In der Karmelitenstraße, mitten in der Stadt, da sollen einmal Holzhäuser gestanden haben – eine Übergangsform zu Steinhäusern. Doch das Bewusstsein für diese einmalige Stadtgeschichte kommt sehr schnell, wenn man diese Baustelle sieht. Noch weniger kann man sich vorstellen, das hier bald ein modernes Stadthaus steht.
Seit Monaten wird in der Karmelitenstraße von professionellen Archäologen gegraben. Jede Schicht wird sorgfältig untersucht. Das Graben ist hier auch relativ einfach, weil man sich im Schwemmsand befindet, vor dem man über Jahrhunderte immer ein wenig geflüchtet ist.
Das gilt auch für das frühere Zisterzienserkloster am Bronnbacher Hof, auf dem jetzt ein neues Wohn- und Geschäftshaus entstehen soll. So viel Geschichte, die im Moment zu sehen ist, möchte eigentlich niemand begraben.
Jetzt geht es aber hauptsächlich nur noch um die Dokumentation, dann wird die über 1000 Jahre alte Geschichte plattgemacht. Für eine Tiefgarage wird man noch einige Meter tiefer gehen müssen. Kein Problem, denn die Geologen sagen, dass es hier auch vor Jahrtausenden nur lockere Gesteinsschichten gab.
Pfähle im Main-Sand
Bleibt die Stadtgeschichte bis zur Eisenzeit. Das ist die Übergangszeit vor dem Mittelalter. Auch das ist zeitlich fast unbegreiflich. An dieser Stelle ist zu sehen, wo vor über 1000 Jahren am Rande von Würzburg Menschen gewohnt haben, die ihre Pfähle aus Hölzern für ihre Wohnungen tief in den Main-Sand rammten Die Pfähle sind in den geologischen Strukturen nachzuweisen.
Beim Mauerwerk, das jetzt durch die sorgfältigen Grabarbeiten offengelegt wurde, zeigen sich viel deutlicher die historischen Strukturen. Im Lauf der Jahrhunderte passte sich laut Michael Hoppe vom Landesamt für Denkmalspflege alles an die Gegebenheiten an. Man müsse immer bedenken, dass sich das Bodenniveau ständig erhöht hat.
Ein einmalige Baustelle
Für die Stadt Würzburg ist laut Hoppe diese Baustelle absolut einmalig, weil in der Nachkriegszeit der Wert zumindest für ordentliche Dokumentationen vernachlässigt worden ist.
Den Stadtrat wird noch eine historische Klostermauer beschäftigen. Die vorromanischen Grubenhäuser werden aber wohl kaum das entscheidende Thema sein.
Was die Entscheidungen der Baufirma vor Ort sind, ist eine andere Sache. Da geht es nicht nur darum, ob Zisterzienser vor Ort waren oder warum es notwendig ist, hier überhaupt zu graben.
Für die Stadtgeschichte ist diese Baustelle jedenfalls ein Jahrtausendereignis, auch wenn hier vielleicht nur Jahrhunderte oder Jahrzehnte eine Rolle spielen.
An diesem Freitag, 24. September, um 14 und 16 Uhr können sich an der Stadtgeschichte Interessierte auf dieser Baustelle nicht nur sich ein Bild machen, sondern auch Grabungsleiter Martin Worthmann vor Ort sprechen.