Die Aufgabe des Bierdeckels ist es, Bierschaum und Kondenswasser aufzusaugen. So verhinderte er, dass Tisch und Tischtuch durchnässt werden. Doch er kann noch viel mehr. Er fungiert als Rechenhilfe für den Wirt, als Überbrückungskredit für den Stammgast, als Wespenschutz für Limonadentrinker, als Werbefläche für Brauereien. Oder – aber nur wenn man CDU-Politiker ist und Friedrich Merz heißt – als Grundlage einer Steuerreform.
Kurzum: Der Bierdeckel ist Teil der Alltagsgeschichte. Damit sie für die Nachwelt erhalten bleiben, betreibt der Bezirk Unterfranken eine digitale Sammlung dafür. "Bierdeckel sind eher schmuddelige Objekte", sagt Bezirksheimatpfleger Professor Klaus Reder, aber auch alltägliche Gegenstände seien sammelwürdig.
Schon weit über 6300 Fotos von Bierdeckeln sind in der Datenbank verzeichnet. Ordentlich verschlagwortet mit dem Namen und dem Ort der Brauerei. Interessant sei die Sammlung vor allem für Sozial- und Wirtschaftshistoriker, sagt Reder. Wie hat sich die Einstellung gegenüber Alkohol in der Werbung verändert? Wie entwickelten sich rassistische und sexistische Motive? Solche Fragen lassen sich durch die Deckel beantworten. Auch Heimatforscher bedienen sich Reder zufolge der Datenbank, wenn sie Fragen zu ortsansässigen Brauereien haben oder auf der Suche nach Illustrationen sind.
Besonders interessant für den Bezirksheimatpfleger sind Untersetzer, die nicht nur als Werbefläche verwendet wurden, sondern auch eine weitere Funktion hatten, wie etwa der Martinsbräu-Deckel, welcher mit seiner schauerlichen Kürbisvisage Eintritt zur "Halloween Rock Party" in Bergrothenfels gewährte.
Sehen Sie selbst, wie vielfältig die Bierdeckel sein können:
Wie alles anfing? Vor rund 140 Jahren stanzte die Kartonagenfabrik und Druckerei Friedrich Horn in Buckau bei Magdeburg die ersten Bierglasuntersetzer aus Pappe und bedruckte sie mit verschiedenen Motiven. Als Erfinder des Bierdeckels gilt Robert Sputh aus Dresden. Im Jahr 1892 meldete er den Vorläufer, die sogenannte Holzfilzplatte, beim Patentamt an. Als Material verwendete er Papierbrei, der in runde Formen gefüllt und getrocknet wurde. Zehn Jahre später wurde die ersten Bierdeckel industriell hergestellt. Damals wie heute dient Fichtenholz als Rohstoff - bewährt durch seine Saugfähigkeit.
Zur Sammlung: Ein Großteil der mehr als 6500 bekannten Bierfilze ist online unter www.historisches-unterfranken.uni-wuerzburg.de/db/bierdeckel/ einsehbar. Wer einen der nicht im einheitlichen Schwarz hinterlegten oder einen dort noch nicht erfassten Bierdeckel aus Unterfranken besitzt, kann sich an Prof. Dr. Klaus Reder wenden. E-Mail: k.reder@bezirk-unterfranken.de