Im Foyer des Rathauses ist bis 27. Februar eine Ausstellung zu sehen, die den langen Kampf der Frauen bis zum eigenen Wahlrecht darstellt.
"Wir fordern die Bestrafung bei Vergewaltigung in der Ehe!", sprach Waltraud Schoppe 1983 im Bundestag und forderte die Abgeordneten auf, "endlich zur Kenntnis zu nehmen, dass auch die Frauen ein Selbstbestimmungsrecht über ihren Körper und ihr Leben haben". "Johlende Männerhorden", schrieb später die Zeit, schütteten Gelächter und Zwischenrufe über die Abgeordnete der Grünen aus. Im Sitzungsprotokoll steht, woher das kam: von CDU/CSU und FDP. Erst 14 Jahre später setzten die Frauen sich durch und ihr Recht auf sexuelle Selbstbestimmung um. Frauen, die um ihre Rechte kämpften, mussten viel aushalten.
Über 100 Leute, in der großen Mehrzahl Frauen, sind zur Ausstellungseröffnung in den Ratssaal gekommen. Ein Mann unter ihnen wirkte entspannt und aufgeräumt: Oberbürgermeister Christian Schuchardt. Er sprach von einem "wichtigen und bedeutungsvollen Signal", das von der Ausstellung ausgehe. Die "Heldinnen von damals" dürften nicht vergessen werden.
Die Kämpferinnen: bespuckt, verlacht, aber auch mal gewalttätig
Sie wurden beleidigt, bespuckt, verlacht, verfolgt und eingesperrt, erlitten Gewalt und - wenige - gebrauchten Gewalt. So ein Bericht des Würzburger General Anzeigers zu sehen, über den Auftritt einer englischen Sufragette ("suffrage" heißt, aus dem Englischen und Französischem übersetzt, "Wahlrecht") im Oktober 1912, im Café Alhambra am Franziskanerplatz. Da sprach die Frauenrechtlerin Leonora Tyson: "Wir mussten also, da die Regierung im Guten uns nicht hören wollte, Gewalt anwenden; wir griffen die Minister in der Kirche und auf der Straße an und zertrümmerten die Fensterscheiben. Wir taten ja nichts anderes als die Männer auch, als sie von 50 Jahren um ihr Stimmrecht kämpften." Anschließend schlossen sich 40 Frauen dem ausrichtenden Verein "Frauenheil" an.
1919 sprach zum ersten Mal eine Frau im Reichstag: Marie Juchacz
Vor 100 Jahren, im revolutionären Nachkriegsdeutschland, machten die Männer den Weg frei für das Frauenwahlrecht. Am 19. Februar 1919 hielt die erste weibliche Abgeordnete eine Rede im Reichstag, die Potsdamer Sozialdemokratin Marie Juchacz. "Ich möchte hier feststellen", sprach sie, "und glaube damit im Einverständnis vieler zu sprechen, dass wir deutschen Frauen dieser Regierung nicht etwa in dem althergebrachten Sinne Dank schuldig sind. Was diese Regierung getan hat, das war eine Selbstverständlichkeit: Sie hat den Frauen gegeben, was ihnen bis dahin zu Unrecht vorenthalten worden ist."
Endgültige Gleichberechtigung der Ehefrau erst 1976
Von Gleichberechtigung allerdings konnte noch lange keine Rede sein. Im Ratssaal traten Schülerinnen der Ursulinen auf mit einer Reihe einschlägiger Zitate aus deutschen Gesetzen, wie Paragraf 1354 des Bürgerlichen Gesetzbuches von 1900: "Dem Manne steht die Entscheidung in allen das gemeinschaftliche Leben betreffenden Angelegenheiten zu." Trotz der im Grundgesetz garantierten Gleichberechtigung von Frau und Mann wurde der Paragraf erst 1957 reformiert, endgültig gleichberechtigt wurde die Ehefrau erst 1976.
1976 zog Barbara Stamm zum ersten Mal in den Landtag ein. Außer ihr hat das nur eine weitere Würzburgerin geschafft, die Sozialdemokratin Gerda Laufer. Gut möglich, dass Stamm wie keine andere Würzburgerin ringen musste, um sich in ihrer Partei, der CSU, durchzusetzen. Sie schickte ein Grußwort in den Ratssaal: Ihr sei wichtig, dass die Politik die Gleichberechtigung der Frauen fördere und dass Frauen einander in der Politik fördern. Politik und Arbeitgeber müssten die Rahmenbedingungen so gestalten, dass Frauen "nicht nur auf dem Papier, sondern tatsächlich die gleichen Chancen haben wie Männer".
Im Stadtrat 39 Prozent Frauen
Die städtische Gleichstellungsbeauftragte Petra Müller-März hat die Ausstellung initiiert, die Historikerinnen Dorothee Klinksiek und Gisela Kaiser haben sie umgesetzt. Sie zeigen den allgemeinen Kampf um die Gleichberechtigung und stellen würzburgische Politikerinnen vor, von der ersten Wahlperiode (1919 bis 1924) bis in die Gegenwart, wo der Frauenanteil im bayerischen Landtag bei 27 Prozent liegt und im Stadtrat bei 39 Prozent. Da sei, meinte der OB, "noch Luft nach oben".