Selbst wenn es um lumpige 18 Zentimeter geht, sind ganz einfache Vorgänge manchmal nicht einfach zu verstehen. Erst recht nicht, wenn zwei Nachbarn in Streit geraten und Juristen in drei Instanzen prüfen müssen, ob denn das Überschreiten der Grundstücksgrenze um 18 Zentimeter Recht oder Unrecht ist.
Worum es im Nachbarschaftsstreit ging
Die Entscheidung lautet etwas langatmig so: "Das Bayerische Oberste Landesgericht hat entschieden, dass ein Nachbar den Überbau seines Grundstücks mit einer Wärmedämmung, die auf der grenzseitigen Außenwand des Nachbarhauses angebracht werden soll, nicht zu dulden hat, wenn eine alternativ in Betracht kommende Ausführung als Innendämmung mit vertretbarem Aufwand bewerkstelligt werden kann."
Sie verstehen nur Bahnhof? Wir erklären es Ihnen: Ein Häuslebauer im Raum Würzburg hatte sein Haus genau auf die Grenze zum Nachbarn gebaut. Nun wollte er die Außenwand mit einer 18 Zentimeter dicken Dämmung versehen - so dass sie ins Grundstück des Nachbarn geragt hätte. Der Streit darum, ob das erlaubt ist, dauert schon vier Jahre. Der Kläger behauptete, eine vergleichbare Wärmedämmung sei auf andere Weise, nämlich durch Innendämmung, nicht zu erreichen.
Der Weg durch drei Instanzen
Das zuständige Amtsgericht gab der Klage des umweltbewussten Bauherrn erstinstanzlich zumindest zum Teil Recht und verurteilte den Nachbarn, die Anbringung einer Außendämmung von fünf Zentimeter Stärke zu dulden. Im Übrigen wies es die Klage ab. Das Landgericht Würzburg holte in der Berufung ein Gutachten zur erforderlichen Dämmung nach der Energieeinsparverordnung (EnEV) ein. Dann wies es die Klage ab, ließ aber die Revision zu.
Und die wurde jetzt vom Bayerische Obersten Landesgericht zurückgewiesen. Es sah keine Pflicht des Nachbarn, die Grenzüberschreitung dulden zu müssen. Eine Duldungspflicht bestehe nur, solange eine vergleichbare Wärmedämmung auf andere Weise als durch eine Außendämmung mit vertretbarem Aufwand nicht vorgenommen werden kann.
"Vertretbarer Aufwand" war der Knackpunkt
Dabei reicht es nicht, nur die Baukosten für die Dämmungsweisen zu vergleichen. Das Bayerische Oberste Landesgericht lobte in seiner Entscheidung ausdrücklich die Rechtsprechung des Landgerichts Würzburg: Es habe den „vertretbaren Aufwand“ richtig beurteilt. Das Urteil bedeutet allerdings nicht, dass Gerichte in anderen Bundesländern ebenso urteilen müssten. Strittig war in diesem Fall eine bayerische Landesvorschrift, die den „Überbau durch Wärmedämmung“ regelt.