Aktuell herrsche ein "Ringen um Auszubildende" im Handwerk, sagt Ludwig Paul, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer in Unterfranken. Kurz vor dem offiziellen Ausbildungsstart am 1. September gibt es immer noch unbesetzte Lehrstellen.
"In der IHK-Lehrstellenbörse sind für Mainfranken aktuell rund 400 offene Stellen gelistet - über alle Branchen hinweg", teilte Marcel Gränz, Kommunikationsreferent der Industrie- und Handelskammer Würzburg-Schweinfurt, mit. Dabei herrsche erfahrungsgemäß Bedarf in den MINT-Berufen. Hinter dieser Abkürzung stecken die Bereiche: Mathematik, Informatik, Natur- und Ingenieurwissenschaften und Technik.
Rückgang von Neuverträgen durch die Corona-Pandemie
Das Handwerk sei Ausbilder Nummer eins in Deutschland. "Trotzdem sind im unterfränkischen Handwerk noch etwa 1100 Lehrstellen für den Ausbildungsbeginn frei", weiß Magdalena Rössig von der Handwerkskammer Unterfranken.
Infolge der Corona-Pandemie erwarte sie auch einen Rückgang der Neuverträge im Vergleich zu den Vorjahren. "Durch Schulschließungen und sonstige Schutzmaßnahmen können seit Mitte März keine Berufsinformationsveranstaltungen stattfinden, was den Kontakt zu den Abschlussklassen erheblich erschwerte", sagt Rössig. Trotz alledem wird der Nachwuchs im Handwerk dringend gebraucht und mit 130 verschiedenen Ausbildungsberufen biete dieses eine große Vielfalt an Arbeitsbereichen.
Auch Ausbildungsbetriebe im Landkreis spüren die Entwicklung
Im Landkreis Würzburg herrsche vor allem ein Fachkräftemangel in technischen Berufen. "Im Würzburger Raum sind fast alle Unternehmen unter 50 Prozent des Vorjahresniveaus", sagt Detlef Lurz, Geschäftsführer des Veitshöchheimer Metallbauunternehmens Metalltec.
Für ihn habe dieses Problem allerdings nur nebensächlich mit Corona zu tun. "Normalerweise haben wir unsere Lehrlinge schon im Februar unter Dach und Fach." Die Abnahme der Ausbildungsverträge halte er für ein gesellschaftliches Problem. Teilweise interessieren sich Schulabgänger erst gar nicht für eine Ausbildung und gehen in ein soziales Jahr oder direkt ins Studium. "Für viele Berufe ist es allerdings auch sinnvoll eine Lehre zu absolvieren", so Lurz.
Bisher konnte er keine Auszubildenden einstellen, obwohl er zwei Stellen ausgeschrieben habe. Insgesamt seien nur drei Bewerbungen eingegangen - die Bewerber wären jedoch nicht für die Stellen geeignet gewesen.
Auszubildende sind auch in der Pandemie gefragt
Auch das Würzburger Bauunternehmen Höhn merke seit Jahren einen Rückgang der Bewerbungen. Einen möglichen Grund dafür sehe das Unternehmen im Imageproblem der Handwerksberufe. "Viele sehen nur die harte Arbeit – dass diese sehr gut bezahlt wird, wissen viele gar nicht", sagt Johanna Höhn, Assistentin der Geschäftsführung. Die Anzahl der verfügbaren Ausbildungsstellen passe das Unternehmen der Bewerberlage an. Für dieses Jahr sind auch hier noch Stellen zu besetzen.
Natürlich habe sich die Arbeit durch die Corona-Pandemie verändert, jedoch gäbe es durch den Eintritt der Lockerungen bei der Ausbildung keine gravierenden Einschränkungen. Ebenfalls die wirtschaftlichen Auswirkungen seien bisher nicht besorgniserregend. Das Unternehmen rechne damit, dass die Effekte auf die Baubranche erst in etwa drei Monaten ankommen.
Trotzdem seien neue Auszubildende aufgrund des Fachkräftemangels auch jetzt wichtig. "Wenn Mitarbeiter in Rente gehen, müssen diese ersetzt werden. Auszubildende können hier Lücken schließen und dafür sorgen, dass Fachwissen im Betrieb erhalten bleibt.", erklärt Höhn.
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Manche Betriebe hatten Glück bei der Suche
Manche Betriebe hatten bei der Suche aber auch Glück. Für den Ausbildungsbetrieb Elektro Schmitt war diese unkompliziert. "Es kamen viele Bewerbungen und wir hätten jede Menge geeignete Auszubildende haben können", sagt Mitarbeiterin Ingeborg Schmitt. Auch der Ablauf der Ausbildung werde sich im Vergleich zu den Vorjahren kaum ändern.
Der Würzburger Elektro-Fachbetrieb hat für dieses Jahr einen Auszubildenden zum Elektriker eingestellt. "Mehr hätten wir heuer nicht aufnehmen können. "Es ist auch für unseren Betrieb ein wirtschaftlich schwieriges Jahr", so Schmitt.
Nicht nur in technischen Berufen gibt es weniger Bewerbungen
Nicht nur in technischen Berufen wird noch nach Auszubildenden gesucht. Friseurmeister Kai Steeg aus Gerbrunn habe ebenfalls rückläufige Bewerberzahlen. Dies führe auch er nicht unbedingt auf die Corona-Pandemie zurück, da die Zahl seit Jahren abnehme. "Zum einen sehe ich den wachsenden Wunsch des Studierens bei Jugendlichen, zum anderen die vergleichsweise hohe Arbeitszeit und die geringeren Verdienstmöglichkeiten als Grund dafür", so Steeg. Er habe für dieses Jahr noch zwei freie Stellen zu besetzen.