Ein Hornhauttumor, ein Autounfall oder auch nur ein Fehler bei einer Routineoperation können dazu führen, dass ein bislang gesunder Mensch sein Augenlicht einbüßt. Bei einem Rundgang durch das Berufsförderungswerk (BFW) Würzburg gGmbH hatten Bundestagsabgeordneter Paul Lehrieder und der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung Hubert Hüppe Gelegenheit, mit Hilfe verschiedener Sichtfeldbrillen nachzufühlen, wie das Sehvermögen schrittweise schwindet oder gar plötzlich völlige Dunkelheit herrscht. Das ist eher selten der Fall: Etwa die Hälfte der knapp über 200 Lehrgangsteilnehmer des BFW besitzt noch ein Restsehvermögen.
„Unser Ziel ist es, blinde und sehbehinderte Menschen wieder ins berufliche und gesellschaftliche Leben einzugliedern“, erklärte Susanne Patze vom BFW. Entscheidend ist es für sie, dass sich Betroffene und Arbeitgeber „auf gleicher Augenhöhe“ begegnen. Es sei falsch, wenn Menschen mit Sehschwierigkeiten den Eindruck gewinnen, dass sie lediglich als billige Arbeitskräfte betrachtet werden. Schließlich hätten die meisten bereits früher einen Beruf erlernt. Um sich in der ungewohnten Lage zurechtzufinden, bietet das gemeinnützige BFW als eine der bundesweit führenden Einrichtungen ihrer Art Ausbildungen und Qualifizierungen für Blinde und Sehbehinderte in über zwanzig verschiedenen Berufen.
Die Betroffenen erlernen die Blindenschrift, die Brailleschrift, die selbst das Arbeiten am Computer mit Hilfe einer unterhalb der Tastatur angebrachten Zeile ermöglicht. Sogar das Surfen im Internet wird so möglich. Die Erfolgsquote lässt sich sehen: 70 Prozent der Lehrgangsteilnehmer finden wieder eine feste Stelle. Allerdings sieht sich die gemeinnützige Einrichtung vor großen Herausforderungen. Deutlich geringere Zuschüsse für Rehabilitationsangebote und die Alterung der Gesellschaft führten in den letzten Jahren zu einem stetigen Rückgang der Teilnehmer in der Zielgruppe der 30- bis 50-Jährigen. Zu häufig würden noch arbeitstätige Betroffene die Möglichkeiten nicht kennen oder würden vom komplizierten Antragsverfahren abgeschreckt, so Hubert Hüppe. Außerdem sei es wichtig, gegenüber den Arbeitgebern mögliche Probleme und Risiken offen anzusprechen und nicht ausschließlich auf den Kündigungsschutz zu setzen. Im Anschluss an den Besuch im BFW stellte MdB Lehrieder dem Behindertenbeauftragten die Situation am Würzburger Hauptbahnhof vor, wo bislang nur ein Aufzug einen barrierefreien Zugang zu den Gleisen gewährleistet.