Obst- und Gartenbauverein (OGV), Weinbauverein (WBV) und die Ortsgruppe des Bund Naturschutz (BN) in Theilheim sehen sich in einer existentiellen Abwärtsspirale. Sie sind deshalb mit einem Info-Abend in die Offensive gegangen.
Kommen zwei, sechs, zehn Interessierte? Gibt es überhaupt noch Interesse? Machen moderne Medien Vereinsarbeit überflüssig? Was sollen und können wir künftig leisten und wie organisieren wir uns? Große Aktionen und Feste wie das überregional bekannte Theilheimer Weinfest mit 60, 70 Helfern – längst sind sie zu Legenden von "früher" geworden. Es ist eine der Gemeinsamkeiten, dass das Vereinsleben an Überalterung krankt und schon ein Weilchen hinkt. 93 Prozent der Vereinsmitglieder seien "Ü 60". Selbst die Vorstandsgremien weisen Lücken auf. Da übertrafen die gut 30 Anwesenden die inzwischen bescheidenen Erwartungen so sehr, dass das allein den Vereinssprechern schon Zuversicht gab.
Die Resonanz belohnte ihre intensive Vorbereitung des Abends, der Orientierung für die Zukunft geben sollte. Und, dass man mit Ernst Röhner einen professionell arbeitenden Moderator engagiert hatte, der die vorab erarbeite Analyse der jeweiligen Situation mit den Interessen und Ideen aus der Versammlung zusammenführte, assistiert von Weinprinzessin Vanessa Nüßlein. Denn, so Röhner: "Ein ,Weiter so' bei den drei Vereinen führt ins Aus". Dass die drei gemeinsam einluden, fußte auf ihrer gemeinsamen thematischen Basis, nämlich dem Interesse an "Grün", an Natur, Landschaft, Garten und Genuss sowie einer Verbundenheit aus früheren gemeinsamen Projekten. Vorsitzender Johann Kraus (BN) sah hier die Hoffnung, "dass wir einen Modus finden, wie wir miteinander Leben gewinnen können". Interessant aus seiner Sicht: vereins- oder ortsübergreifende Zusammenarbeit. Tatsächlich scheinen die jeweiligen Mitgliederzahlen kein originäres Problem, bei 200 OGV-Mitgliedern und jeweils etwa 60 bei BN und WBV.
Es fehlt an Bereitschaft, sich zu engagieren
Die fehlende Bereitschaft, sich in Vorständen zu engagieren, bereitet dem OGV Schwierigkeiten, sagt Hubert Henig, der als Sprecher auftrat. Der OGV sei einer der ältesten Vereine, aber ohne den vereinsrechtlichen Status "e.V.", was für "eingetragener Verein" steht, lautete seine frisch recherchierte Erkenntnis. Damit werde erklärlich, dass er noch existiert, obwohl es laut Henig seit Jahren keinen kompletten Vorstand mehr gibt. Sein Wunsch wäre, dass zumindest die Obstbäume in der Flurlage Speierfeld weiter gepflegt würden. Schnittkurse und Geräteausleihe waren Handlungsfelder, die auch aus dem Publikum heraus begrüßt wurden. Von Fachvorträgen bis zur gemeinsamen Verwertung von Ernten reichten die zahlreichen Wünsche und Anregungen für Aktivitäten, wie sie in vitalen Vereinen angeboten werden.
Grundlegend waren aber andere Feststellungen: Die Jüngeren im Publikum – immerhin ein Drittel – hielten neue Medien, Dorf-App, QR-Codes, Social Media und Online-Angebote für essenziell, um sich zu vernetzen und den Aufbruch "etwas größer zu denken", wie Tobias Schwalbe für andere Betroffene mitzudenken empfahl. Theilheim fehle eine Plattform für Termine und Aktivitäten. Dem beklagten Personalmangel widersprach eine zugezogene Theilheimerin, deren Mitmachangebot einfach nicht genutzt wurde und Erfahrungen wie die des Partnerschaftsvereins, dass es sehr wohl erfreulich viel Resonanz gibt, wenn man um Mithilfe bittet. Das große Siedlungsgebiet mit vielen jungen Menschen galt dabei als tolles Potenzial, ebenso der Dorfpark, in dem bereits neue, kleinere Formate funktionieren. Maximilian Mödl hatte die Gleichzeitigkeit von lebendiger Innovation einerseits und einer "allgemeinen, nicht positiv tragenden Gefühlslage" andererseits festgestellt. Menschen direkt anzusprechen, eine von Rhöner demonstrierte Erfolgsstrategie, und eine von Bernd Endres genannte Helfer-Datenbank wurden als Arbeitsfelder festgehalten.
Das Vereinsziel ist abhandengekommen
"Das aktivste Mitglied ist zurzeit die Weinprinzessin", fasste Christian Deppisch, Vorsitzender des WBV, das Problem dort zusammen. Das Vereinsziel sei abhandengekommen: die Förderung des Weinbaus und seiner Qualität, die den 30 Winzern bei der Gründung wichtig gewesen war. Von den derzeit vier aktiven Winzern würden über kurz oder lang nur sie beide als Selbstvermarkter übrig bleiben, so die Einschätzung von Deppisch und Stellvertreter Johannes Lang. Er sieht einen neuen Fokus auf dem "Genuss" und zum anderen auf der Pflege der Weinlage Altenberg, die als Naherholungsgebiet stark frequentiert ist.
Lang und Deppisch hatte der als ergebnisoffen angesetzte Abend mit seinen Erkenntnissen und Anregungen begeistert. "Der Ball liegt jetzt bei uns", gaben sich beide zuversichtlich motiviert für die nächste Gesprächsrunde des Vereinstrios auf der Suche nach Zukunft. Der im Publikum anwesende Bürgermeister Thomas Herpich hatte bezüglich der Ziele in der Dorf- und Landschaftspflege beziehungsweise Plattformen für die Öffentlichkeitsarbeit signalisiert: "Wenn die Initiative da ist, kann die Gemeinde unterstützen."