Wegen eines Warnstreiks der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) lag der Bahnverkehr in weiten Teilen Deutschlands am Montag zwischen 5 Uhr und 9 Uhr lahm. Die Bahn selbst hatte den Fernverkehr bundesweit eingestellt, in Unterfranken seien 98 Prozent der Züge ausgefallen, so der Würzburger EVG-Geschäftsstellenleiter Harald Schmid, der für den nordbayerischen Raum zwischen Aschaffenburg und Hof zuständig ist. Die Situation am Würzburger Hauptbahnhof war trotz der chaotischen Verkehrslage am frühen Morgen gekennzeichnet von einer Mischung aus Gelassenheit und Ärger.
Während es in anderen Städten im morgendlichen Berufsverkehr zu erheblichen Belastungen durch mehr Pendler auf den Straßen kam, blieb es in Würzburg verhältnismäßig ruhig, so ein Sprecher der Polizeidirektion Würzburg auf Anfrage. Dennoch waren viele Schüler und Studenten betroffen, viele kamen zu spät in den Unterricht und zu Prüfungen.
Am Nachmittag zog Gewerkschafter Schmid gegenüber dieser Redaktion dann Bilanz: "98 Prozent aller Züge in Unterfranken sind ausgefallen." Gerade mal drei Regionalbahnen hätten den Bahnhof verlassen. Ab 7 Uhr fuhr kein Zug mehr. Die Bahn selbst hatte um 5 Uhr mangels Personal den Fernverkehr eingestellt. "Sie haben sich quasi selbst bestreikt, wir mussten da gar nichts mehr tun", sagte Schmid nicht ohne Genugtuung.
Bayern ist neben Nordrhein-Westfalen das am stärksten betroffene Bundesland. 800 000 Pendler sind in Bayern täglich unterwegs, ein Großteil davon in den S-Bahnen in München. Den Vorwurf des Fahrgastverbandes PRO Bahn, dass es keinen Streikfahrplan gegeben habe und auch die Ansagen und Anzeigetafeln bestreikt worden seien, weist Schmid zurück. "Wir haben in einer Telefonkonferenz gefragt, welche Bereiche nicht bestreikt werden dürfen, da kam von den Bahnverantwortlichen keine Antwort." Auch über die mangelhafte Informationspolitik der Bahn gegenüber den Kunden, so Schmid, könne er sich nur wundern.
Pendler verärgert über die Informationspolitik der Bahn
Viele Menschen im Würzburger Bahnhof starrten am Morgen auf ihre Handys und versuchten im Internet Informationen zu bekommen oder die Weiterfahrt anders zu organisieren. So wie eine Lehrerin aus Würzburg, die auf dem Weg zu ihrer Schule in Neustadt/Aisch am Hauptbahnhof festsaß. "Ich versuche eine Alternative mit dem Auto zu organisieren", sagte sie. Verärgert war die Pendlerin insgesamt über die Bahn: "Die Preisgestaltung ist nicht verhältnismäßig", sagte sie. "Man sollte sich im Konzern mal Gedanken über die Kostenverteilung Gedanken machen." Auch die Informationspolitik kritisierte sie.
Entspannt war Roland Partsch aus dem Main-Tauber-Kreis, der eigentlich um 6 Uhr hätte mit dem Zug nach Frankfurt zur Arbeit fahren müssen. "Wir können eh nichts machen. Es ist so, wie es ist." Verärgert war er über die Informationspolitik der Bahn: "Um 5.30 Uhr stand auf der Bahn-App noch nichts über den Streik."
Auch Judith Suares saß fest. Sie wollte eigentlich um 7.30 Uhr weiter zu einer Fortbildung nach Bamberg, wusste aber nicht, ob das klappt. "Ich hoffe, dass ich nur mit knapper Verspätung ankomme, das Seminar hat mich 650 Euro gekostet", sagte sie, äußerte aber auch Verständnis für die Forderung der Gewerkschaft.
So wie eine Sozialpädagogin, die auf dem Weg nach Neustadt/Aisch nicht weiterkam. "Die Bahn AG lässt doch alles an den kleinen Mitarbeitern aus", sagte sie. "Die Bahnkarten sind sehr teuer, der Service aber mäßig. Man fühlt sich bei der Bahn oft nicht als Kunde."
Natürlich, so Schmid am Nachmittag in einer Bilanz, sei er von verärgerten Reisenden auch mal angefeindet worden. "Aber das muss man aushalten. Wir haben mit viel mehr Aggressivität gerechnet." Der überwiegende Teil hätte Verständnis gezeigt, stellenweise gab es sogar Lob. Ob nun ein neuer Streik drohe? Womöglich vor Weihnachten? "Nein, vorerst nicht", so Schmid. Das brauche Vorlauf.
Maulkorb für Bahn-Verantwortliche in Würzburg
Er war schon am frühen Morgen zusammen mit etwa 20 streikenden Mitarbeitern in der Bahnhofshalle. "2,5 Prozent mehr ist ein Hohn", stand auf einem der Plakate. Etwa 50 Mitarbeiter in seinem Bereich waren im Ausstand, so Schmid, der das Angebot der Bahn auf Tariferhöhung als lächerlich bezeichnete, "deshalb diese massive Reaktion". Dass sie es schaffen würden, den Fernverkehr in Bayern bis in den Vormittag hinein komplett lahmzulegen, damit habe die Bahn nicht gerechnet: "Die Bahn hatte Bayern trotz unserer Warnungen ganz offensichtlich nicht auf dem Schirm. Die haben gedacht, wir kriegen das hier nicht auf die Reihe." Deshalb seien auch so viele Reisende völlig überrascht gewesen, als sie am Hauptbahnhof ankamen. "Das war angekündigt, da hätte die Bahn drauf reagieren können", so Schmid.
Und was sagen die Bahn-Verantwortlichen in Würzburg mitten im aktuellen Streik zu den Auswirkungen in Unterfranken? Nichts. Ein Verantwortlicher steht zwar in der Bahnhofshalle, er dürfe sich aber der Presse gegenüber nicht äußern. "Rufen Sie die Pressestelle in Berlin an", sagte er unwirsch.
Es zeigt aber auch, dass die Schieneninfrastruktur wieder verstaatlicht werden muss, aber alles was diese Infrastruktur befährt, privatisiert werden muss. Dann endlich haben wir einen fairen Wettbewerb. Meine Sympathie für die EVG geht gegen 0
Seit 11 Jahren hat die EVG nicht mehr zum Streik aufgerufen. Aber dem deutschen Michel, der sonst ständig über alles mögliche, so auch über ausbleibende Lohnerhöhungen oder niedrige Gehälter meckert, fällt sobald es ihn selbst EINMAL betrifft nichts anderes ein als ausgerechnet diejenigen anzugehen, die ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen und für Verbesserungen kämpfen, statt rumzusitzen und alles über sich ergehen zu lassen.
2,5% sind ein Witz? Was sind dann Rentenerhöhungen von o,25% Oder O,99%? Oder 1,1%?
Die EVG und die Streikenden machen ALLES richtig. Sie kämpfen selbst für bessere Arbeitsbedigungen und nehmen ihr vollkommen legitimes Streikrecht wahr. So ändert sich dann auch tatsächlich was. Im Internet unter der Mainpost motzen dagegen nicht.