Biber sind Baumeister, doch ihre Bauwerke nicht überall gern gesehen. Und manchmal greifen Menschen ein, um die tierischen Eingriffe wieder rückgängig zu machen. So wie jetzt in Allersheim im Landkreis Würzburg. Dort hat die Marktgemeinde Giebelstadt mit dem Bagger einen Biberdamm entfernen lassen. Bürgermeister Helmut Krämer bestätigt dies auf Nachfrage: „Vom Biberbeauftragten der Regierung kam die telefonische Nachricht, dass wir den Biberdamm beseitigen können, weil man einen toten Biber gefunden hat und auch sonst keine anderen Biberspuren mehr zu sehen waren.“
Daraufhin sei der gemeindliche Bauhof beauftragt worden, im Ortsteil Allersheim den Damm zu beseitigen. Der Bauhofmitarbeiter habe sich vorher noch einmal mit dem Biberbeauftragten in Verbindung gesetzt, um die Aktion abzusprechen, sagt Krämer. Da es in dem betreffenden Bereich ein ganzes Biberbiotop mit zwei Dämmen und mehreren kleineren Anstauungen gebe, habe man klären müssen, was genau beseitigt werden sollte. Die klare Aussage des Biberbeauftragten, so der Bürgermeister: Der größere der Dämme könne entfernt werden.
Gerd Molzen vom Bund Naturschutz spricht von „Zerstörung“ und zeigt sich entsetzt. Es sei nicht nur ein Biberdamm dem Bagger zum Opfer gefallen, sondern ein ganzes Feuchtbiotop, das der tierische Baumeister hier geschaffen hatte. Seltene Pflanzen und Vögel wie Reiherenten, Graugänse und Reiher hätten sich dort angesiedelt.
Bereits in den 1990er Jahren war in der kleinen Gemeinde im Ochsenfurter Gau der erste Biber aufgetaucht. Zwar verschwand dieser „Ur-Biber“ des Landkreises Würzburg irgendwann wieder. Doch seit 2011 zog es weitere Artgenossen erneut an den Bach in Allersheim. Die Folgen der Zerstörung seien drastisch, sagt Gerd Molzen: „Durch die Entfernung des Damms liegt das ganze Gebiet nun trocken.“ Für Naturschützer und Biologen sei dies absolut nicht nachvollziehbar. Er frage sich, ob die Aktion nicht ein Verstoß gegen das Naturschutzgesetz und damit gar eine Ordnungswidrigkeit sei.
Die Regierung von Unterfranken will dazu nicht Stellung nehmen und verweist auf die zuständige Untere Naturschutzbehörde des Landkreises Würzburg. Der Biberdamm, der am nächsten zur Kreuzung Seebach/Kreisstraße WÜ 34 liege, sei „am 5. August fast vollständig entfernt“ worden, teilt das Landratsamt auf Anfrage mit. „Dies geschah nach vorheriger Abstimmung mit der unteren Naturschutzbehörde durch Mitarbeiter des Bauhofes des Marktes Giebelstadt. In diesem Bereich befanden sich zwei Biberdämme und ein Biberbau.“ Im näheren Umkreis gebe es außerdem kleinere Aufstauungen, die der Biber errichtet habe, heißt es in der Stellungnahme. Und weiter: „Leider kam es zu einem bedauerlichen Missverständnis, welche Aufstauung beziehungsweise welcher Damm genau beseitigt werden sollte.“
Näher erklärt das Landratsamt das „Missverständnis“ nicht. Offenbar hätte nicht der größere, sondern der kleinere Damm entfernt werden sollen. Eine Ordnungswidrigkeit stehe hier aber keinesfalls im Raum, da alles in Absprache mit der Unteren Naturschutzbehörde geschah, heißt es in der Stellungnahme des Landratsamtes.
Der Biberbau, der nach Einschätzung der Fachleute derzeit nicht besetzt ist, sei bei der Maßnahme nicht beschädigt worden. Rund um den zerstörten Damm und strömungsabwärts seien zudem frische Biberspuren sichtbar. Wegen des starken Gehölzfraßes im vergangenen Winter und der Größe der Burg vermutet die Behörde dort eine ganze Biberfamilie. Beobachtungen hätten dies aber nicht bestätigt.
Die Untere Naturschutzbehörde werde nun den betroffenen Bereich verstärkt unter die Lupe nehmen. Es sei nicht unwahrscheinlich, dass sich genau dort wieder ein Biber ansiedelt. „Sollte dies in absehbarer Zeit nicht der Fall sein, werden wir prüfen, inwieweit gegebenenfalls entsprechende Maßnahmen zu veranlassen sind“, heißt es weiter.
„Für Wasservögel und Amphibien war das Feuchtbiotop sicher ideal“, meint Landwirt Michael Dittmann, dessen angrenzender Acker durch die Bautätigkeit des Bibers zur Überschwemmungsfläche wurde. Zu 80 Prozent habe er im ersten Jahr seine entstandenen Schäden ausgeglichen bekommen, sagt Dittmann. Heute gelte für die Fläche ein sogenanntes Vertragsnaturschutzprogramm. Aber dass dort ein richtiges Feuchtbiotop entsteht, sei so nie geplant gewesen, sagt der Landwirt. Aber Biber sind eben Baumeister ohne Rücksichtnahme auf menschliche Pläne.
Der Biber
In Deutschland unterliegt der Biber dem Naturschutzrecht und ist streng geschützt. Das ist im Bundesnaturschutzgesetz geregelt: Tötung und Vermarktung von Biberprodukten sind verboten, die Tiere dürfen nicht gestört werden, ihre Burgen und Dämme sind zu schonen.
Fang und Tötung können bei gravierenden und wirklich nicht anders lösbaren Konflikten mit Landnutzern genehmigt werden. Zuständig sind die Unteren Naturschutzbehörden an den Landratsämtern. (Quelle: „Der Biber – ein Freund und Helfer. Baumeister am Wasser“, Bund Naturschutz in Bayern)
Um die kontroversen Interessen zwischen Mensch und Biber besser in den Griff zu bekommen gibt es in Bayern das sogenannte Bibermanagement. Erste Ansprechpartner sind auch hier die Unteren Naturschutzbehörden mit den Biberberatern. Bayernweit gibt es außerdem noch zwei hauptamtliche Bibermanager des Bundes Naturschutz, einer für Süd-, und einer für Nordbayern.
Biber waren 15 Millionen Jahre in Bayern heimisch, bevor sie 1867 durch Bejagung ausgerottet wurden. 1966 begann der Bund Naturschutz in Bayern mit Genehmigung des Landwirtschaftsministeriums mit der Wiedereinbürgerung des Bibers. Bis Anfang der 1980er Jahre wurden etwa 120 Tiere freigelassen. Seitdem hat sich der Biber gut entwickelt. (Quelle: Gerhard Schwab: „Der Biber – ein Urbayer ist wieder da“) ww