausbildungsmöglichkeiten wünschen, führt Jeßberger weiter aus. Dies bestätigt auch Rainer Ziegler, der aus eigener Erfahrung als Berufsberater weiß, dass für die meisten Schüler die Eltern in Bezug auf eine Ausbildung die wichtigsten Ansprechpartner sind. Deshalb verwundert es ihn, dass die Unternehmen die Bedeutung der Eltern auf die Berufsentscheidung der Jugendlichen oft nicht bei ihrem Anwerbeverfahren berücksichtigen. Das Bewusstsein der Ausbilder hierfür nimmt inzwischen zu, zum Beispiel gibt die Bereitschaftspolizei in Würzburg speziell für Eltern konzipierte Infoflyer über Ausbildungsmöglichkeiten bei der Polizei heraus.
Klassischer Weg hat ausgedient
Zielgruppe der Messe waren Schüler unabhängig von ihrem schulischen Hintergrund. Denn die Art der Bewerber für klassische Ausbildungsberufe hat sich verändert. Stefan Beil beobachtet eine große Zunahme an Abiturienten und Studienabbrechern, die sich um eine Ausbildung bewerben. "Wir haben aus diesem Grund auch eine enge Kooperation mit der Universität und der Fachhochschule in Würzburg. Auf der anderen Seite gehen viele Realschulabsolventen nicht mehr den vormals für sie klassischen Weg über eine anschließende Berufsausbildung, sondern besuchen die Fachoberschule, um das Abitur nachzuholen. Dies stellt für viele Unternehmen ein Problem dar. "Die Industrie in Schweinfurt hat mit der Abnahme an Realschulabsolventen, die eine Ausbildung starten, inzwischen richtige Probleme Auszubildende zu finden", erklärt Sonja Eickert, Projektleiterin der voctium in Schweinfurt.
Die Devise der Messe ist es den Eltern und Schülern die Vielzahl an Möglichkeiten aufzuzeigen und dann mit ihnen gemeinsam die Auswahl anhand ihrer Interessen einzuschränken. Ziel der Agentur für Arbeit Würzburg sei es die Jugendlichen so bald wie möglich mit dem Thema Berufsorientierung in Berührung zu bringen. "Daher ist ein Schulprojekt geplant, in dem sich Grundschüler der vierten Klasse mit dem Thema Berufswahl auseinandersetzten sollen", verkündet der Organisator Rainer Ziegler.