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EISINGEN/WÜRZBURG
Autismus: Panische Angst – schon vor Vogelgezwitscher
Von unserer Mitarbeiterin Yvonne Müller
 |  aktualisiert: 16.03.2013 12:04 Uhr

Etwa 7000 Menschen sind allein in Unterfranken von der Autismus-Spektrum-Störung (kurz ASS) betroffen. Einer von ihnen ist der 25-jährige Johannes May aus Retzstadt. Seine Mutter, Renate May, ist die Vorsitzende des Elternvereins Autismus Unterfranken. Der Verein unterstützt Angehörige und gibt Antworten auf Fragen rund um das Thema Autismus.

Doch auch ihre eigenen Erfahrungen mit ihrem Sohn gibt Renate May an andere weiter. „Johannes kann bestimmte, für ihn unerwartete Geräusche, einfach nicht einschätzen. Er bekommt Panik und sein Stresspegel steig“, erklärt Renate May. Wenn Glocken läuten, ein Hund bellt, eine Motorsäge kreischt, kann es sein, dass Johannes ausrastet: Er schlägt um sich oder beißt sich in die Hand.

Johannes hat, wie viele andere Autisten, eine andere Wahrnehmungsverarbeitung von Sinneseindrücken. „Er hört zum Beispiel Vögel zwitschern, die ich nicht einmal wahrgenommen hätte“, sagt May. „Aber bei ihm lösen sie Erschrecken aus.“ Man müsse sich das so vorstellen, als würde bei Johannes jedes Geräusch direkt in seinem Ohr ankommen – je unerwarteter, desto schrecklicher.

Doch wieso sich ihr Sohn anders verhält und was genau mit ihm los ist, sagt May, habe sie erst herausgefunden, als er bereits sechs Jahre alt war. „Das lag vor allem daran, dass damals kaum ein Arzt über Autismus Bescheid wusste. Erst über Fernsehbeiträge und Fachbücher sei sie darauf gekommen. „Als die Diagnose Autismus dann fest stand, änderte sich Einiges“, erinnert sich May. Denn mit einem autistischen Kind sei das soziale Leben der ganzen Familie sehr eingeschränkt – man müsse auf Vieles verzichten.

Neben seiner panischen Angst vor plötzlichen Geräuschen hat Johannes, typisch für Autisten, eine schwere Beziehungs- und Kommunikationsstörung. „Diese hindert ihn daran, mit anderen Menschen angemessen Kontakt aufzunehmen“, erklärt seine Mutter, die 1999 den Elternverein Autismus Unterfranken mit begründete. „Außenstehenden kommt das manchmal gar nicht so vor, die merken auf den ersten Blick keinen Unterschied“, so May. Denn wenn Johannes May neben seiner Mutter sitzt, sie ihn liebevoll anlächelt und ihm über die Schulter streichelt, könnte man denken, die beiden haben eine ganz „normale“, gesunde Mutter-Sohn-Beziehung.

„Ich erkläre mir das einfach so, dass Johannes in einer ,anderen Welt‘ lebt als ich und ich in einer ,anderen‘ als er“, so May. Das Problem liege darin, dass „Autisten unsere Welt nicht verstehen und wir verstehen ihre nicht – ganz einfach.“

Herzliches Engagement: Renate May (links), betroffene Mutter und Vorsitzende des Elternvereins Autismus Unterfranken, und Marie Anna Uschwa vom Förderverein „Menschen und Autismus – Lebensqualität durch Beziehung“ wollen Autisten helfe.
Foto: Pat Christ | Herzliches Engagement: Renate May (links), betroffene Mutter und Vorsitzende des Elternvereins Autismus Unterfranken, und Marie Anna Uschwa vom Förderverein „Menschen und Autismus – Lebensqualität durch ...
 
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