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WÜRZBURG
Bernd Glemser und die reine Poesie in Tönen
Frank Kupke
 |  aktualisiert: 28.04.2014 17:50 Uhr

Was für einen umwerfenden Künstler die Würzburger Musikhochschule in der Person von Bernd Glemser zu ihrem Lehrkörper zählen darf, wurde jetzt in einem Benefizkonzert deutlich, das der international erfolgreiche deutsche Pianist zugunsten des Würzburger Bündnisses gegen Depression gab.

Das aus Nah und Fern angereiste und nach Einschätzung von Projektleiterin Ursula Berninger vom Würzburger Bündnis gegen Depression überraschend junge Publikum füllte den so gut wie ausverkauften Großen Saal der Hochschule bestens, wo sich Glemser mit Beethovens später E-Dur-Sonate Opus 109 sogleich als echter Ausnahmekünstler präsentierte.

In diesem Werk genügt es eben nicht, die Musik akkurat herunterzuspielen. Hier muss der Interpret die gerade zu Beginn beinahe improvisiert wirkende Musik mit empathischem Können beseelen. Und genau dies tat Glemser, indem er von Anfang an seine ganze Persönlichkeit in sein Spiel einbrachte. Er phrasierte wunderbar differenziert und ließ diese vergeistigte, überreife Musik gleichsam Atmen. So gelang es Glemser, diese Töne lebendig und plastisch werden zu lassen, ohne ihre Klassizität zu verleugnen. Darüber hinaus ließ Glemser anklingen, dass sich mit Beethovens späten Sonaten – und gerade mit der E-Dur-Sonate – der Blick bereits weit in Richtung der romantischen und modernen Musikepoche öffnet. Das passte gut zum weiteren Konzertprogramm.

Zunächst stellte Glemser mit vier Rachmaninoff-Stücken seine enorme Virtuosität unter Beweis. Und vor allem beim gis-Moll-Prélude holte der 51-Jährige mit Raffinesse und Brillanz aus dieser postromantischen Musik zudem jede Menge Substanz hervor. Bei Rachmaninoffs Corelli-Variationen durfte der Steinway dann auch mal zum Beben gebracht werden.

Ausgesprochen nuancenreich ging Glemser anschließend die Mazurkas und Polonaisen von Chopin an. Da drängte sich keine Arabeske ungebührlich in den Vordergrund, und dennoch bekam jede Ton-Girlande genau jenes Gewicht, das ihr von der Komposition her zukommt. Nur so war es möglich, dass etwa die saftigen Triller in Opus 61 echte thematische Ausdrucksträger werden konnten. Und so konnte es sich Glemser erlauben, den musikalischen Erzählfluss etwa der Fis-Dur-Barcarolle voll zum Zuge kommen zu lassen. Wie er hier der Musik von der Erdenschwere über Wehmut und Trotz zu verklärter Heiterkeit und Zuversicht führte, hatte Weltklasse und war reine Poesie in Tönen.

Da war es kein Wunder, dass es für dieses programmatisch und interpretatorisch außergewöhnlich schlüssige Konzert stehende Ovationen gab. Glemser bedankte sich mit zwei duftigen Zugaben: dem A-Dur-Intermezzo aus Opus 118 von Brahms und dem sogenannten Spinnerlied aus den Liedern ohne Worte aus Opus 67 von Mendelssohn.

Dass die Besucher mit dem Kauf ihrer Konzertkarte zudem den guten Zweck dieses Benefizkonzertes, das Würzburger Bündnis gegen Depression, unterstützten, war zusätzlich erfreulich.

Das Bündnis wurde 2002 von Professor Armin Schmidtke gegründet. Es setzt sich für die verstärkte Früherkennung und Aufklärung über die Erkrankung ein, so der Direktor der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie der Uniklinik Würzburg, Professor Jürgen Deckert, in seinem Grußwort. Ziel ist es, die Stigmatisierung der Erkrankten zu beseitigen. „Denn Depression ist behandelbar“, so Deckert, „und zwar gut behandelbar.“

 
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