Dringend gesucht: Leute, die deutsch und arabisch sprechen und Flüchtlinge bei Arzt- und Behördengängen begleiten. Burkard Fuchs koordiniert bei der Stadt die ehrenamtliche Asylarbeit und hatte eine Idee: Solche Helfer müsste es doch am Sprachlabor der Uni geben – junge Deutsche, die Arabische lernen, und umgekehrt.
Kürzlich stand Fuchs auf dem Campus Hubland Nord im Schatten des Sprachenzentrums, blickte auf das Sommerfest „Orientalischer Nachmittag“ und sagte: „Man muss einen Stein ins Wasser werfen und gucken, was passiert“.
Passiert war ein „riesiger Zufall“, wie es Arabisch-Dozentin Gamiela Safyia ausdrückte. Die nämlich wollte zu gleicher Zeit irgendetwas unternehmen, „damit die Studierenden interaktiver mit der Sprache umgehen können“. Wenn dabei Asylbewerbern geholfen werden könnte – umso besser.
Handgreifliche öffentliche Wirkung zeigt die Kooperation in Form von fünf Erlebnisstationen. Die ersten Gäste absolvieren den Parcours eine halbe Stunde nach Festbeginn. Sie hatten getanzt, ein arabisches Lied gesungen, ein Quiz zur arabischen Schrift bestanden – oder für Falschantworten einen Euro berappt –, hatten am orientalischen Buffet und im Kaffeehaus mit seinen beliebten Spielen eine gute Figur gemacht. So kam es nicht nur am Schachbrett zu vielen spielerischen Begegnungen.
Die Asylbewerber hatten eine kleine Band zusammengetrommelt, gemeinsam mit Studenten gekocht und Quizfragen entwickelt. Außerdem wurden in einem interkulturellen Bastelkreis Stände mit Infotafeln gebaut, die über Themenschwerpunkte wie Tanz und Musik berichteten. 52 Studierende und 15 syrische Flüchtlinge engagierten sich hier. Burkard Fuchs staunte über die „sensationelle Geschwindigkeit der Vorbereitungen: acht Wochen seit dem ersten Treffen“.
Seine Chefin, Würzburgs Sozialreferentin Hülya Düber, kannte einen Grund: „Die Menschen in der Zentralen Aufnahmestelle nehmen Anregungen sehr engagiert auf.“ Und sie sah, was sich auch zwischenmenschlich entwickelt hat, war sie doch dabei, als in der Gemeinschaftsküche der Unterkunft am Prager Ring gemeinsam gekocht wurde. Auf dem sonnigen Hubland-Plateau sah sie am Umgang der Deutschen und Ausländer miteinander, wer sich von der Kochgruppe her schon kannte.
Dübers Amt hatte aus einem Sondertopf Geld für das Fest lockergemacht, zu dem keineswegs nur die aktiven Ausrichter erschienen. Junge Erwachsene aus arabischen Staaten bildeten in der ersten Festphase eine fast so große Gruppe wie die Deutschen. Auch ältere Besucher hatten zu dieser Zeit ebenfalls oft einen orientalischen Hintergrund.
Aber dann verschoben sich die Mengenverhältnisse wieder: Ein Bus aus dem Odenwald entließ einen Lehrer und 15 Schüler des Gymnasiums Amorbach. Die möchten auf ihrem Schulfest demnächst ebenfalls gerne Willkommenskultur praktizieren und reisten an die Würzburger Uni, um vom hiesigen Modell zu lernen. Für die Arabisch-Dozentin Gamiela Safyia gehörte dazu, dass bei den Workshops zur thematischen Vorbereitung des Sommerfests keine Gruppe – Studierende, Flüchtlinge, Deutsche, Araber – dominierte und der anderen diktierte, was unter orientalischer Kultur zu verstehen sei.
Nun fand sie das Ergebnis „wunderschön“ und war sehr zufrieden. Denn: „Die Studierenden können tanzen.“ Drei Tische vom Tanz-Infostand entfernt mühte sich der Amorbacher Lehrer Marcus Dürschinger mit dem Aufzählen der Länder ab, in denen arabisch gesprochen sind. Sechs brachte er zusammen. Aber die Stimmung unter den Quizmastern war trotz des unvollständigen Ergebnisses prächtig.
Das hätte sich Ehrenamts-Koordinator Burkard Fuchs wohl nicht träumen lassen, als er den Stein ins Wasser warf.